Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
bekommt immer die Wut auf Joey, wenn er anfängt, ihn nachzuäffen. Halt jetzt den Schnabel, Joey, sei lieb.«
Wimsey streckte die Hand nach dem Kryptogramm aus, und sie gab es ihm zurück – zögernd, fand er, als ob sie mit den Gedanken woanders wäre.
»Nun, ich sollte Sie nicht länger aufhalten, Mrs. Thoday. Ich wollte nur diesen kleinen Punkt wegen Mr. Cranton klären. Ich nehme an, Sie haben am Ende doch recht, und er ist nur hergekommen, um auf eigene Faust herumzuschnüffeln. Na ja, Sie werden wahrscheinlich nicht mehr von ihm belästigt werden. Er ist krank, und ins Gefängnis zurück muß er sowieso, um seine restliche Zeit abzusitzen. Entschuldigen Sie, daß ich hier so einfach hereingeplatzt bin und Sie mit Dingen behelligt habe, die man am besten vergißt.«
Doch auf dem ganzen Weg zum Pfarrhaus verfolgten ihn Mary Thodays Augen und das heisere Krächzen des Papageis:
»Die Glocken! Die Glocken! Muß in die Kirche! Sag Mary nichts!«
Polizeidirektor Blundell schnalzte darob etliche Male mit der Zunge.
»Ein Jammer, das mit der Flasche«, sagte er. »Ich glaube zwar auch nicht, daß sie uns irgendwas gesagt hätte, aber man weiß nie. Emily Holliday? So so. Natürlich, sie ist eine Kusine von Mary Thoday. Hatte ich ganz vergessen. Mit dieser Frau weiß ich nichts anzufangen – Mary, meine ich. Ich werde einfach nicht schlau aus ihr, und aus ihrem Mann ebensowenig. Wir stehen mit diesen Leuten in Hull in Verbindung; sie wollen dafür sorgen, daß James Thoday so bald wie möglich nach England zurückgebracht wird. Wir haben ihnen gesagt, er wird wahrscheinlich als Zeuge benötigt. Ist am besten so – er kann sich dieser Vorladung nicht widersetzen; oder wenn er es tut, wissen wir, daß etwas faul ist, und können uns an seine Fersen heften. Das ist eine merkwürdige Geschichte von Anfang bis Ende. Was halten Sie davon, wenn wir diese Chiffre mal dem Direktor von Maidstone schicken? Wenn dieser Legros oder Taylor, oder wer auch immer sonst je dort eingesessen hat, kann er vielleicht seine Handschrift identifizieren.«
»Wäre möglich«, sagte Wimsey nachdenklich. »Doch, das tun wir. Und ich hoffe, wir hören bald wieder von Monsieur Rozier. Die Franzosen kennen unsere Hemmungen beim Umgang mit Zeugen nicht.«
»Beneidenswert, Mylord«, antwortete Mr. Blundell mit Inbrunst.
Zehnter Teil
Lord Peter geht fehl
Und er that die Cherubim inwendig ins Haus. Und die Cherubim breiteten ihre Flügel aus.
1. KÖNIGE 6.27
Und darauf köstliche Steine.
1. KÖNIGE 7.11
»Ich will doch hoffen«, sagte der Pfarrer am darauffolgenden Sonntagmorgen, »daß bei den Thodays alles in Ordnung ist. Weder Will noch Mary waren im Frühgottesdienst. Ich kann mich nicht erinnern, daß die beiden je gefehlt haben, außer als er krank war.«
»Sie sind auch sonst immer da«, sagte Mrs. Venables.
»Vielleicht hat Will sich wieder erkältet. Dieser Wind ist sehr tückisch. Nehmen Sie doch noch ein Würstchen, Lord Peter. Wie kommen Sie eigentlich mit dem Kryptogramm weiter?«
»Nur nicht dran rühren. Ich sitze hoffnungslos fest.«
»Lassen Sie nicht gleich den Kopf hängen«, tröstete Mr. Venables. »Auch wenn Sie dann und wann mal eine Runde aussetzen müssen, Sie finden bald wieder hinein ins Jagen.«
»Es würde mich ja auch nicht weiter stören«, sagte Wimsey. »Aber so völlig in der Luft zu hängen, das geht mir auf die Nerven.«
»Hinter jedem Rätsel steckt etwas«, versuchte der Pfarrer ein Scherzchen anzubringen, »nämlich eine Lösung.«
»Ach ja«, seufzte Mrs. Venables, um düster fortzufahren:
»Ich sage immer, ein Rad greift ins andere.«
»Und wo ein Rad ist, da ist auch meist ein Strick«, ergänzte Seine Lordschaft.
»Leider, leider«, sagte der Pfarrer, und es trat eine schwermütige Pause ein.
Die Sorge um die Thodays legte sich, als beide gemeinsam zum Hauptgottesdienst erschienen, aber Wimsey fand, er habe noch nie zwei Menschen gesehen, die so krank und unglücklich aussahen. So sehr waren seine Gedanken mit ihnen beschäftigt, daß er ganz vergaß, was um ihn vorging. Er setzte sich beim Venite hin, verblätterte die Psalmen, ließ am Ende des zweiten Vaterunser ein lautes »Denn Dein ist das Reich« solo ertönen und riß sich erst wieder zusammen, als Mr. Venables vom Altar kam, um zu predigen. Wie gewöhnlich hatte Mr. Gotobed den Altarraum nicht ordentlich ausgefegt, und ein häßliches Knirschen begleitete den Weg des Pfarrers zur Kanzel. Nach der Anrufung Gottes und der
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