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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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unwahrscheinlich, aber ich glaube, wir können es mal in Walbeach versuchen. Von hier führt eine direkte Straße hin – soweit man bei diesen Moorstraßen von ›direkt‹ sprechen kann … Ich glaube zwar, daß Gott ein noch dümmeres Tier als ein Schaf hätte erschaffen können, aber ich weiß, daß er es nicht getan hat … allenfalls Kühe. Ho! Hopp, hopp! Weg da, Jemima – braves Tier!«
    Meile um Meile blieb die ebene Straße hinter ihnen zurück.
    Hier eine Windmühle, da ein alleinstehendes Bauerngehöft, dort eine Pappelreihe entlang einem schilfbewachsenen Deich. Weizen, Kartoffeln, Rüben, Senf und wieder Weizen, Wiesen, Kartoffeln, Klee, Weizen, Rüben und Senf. Eine lange Dorfstraße mit einem grauen, uralten Kirchturm, eine Kapelle aus roten Ziegeln und inmitten einer kleinen Oase aus Ulmen und Kastanien das Pfarrhaus, dann wieder Deiche und Windmühlen, Weizen, Senf und Wiesen. Je weiter sie fuhren, desto flacher wurde das Land, sofern etwas noch flacher als flach sein kann; die Windmühlen wurden zahlreicher, und zur Rechten kam wieder der Silberstreifen des Wale in Sicht, breiter hier, nachdem der Dreißigfußkanal und der Harpers-Graben und der Simons-Bach ihm noch ihr Wasser anvertraut hatten. Da und dort machte er eine Windung oder verbreiterte sich, wohl in Erinnerung an vergangene Freiheit. Dann erschien vor der großen Wölbung des Horizonts eine kleine Ansammlung von Türmchen und Dächern und hohen Bäumen und dahinter die schlanken Masten eines Hafens. Und so kamen die Reisenden, Brücke um Brücke überquerend, nach Walbeach, das einst eine wichtige Hafenstadt gewesen war, jetzt aber weit im Binnenland lag, nachdem das Watt vom Schlick erobert und der Wale eingedämmt war; doch war die maritime Tradition des Städtchens noch immer unverkennbar seinen grauen Steinhäusern, hölzernen Lagerhallen und langen Reihen halbverfallener Hafenmauern aufgeprägt.
    Hier wartete Lord Peter auf dem kleinen Platz vor dem Postamt in angenehmer Stille, wie man sie nur in Landstädtchen erlebt, wo bis auf den Markttag alle Tage Sabbatruhe herrscht. Bunter blieb eine ziemlich lange Weile fort, und als er endlich wiederkam, schritt er nicht mit der gewohnten Gemessenheit einher, und sein sonst eher farbloses Gesicht war um die Wangenknochen herum leicht gerötet.
    »Was erreicht?« fragte Wimsey jovial.
    Zu seiner Überraschung bestand Bunters Antwort nur aus einer hastigen Geste, die ihn zum Schweigen und zur Vorsicht mahnte. Wimsey wartete, bis sein Diener im Wagen Platz genommen hatte, dann formulierte er seine Frage neu:
    »Was ist los?«
    »Fahren Sie lieber schnell fort, Mylord«, sagte Bunter, »denn wenn auch meinem Manöver ein gewisser Erfolg beschieden war, könnte es doch sein, daß ich soeben den Postdienst Ihrer Majestät beraubt habe, indem ich mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in den Besitz einer Sendung gebracht habe.«
    Lange bevor sich dieser wunderschöne Satz bis zum abschließenden Punkt geschlängelt hatte, bog der Daimler schon in eine stille Straße hinter der Kirche ein.
    »Was haben Sie nur angestellt, Bunter?«
    »Nun, Mylord, ich habe, wie abgemacht, nach einem postlagernden Brief für Mr. Stephen Driver gefragt, der hier schon geraume Zeit liegen könne. Als das junge Mädchen fragte, wie lange, habe ich unserer Vereinbarung gemäß geantwortet, daß ich vor mehreren Wochen Walbeach hätte besuchen wollen, aber mir sei etwas dazwischengekommen, und nun hätte ich erfahren, daß ein wichtiger Brief für mich irrtümlich doch an diese Adresse hier geschickt worden sei.«
    »Sehr gut«, sagte Wimsey. »Alles in bester Butter.«
    »Das junge Mädchen, Mylord, hat dann so eine Art Safe oder Blechschrank geöffnet und darin gesucht, und nach Ablauf einer ansehnlichen Zeitspanne hat sie sich mit einem Brief in der Hand umgedreht und gefragt, welchen Namen ich bitte gesagt hätte.«
    »So? Diese jungen Mädchen sind doch sehr dumm. Es wäre noch erstaunlicher gewesen, wenn sie nicht noch einmal nach dem Namen gefragt hätte.«
    »Ganz recht, Mylord. Ich habe also wie zuvor gesagt, der Name sei Stephen oder Steve Driver, aber in diesem Moment habe ich von der Stelle aus, wo ich stand, gesehen, daß der Brief eine blaue Marke trug. Es war ja nur der Schaltertisch zwischen uns, und wie Sie wissen, Mylord, bin ich mit sehr guten Augen gesegnet.«
    »Danken wir dem Himmel für alle Segnungen.«
    »Ich hoffe sagen zu dürfen, daß ich dies stets tue, Mylord. Beim Anblick der blauen

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