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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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UNMÖGLICH
    Um dieselbe Zeit drehte sich auch bei Konstabler Ormond alles im Kopf. Er hatte sich plötzlich auf den einzigen Menschen in Darley besonnen, der Mr. Perkins möglicherweise gesehen hatte. Es war der alte Vater Gander, der Tag für Tag, bei Regen und Sonnenschein, auf der Bank unter dem kleinen Schutzdach saß, das sie um die Dorfeiche in der Mitte des Angers gebaut hatten. Er hatte tags zuvor einfach nicht an Vater Gander gedacht, nur weil dieser – ein höchst ungewöhnlicher Zufall – gerade einmal nicht auf seinem gewohnten Platz gesessen hatte, als Ormond seine Runde machte. Da war Mr. Gander nämlich, wie sich herausstellte, in Wilvercombe gewesen und hatte die Hochzeit seines jüngsten Enkels mit einem Mädchen aus dieser Stadt gefeiert, aber jetzt war er wieder da und ließ sich gern ausfragen. Der alte Herr war in bester Stimmung. Er wurde kommenden November fünfundachtzig, war kerngesund und brüstete sich damit, daß er nur ein bißchen schwerhörig sei, seine Augen aber Gott sei Dank noch so gut waren wie eh und je.
    Aber ja, an den Donnerstag, den achtzehnten, erinnerte er sich gut. Das war doch der Tag, an dem sie den armen jungen Mann tot am SatansBügeleisen gefunden hatten. Ein schöner Tag war das gewesen, nur abends ein bißchen windig. Mr. Gander sah jeden Fremden, der durchs Dorf kam. Er erinnerte sich, daß um zehn Uhr ein großer offener Wagen vorbeigekommen war. Es war ein roter Wagen, und er wußte sogar die Nummer, weil sein Urenkel, der kleine Johnnie – ah, ja, das war ein helles Bürschchen! – gemerkt hatte, was für eine komische Nummer das war. OI 0101 – was man wie Oioioi aussprechen konnte. Mr. Gander konnte sich noch an die Zeit erinnern, als solche Dinger noch nicht herumfuhren und es den Leuten deswegen auch nicht schlechter ging, soweit er feststellen konnte. Aber Mr. Gander war nicht etwa gegen den Fortschritt. Er hatte als junger Mann immer die Radikalen gewählt, aber diese Sozialisten heutzutage gingen doch zu weit, fand er. Mit anderer Leute Geld zu freigebig, das waren sie. Es war Mr. Lloyd George, von dem er seine Altersrente bekam, und das war nur recht so, denn er hatte schließlich sein Leben lang fleißig gearbeitet, aber daß Achtzehnjährige heutzutage schon Sozialunterstützung bekamen, davon hielt er nichts. Als Mr. Gander achtzehn gewesen war, hatte er jeden Tag von vier Uhr morgens bis Sonnenuntergang und länger auf dem Feld gearbeitet, für fünf Shilling die Woche, und soviel er sah, hatte ihm das nicht geschadet. Mit neunzehn geheiratet, und zehn Kinder, von denen sieben noch lebten und kerngesund waren. Wie? O ja, der Wagen war um ein Uhr wiedergekommen. Mr. Gander war gerade aus den Drei Federn gekommen, wo er nach dem Mittagessen ein Bierchen getrunken hatte, und da hatte er den Wagen anhalten und den Herrn, der am Hinks’s Lane zeltete, aussteigen sehen. Eine Dame hatte in dem Wagen gesessen, sehr schön herausgeputzt, aber in Mr. Ganders Augen ein als Lamm verkleideter Hammel. Zu seiner Zeit hatten die Frauen sich nicht ihres Alters geschämt. Nicht daß er was dagegen hatte, wenn eine Frau das Beste aus sich machte, denn er war sehr für Fortschritt, aber er fand, sie gingen heutzutage ein bißchen zu weit. Mr. Martin, so hieß der Herr, hatte guten Tag zu ihm gesagt und war in die Drei Federn gegangen, und der Wagen war auf der Straße nach Heathbury weitergefahren. O ja, er hatte Mr. Martin wieder herauskommen sehen. Um halb zwei, nach der Kirchenuhr. Der Vikar hatte sie vor zwei Jahren aus eigener Tasche richten lassen, und wenn man jetzt das Radio einschaltete, konnte man den Big Ben und die Kirchenuhr wunderschön gleichzeitig schlagen hören. In Mr. Ganders Jugend hatte es noch kein Radio gegeben, aber er fand, das war eine großartige Sache und ein schöner Fortschritt. Von seinem Enkel Willy, der mit einer Frau aus Taunton verheiratet war, hatte er einen schönen Apparat geschenkt bekommen. Der war so laut, daß er ihn prima hören konnte, obwohl er doch jetzt ein bißchen schwerhörig wurde. Er hatte erzählen hören, jetzt würden sie bald ein Radio bauen, in dem sie einem auch Bilder zeigen könnten, und er hoffte nur, der Herr möge ihn noch lange genug leben lassen, um das zu sehen. Er hatte nichts gegen das Radio, auch wenn manche Leute fanden, es gehe ein bißchen zu weit, wenn man sonntags den Gottesdienst einschalten könne wie den Gasherd. Natürlich war das schon etwas Gutes für Leute, die krank waren, aber er

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