Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
nicht nur Wimsey antraf, sondern auch Inspektor Umpelty, die beide mit Harriet in dem Wohnschlafzimmer saßen, das einmal Paul Alexis beherbergt hatte, und alle drei waren offenbar mit Kreuzworträtsellösen beschäftigt. Im ganzen Zimmer lagen Bücher herum, und Harriet, das Chambers Wörterbuch in der Hand, las ihren Gefährten Wörter daraus vor.
    »Hallo, Chef!« rief Wimsey. »Kommen Sie rein! Unsere Gastgeberin wird sich gewiß freuen, Sie zu sehen. Wir machen große Entdeckungen.«
    »Wirklich, Mylord? Nun, wir haben auch was entdeckt – das heißt, dieser junge Bursche, dieser Ormond, hat gewissermaßen ein bißchen herumgebuddelt.«
    Er stürzte sich gleich ins Erzählen. Er war froh, die Theorie an jemand anderem erproben zu können. Umpelty stöhnte. Wimsey nahm eine Landkarte und ein Blatt Papier zur Hand und begann Entfernungen und Zeiten zu berechnen. Sie sprachen darüber. Sie diskutierten über die Schnelligkeit des Pferdes. Wimsey neigte zu der Ansicht, daß er sie unterschätzt haben könnte. Er würde sich das Tier einmal ausleihen – eine Probe aufs Exempel machen – Harriet sagte nichts.
    »Und was meinen Sie? « fragte Wimsey sie plötzlich.
    »Ich glaube kein Wort davon«, sagte Harriet.
    Glaisher lachte.
    »Miss Vanes Intuition, wie man das nennt, ist dagegen«, sagte er.
    »Das hat mit Intuition nichts zu tun«, versetzte Harriet. »So was gibt es gar nicht. Es ist nur gesunder Menschenverstand. Oder Künstlerverstand, wenn Sie wollen. Alle diese Theorien – sie sind verkehrt. Sie sind zu künstlich – an den Haaren herbeigezogen.«
    Glaisher lachte wieder.
    »Das ist mir zu hoch, muß ich sagen.«
    »Männer«, sagte sie. »Sie haben sich derart in diese Zahlen und Zeitpläne vertieft, daß Sie schon gar nicht mehr sehen, worum es eigentlich geht. Aber das ist doch alles so mühsam zusammengestückelt, daß es in allen Fugen knirscht. Es ist wie – wie eine schlecht konstruierte Romanhandlung, die man um eine von vornherein verkehrte Idee herumbaut. Sie haben sich daran festgebissen, daß Sie Weldon und das Pferd und Perkins irgendwie zusammen darin unterbringen müssen, und wenn Sie auf eine Ungereimtheit stoßen, sagen Sie: ›Na ja – das kriegen wir schon noch hin. Lassen wir ihn mal dieses tun. Lassen wir ihn jenes machen.‹ Aber Sie können die Leute nicht einfach etwas machen lassen, wie es Ihnen paßt – im wirklichen Leben nicht. Warum müssen Sie unbedingt die vielen Leute da mit hineinbringen?«
    »Sie werden nicht leugnen, daß da doch einiges der Erklärung bedarf«, meinte Umpelty.
    »Natürlich bedarf da einiges der Klärung, aber Ihre Erklärungen sind alle noch unglaublicher als das eigentliche Problem. Es ist einfach nicht möglich, daß einer auf solche Weise einen Mord plant. Sie halten diese Leute auf der einen Seite für viel zu raffiniert und auf der anderen Seite für viel zu dumm. Die Lösung, wie sie auch immer aussieht, muß einfacher sein – großzügiger – nicht so beengt. Verstehen Sie nicht, was ich meine? Sie konstruieren hier nur einen Fall und sonst nichts.«
    »Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Wimsey.
    »Ich gebe ja zu, daß es etwas kompliziert ist«, räumte Glaisher ein, »aber wenn wir hier keine Anklage gegen Weldon und Bright und Perkins konstruieren, oder gegen zwei von ihnen, oder wenigstens gegen einen – gegen wen sollen wir denn dann ermitteln? Gegen die Bolschewiken? Bitte, aber Perkins ist sowieso ein Bolschewik und ein Kommunist, und wenn er drinhängt, muß Weldon auch mit drinhängen, schon wegen des gegenseitigen Alibis.«
    »Ja, ich weiß; aber so ist eben Ihr ganzer Fall aufgebaut. Zuerst wollen Sie Weldon schuldig sehen, weil er das Geld seiner Mutter bekommen wird, also sagen Sie, daß Perkins sein Komplize sein muß, weil er ihm ein Alibi gibt. Jetzt wollen Sie Perkins schuldig sehen, weil er Kommunist ist, also sagen Sie, daß Weldon sein Komplize sein muß, weil er Perkins ein Alibi gibt. Aber es ist einfach nicht möglich, daß beide Theorien stimmen. Und wie sollen Weldon und Perkins sich überhaupt kennengelernt haben?«
    »Wir sind mit unseren Ermittlungen noch nicht fertig.«
    »Nein, aber es kommt einem doch unwahrscheinlich vor, oder? Ein Volksschullehrer aus der Tottenham Court Road und ein Bauer aus Huntingdonshire. In welchem Rahmen? Durch welche Gemeinsamkeit? Und was Bright angeht, da haben Sie nichts, aber auch gar nichts, was ihn mit einem von beiden in Verbindung brächte. Und wenn seine Geschichte

Weitere Kostenlose Bücher