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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Sie möchten ihn bitte alle entschuldigen, und er will das Frühstück im Studierzimmer einnehmen. Ach ja, Madam, entschuldigen Sie, aber die arme Lady Thorpe ist gestorben, und wenn Mr. Lavender fertig ist, soll er gleich in die Kirche gehen und die Totenglocke läuten.«
    »Gestorben!« rief Mrs. Venables. »Nein, wie entsetzlich!«
    »Ja, Madam, und Mr. Johnson sagt, es ist ganz plötzlich gewesen. Wie der Herr Pfarrer kaum aus dem Zimmer ist, da war's schon vorbei, Madam, und jetzt wissen sie nicht, wie sie es Sir Henry beibringen sollen.«
    Mr. Lavender schob seinen Stuhl zurück und erhob sich auf altersschwachen Beinen.
    »Mitten im Leben«, sagte er feierlich, »sind wir vom Tod umfangen. Leider nur zu wahr, zu wahr. Wenn Sie mich freundlichst entschuldigen wollen, Madam, werd ich jetzt gehen, und besten Dank auch. Guten Morgen alle miteinander. Einen feinen Zyklus haben wir geläutet, trotz alledem, und jetzt will ich mal wieder hin und die alte Tailor Paul in Bewegung setzen.«
    Er schlurfte entschlossen hinaus, und fünf Minuten später hörten sie die tiefe, melancholische Stimme der Glocke. Zuerst sechs langsame Schläge für das Hinscheiden einer Frau, dann die rasch aufeinanderfolgenden Schläge, die das Alter der Verstorbenen angaben. Wimsey zählte bis siebenunddreißig. Dann brachen sie ab, und es folgte das Totengeläute, die Einzelschläge in halbminütigen Abständen. Im Eßzimmer des Pfar rers herrschte Stille, unterbrochen nur von den schüchternen Kaugeräuschen der Esser, die so unauffällig wie möglich ihr Frühstück zu beenden trachteten.
    Anschließend ging man still auseinander. Mr. Wilderspin nahm Wimsey beiseite und erklärte ihm, daß er zu Mr. Ashton nach zwei Ackergäulen und einem kräftigen Seil geschickt habe und den Wagen jetzt sehr bald aus dem Graben zu bekommen hoffe. Dann wolle er sehen, was an Reparaturarbeiten nötig sei. Wenn Seine Lordschaft in einer Stunde oder so mal bei der Schmiede vorbeikommen wolle, könnten sie die Einzelheiten miteinander besprechen. Sein (Mr. Wilderspins) Sohn George verstehe eine Menge von Motorfahrzeugen, denn er habe große Erfahrung mit Traktoren und dergleichen, von seinem eigenen Motorrad ganz zu schweigen. Mrs. Venables zog sich ins Studierzimmer zurück, um dafür zu sorgen, daß es ihrem Gatten an nichts fehlte, und ihm nach Kräften Trost zu spenden ob des Unglücks, das über die Gemeinde gekommen war. Wimsey, der wußte, daß seine Anwesenheit an der Froschbrücke kaum hilfreich, eher aber der Bergungsmannschaft hinderlich sein würde, bat seine Gastgeberin, sich seinetwegen keine Umstände zu machen, und spazierte hinaus in den Garten. Hinterm Haus fand er Joe Hinkins, der des Pfarrers betagtes Auto polierte. Joe nahm eine Zigarette an, gab ein paar Bemerkungen zu dem gelungenen Zyklus zum besten und ließ sich bereitwillig in ein Gespräch über die Familie Thorpe ziehen.
    »Die wohnen in dem roten Ziegelhaus auf der andern Seite vom Dorf. 'Ne reiche Familie war das mal. Ihr Land sollen sie ja gekriegt haben, damals unter dem Earl von Bedford, indem sie Geld in die Entwässerung des Fenmoors gesteckt haben. Aber das wissen Sie bestimmt schon alles, Mylord. Na ja, jedenfalls sind sie hier eine alteingesessene Familie. Sir Charles, das war ein feiner Herr, und großzügig; hat seinerzeit viel Gutes getan, und dabei kann man nicht mal sagen, daß er ein rei cher Mann gewesen wäre, o nein. Es heißt, sein Vater hat eine Menge Geld in London verloren, aber wie, das weiß ich nicht. Jedenfalls hat er sein Land gut bewirtschaftet, und es war schon ein schwerer Schlag für unser Dorf, als er nach diesem Einbruch gestorben ist.«
    »Was war das für ein Einbruch?«
    »Na eben, das war doch die Sache mit dem Halsband, wovon die gnädige Frau gesprochen hat. Das war, als der junge Mr. Henry, was der jetzige Sir Henry ist, geheiratet hat. Das war in dem Jahr, als der Krieg anfing, jawohl – April 1914 –, daran erinnere ich mich gut. Ich war noch'n junger Bursche damals, und ihr Hochzeitsgeläute war mein erster langer Zyklus. Fünftausendvierzig Wechsel Grandsire Triples – Zehnteiler nach Holt –, die Gedenktafel können Sie drüben in der Kirche sehen, und dann hat's hinterher im Roten Haus ein großes Abendessen gegeben, und so viele feine Leute waren zur Hochzeit gekommen. Die junge Lady war eine Waise, müssen Sie wissen, und irgendwie mit der Familie verwandt, und weil Mr. Henry der Erbe war, haben sie hier geheiratet. Na ja, und

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