Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
dagegen sind ziemlich viele Leute eingestiegen, so daß wir nicht wissen, was aus Alexis weiter geworden ist; aber wenn wir davon ausgehen, daß er in einem mäßigen Tempo von drei Meilen pro Stunde gegangen ist, kann er nicht später als, sagen wir, 11.45 Uhr am Bügeleisen angekommen sein.«
    »Einen Moment. Was ist mit den Gezeiten? Wann war am Donnerstag Niedrigwasser?«
    »Um 13.15 Uhr. Da habe ich mich genau erkundigt. Um 11.45 Uhr stand das Wasser am Fuß des Bügeleisens noch etwa anderthalb Meter hoch, aber der Felsen ist drei Meter hoch und steigt von der Landseite allmählich an. Um 11.45 Uhr oder ganz kurz danach könnte unser Freund trockenen Fußes den Felsen erreicht und sich daraufgesetzt haben.«
    »Gut. Wir wissen ja, daß er trockenen Fußes hingekommen ist, das paßt also gut in den Zeitplan. Weiter?«
    »Tja, was weiter? Ob er sich nun selbst die Kehle durchgeschnitten oder jemand anders ihm das abgenommen hat, die Frage bleibt: Wann ist er gestorben? Es ist jammerschade, daß uns die Leiche abhanden gekommen ist. Selbst wenn sie jetzt noch auftaucht, kann sie uns nichts mehr verraten. Als Sie die Leiche sahen, war sie noch nicht steif, sagen Sie, und Sie konnten auch nicht feststellen, ob sie kalt war.«
    »Wenn es damals zufällig einen Eisblock auf diesem Felsen gegeben hätte«, meinte Harriet, »hätte man Eier damit kochen können.«
    »Ärgerlich, ärgerlich. Moment. Das Blut. Wie stand es damit? Konnten Sie feststellen, ob es dicke rote Klumpen waren, oder war es eine Art Gallerte aus wässrigem Serum, in dem die roten Bestandteile nach unten gesunken waren?«
    Harriet schüttelte den Kopf.
    »Weder das eine noch das andere. Es war flüssig.«
    »Es war was? «
    »Flüssig. Nachdem ich mit der Hand hineingefaßt hatte, war sie ganz naß.«
    »Großer Gott! Eine Sekunde. Wo war das Blut? Überall in der Gegend verspritzt, nehme ich an?«
    »Nicht direkt. Unmittelbar unter der Leiche war eine dicke Pfütze – gerade, als wenn er sich gebückt und sich über einem Waschbecken die Kehle durchgeschnitten hätte. Es hatte sich in einer Art Mulde im Stein gesammelt.«
    »Aha, verstehe. Ich nehme an, die Mulde war voll Meerwasser, das von der Flut zurückgeblieben war, und was da wie Blut aussah, war ein Gemisch aus Meerwasser und Blut. Ich glaube allmählich –«
    »Aber hören Sie doch! Es war überall ganz flüssig. Es lief ihm aus dem Hals. Und wie ich seinen Kopf hob und den Körper verdrehte, lief es noch stärker. Entsetzlich!«
    »Aber mein liebes Kind –«
    »Ja doch, hören Sie weiter zu! Als ich ihm einen Handschuh ausziehen wollte, war der nicht steif – er war weich und naß. Die Hand hatte direkt unter dem Hals gelegen.«
    »Du meine Güte! Aber –«
    »Das war die linke Hand. Die rechte Hand hing über der Felskante, und an die kam ich nicht heran, ohne über ihn zu steigen, wozu ich irgendwie keine Lust hatte. Sonst hätte ich mir die auch angesehen. Ich hatte mich nämlich auch schon über die Handschuhe gewundert.«
    »Ja, ich weiß. Aber wir wissen ja nun, daß seinen Händen nichts fehlte. Das ist jetzt auch egal. Aber das Blut – ist Ihnen klar, daß er gerade erst ein paar Minuten tot gewesen sein kann, wenn das Blut noch flüssig war?«
    »Oh!« Harriet war vor Verblüffung sprachlos. »Wie dumm von mir! Das hätte ich aber wissen müssen. Und ich habe mir eingebildet, so wunderschön zu kombinieren! Könnte er nicht seit einiger Zeit langsam verblutet sein?«
    »Wenn der Hals bis zu den Nackenwirbeln durchgeschnitten war? Nun machen Sie aber einen Punkt. Sehen Sie – Blut gerinnt sehr schnell. Natürlich gerinnt es schneller auf einer kalten Oberfläche. Normalerweise gerinnt es fast sofort, wenn es mit Luft in Berührung kommt. Ich würde sagen, es könnte auf einer heißen Oberfläche wie dem Felsen, den Sie so bildhaft beschrieben haben, etwas länger brauchen. Aber nicht länger als ein paar Minuten – zehn wäre die äußerste Grenze.«
    »Zehn Minuten. Aber – Peter!«
    »Ja?«
    »Dieses Geräusch, das mich geweckt hat! Ich dachte, das war eine Möwe. Deren Schreie klingen so menschlich. Aber wenn nun –«
    »Es muß wohl so gewesen sein. Wann war das?«
    »Um zwei. Ich habe auf die Uhr gesehen. Und ich kann mir nicht vorstellen, daß ich länger als zehn Minuten bis zu dem Felsen gebraucht habe. Aber – Moment mal!«
    »Ja?«
    »Was ist mit Ihrer Mordtheorie? Die ist damit hinfällig. Wenn Alexis um zwei ermordet worden wäre und ich zehn Minuten später

Weitere Kostenlose Bücher