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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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aussehen.«
    »Es wird noch viel verdächtiger aussehen, wenn er bereit ist, zu bleiben.«
    »Das ja, Mylord – aber so denkt er nicht. Er wird einfach keinen Ärger machen wollen. Ich behaupte, er wird noch ein bißchen bleiben. Ich hab sogar schon daran gedacht, wenn wir ihn wegen irgendeiner anderen Kleinigkeit aus dem Verkehr ziehen könnten … ich weiß nicht, aber der Kerl sieht so verdächtig aus, daß es mich nicht wundern würde, wenn wir irgendeinen Vorwand fänden, ihn festzuhalten.« Er zwinkerte Wimsey zu.
    »Sie werden ihm doch nichts anhängen wollen, Inspektor?«
    »Du lieber Himmel, nein, Mylord. So etwas geht doch nicht in diesem Land. Aber es gibt so viele kleine Möglichkeiten, gegen Gesetze zu verstoßen. Illegales Wetten zum Beispiel, oder Trunkenheit und Erregung öffentlichen Ärgernisses, oder Einkäufe nach Ladenschluß und so weiter – lauter Kleinigkeiten, die einem manchmal ganz gelegen kommen.«
    »Also wissen Sie«, sagte Wimsey, »jetzt habe ich zum erstenmal kapiert, was ein übergesetzlicher Notstand ist. Na, ich muß sehen, daß ich weiterkomme. Hallo, Weldon! Wußte gar nicht, daß Sie hier waren.«
    »Komische Geschichte, das alles.« Mr. Weldon machte eine wegwerfende Handbewegung. »Was die Leute alle für ein dummes Zeug daherreden! Man sollte doch meinen, der Fall ist klar wie Kloßbrühe, aber da sitzt meine Mutter und redet immer noch von Bolschewiken. Es braucht schon mehr als einen Richterspruch, damit sie endlich aufhört. Frauen! Mit denen kann man reden, bis man schwarz wird, und dann blöken sie immer noch denselben Quatsch daher. Man sollte gar nicht ernst nehmen, was sie sagen, wie?«
    »Nicht alle sind gleich.«
    »Sagt man so. Aber das hängt alles mit diesem Gleichberechtigungsquatsch zusammen. Nehmen Sie doch mal diese Miss Vane. Nettes Mädchen und so, sieht auch gut aus, wenn sie sich mal die Mühe macht und sich richtig anzieht –«
    »Was ist mit Miss Vane?« fragte Wimsey scharf. Dann dachte er: »Verliebter Trottel! Du verlierst deine leichte Hand.« Weldon grinste nur.
    »Nichts für ungut«, meinte er. »Ich wollte nur sagen – sehen Sie sich mal ihre Aussage an. Woher soll eine Frau wie sie über Blut und das alles Bescheid wissen – verstehen Sie? Blut sehen diese Frauen immerzu nur überall herumfließen. Das kommt vom Bücherlesen. ›Sie wateten im Blute‹ und solcher Quatsch. Hat gar keinen Zweck, ihnen das auszureden. Die sehen nur, was sie sehen zu müssen glauben. Verstehen Sie?«
    »Sie scheinen weibliche Psychologie studiert zu haben«, sagte Wimsey mit ernster Miene.
    »Ich kenne die Frauen ganz gut«, antwortete Weldon im Brustton der Überzeugung.
    »Sie meinen«, fuhr Wimsey fort, »Frauen denken eben in Klischees.«
    »Wie?«
    »In auswendig gelernten Formeln. ›Nichts geht über den mütterlichen Instinkt‹ – ›Hunde und Kinder wissen es immer besser‹ – ›Ein gutes Herz zählt mehr als Königskronen‹ – ›Leiden veredelt den Charakter‹ – und solche Sachen, allen gegenteiligen Beweisen zum Trotz.«
    »J-a-a«, antwortete Mr. Weldon. »Sehen Sie, ich meine, die bilden sich ein, etwas muß so oder so sein, und schon sagen sie, es ist so.«
    »Ja, ich habe schon begriffen, was Sie meinen.« Wimsey dachte bei sich: Wenn es einen Menschen gibt, der in Klischees denkt und sie auch noch wiederholt, ohne darum ihre Bedeutung klarer zu erkennen, dann ist es Weldon. Aber dieser gab die Zauberworte mit regelrechtem Entdeckerstolz von sich.
    »Wenn ich Sie richtig verstehe«, fuhr Wimsey fort, »wollen Sie sagen, daß wir auf Miss Vanes Aussage eigentlich gar nicht bauen können, nicht? Sie sagen: Sie hört einen Schrei; sie findet einen Mann mit durchschnittener Kehle und ein Rasiermesser neben ihm; es sieht aus, als ob er in diesem Moment Selbstmord begangen hätte, also sieht sie es als gegeben an, daß er in diesem Moment Selbstmord begangen hat. In diesem Falle müßte das Blut noch fließen. Deshalb redet sie sich ein, daß es noch geflossen ist. Richtig?«
    »So ist es«, sagte Mr. Weldon.
    »Folglich entscheiden die Geschworenen auf Selbstmord. Aber Sie und ich, wir kennen die Frauen genau und wissen, daß die Sache mit dem Blut wahrscheinlich gar nicht stimmt und es infolgedessen auch Mord gewesen sein kann. Meinen Sie das ?«
    »O nein – das meine ich nicht!« protestierte Weldon. »Ich bin absolut überzeugt, daß es Selbstmord war.«
    »Wozu nörgeln Sie dann? Es liegt doch alles so klar auf der Hand. Wenn der

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