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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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wir gefunden haben«, fuhr Lord Peter fort, »ist das Chambers -Wörterbuch und das haben wir nicht heute abend gefunden, weil Miss Vane schon früher darauf gestoßen ist, als sie ihre Zeit mit Kreuzworträtseln verschwendete, statt weiter an ihrem Buch zu schreiben. Wir haben darin eine ganze Menge mit Bleistift angestrichener Wörter gefunden. Als Sie vorhin kamen, waren wir gerade dabei, sie zu sichten und zu ordnen. Vielleicht möchten Sie sich ein paar davon anhören? Bitte sehr. Ich lese wahllos einige vor: Diplomat, Kurtisane, Herzogin, Uniform, Mondlicht, Abendrot, Apostel, Cherubim, Cabriolet, Viadukt, Lauscher, Traumbild. Es sind noch viel mehr da. Sagen Ihnen diese Wörter was? Ein paar klingen richtig klerikal, andere wiederum nicht, zum Beispiel Kurtisane. In letztere Gruppe würden noch Tambourin, Boxkampf und Modenschau gehören.«
    Glaisher lachte.
    »Hört sich für mich an, als ob der junge Mann ebenfalls ein Freund von Kreuzworträtseln gewesen wäre. Das sind schöne lange Wörter.«
    »Aber noch nicht die längsten. Es gibt viel längere, zum Beispiel Hyperurbanismus oder Komplementärwinkelfunktion, aber von den richtigen Bandwürmern hat er keinen angestrichen. Das längste, das wir gefunden haben, ist Modenschau mit zehn Buchstaben. Alle Wörter haben trotzdem zwei Besonderheiten gemeinsam, soweit wir bisher feststellen konnten – und die sind sehr aufschlußreich.«
    »Welche Mylord?«
    »Keines von ihnen enthält einen Buchstaben doppelt, und keines ist kürzer als sieben Buchstaben.«
    Polizeidirektor Glaisher riß plötzlich den Arm hoch wie ein Kind in der Schule.
    »Die chiffrierten Briefe!« rief er.
    »Sie sagen es, die chiffrierten Briefe. Uns kommt es so vor, als ob das die Schlüsselwörter zum Chiffriercode wären, und aus dem Umstand, daß in keinem Wort ein Buchstabe doppelt vorkommt, kann man vermutlich Schlüsse auf die Art des Geheimcodes ziehen. Das Ärgerliche ist, daß wir schon etliche hundert markierte Wörter gefunden haben und noch immer nicht durchs ganze Alphabet sind. Was mich zu einer niederschmetternden Vermutung verleitet.«
    »Und die wäre?«
    »Daß sie bei jedem Brief das Schlüsselwort geändert haben. Was ich mir vorstelle, ist das: Ich glaube, daß jeder Brief das Schlüsselwort für den nächsten enthielt und diese markierten Wörter einen Vorrat bilden, den Alexis sich angelegt hat, um immer eins zur Hand zu haben, wenn er mit Schreiben dran war.«
    »Könnten es nicht die bereits benutzten Schlüsselwörter sein?«
    »Kaum. Ich glaube nicht, daß er seit März, als die ersten Briefe hin und her gingen, schon über zweihundert chiffrierte Briefe losgeschickt hat. Selbst wenn er täglich einen geschrieben hätte, wäre er nicht auf diese Zahl gekommen.«
    »Das wohl nicht, Mylord. Aber wenn der Brief, den wir bei ihm gefunden haben, einer von den chiffrierten Briefen war, muß das Schlüsselwort dazu eines von den hier markierten Wörtern sein. Das engt die Auswahl etwas ein.«
    »Ich glaube nicht. Ich glaube, das hier sind die Schlüsselwörter für die Briefe, die Alexis geschrieben hat. In jedem Brief müßte er dann sein Schlüsselwort für seinen nächsten Brief angekündigt haben. Sein Briefpartner muß aber dann dasselbe getan haben, und daher gehört das Schlüsselwort für den Brief, den Alexis bei sich hatte, wahrscheinlich nicht zu den hier markierten. Es sei denn, es war einer von Alexis’ eigenen Briefen, was aber nicht sehr wahrscheinlich ist.«
    »Nicht einmal das können wir sagen, Mylord«, stöhnte Glaisher. »Denn der Korrespondent könnte ja zufällig eins der Wörter gewählt haben, die Alexis sich schon vorgemerkt hatte. Es kann also alles sein.«
    »Stimmt vollkommen. Dann ist bisher das einzige, was wir hierdurch gewinnen, die Erkenntnis, daß es sich um Wörter unserer Sprache handelt und die Briefe wahrscheinlich nicht in einer Fremdsprache geschrieben wurden. Das geht daraus allerdings nicht unbedingt hervor, denn sie könnten in jeder Sprache geschrieben sein, die unser Alphabet benutzt; aber Russisch kann es wenigstens nicht sein, denn die haben ein völlig anderes Alphabet als wir. Und das ist schon ein Glück.«
    »Wenn es etwas mit Bolschewiken zu tun haben sollte«, sagte Glaisher bedächtig, »wäre es aber ein bißchen verwunderlich, daß sie nicht auf Russisch geschrieben haben. Damit wäre die Sache doch doppelt gesichert gewesen. Russisch ist an sich schon schlimm genug, aber Russisch auch noch chiffriert, das wäre

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