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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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Ihrer Verlobung stand nichts in den Akten», antwortete Peter leise. «Als nächste Angehörige hat Brinklow offenbar ‹keine› angegeben, als er einrückte. Aber er hat sein Testament zu Ihren Gunsten geändert, darum wollten wir Sie finden.»
    «Ich habe es dir doch gesagt!», wiederholte Joan. «Ich hab es dir gesagt.»
    «Das hast du», sagte Mrs. Quarley. «Ich wollte dir ja glauben, aber …»
    Als sie stockte, ergriff Joan Quarley wieder das Wort. «Bitte sagen Sie mir, was genau Alan passiert ist.» «Er wurde über der Nordsee abgeschossen», erklärte Peter. «Er konnte sich noch mit dem Fallschirm retten, aber das Wasser muss zu kalt gewesen sein. Eins unserer Schiffe hat seinen Leichnam geborgen. Das Schiff war auf einem besonders langen Einsatz, deswegen haben wir erst so spät davon erfahren.» Die Fassung der jungen Frau schien mit einem Mal doch ins Wanken zu geraten. «Und seine Leiche?» Nach einer Pause, die so kurz war, dass sie nur Harriet nicht entging, sagte Peter: «Eine Seebestattung hinterlässt leider keine Spuren. Es gibt keinen Grabstein. Nur seinen Namen auf einer Gefallenenliste.» Mrs. Quarley sagte: «Bitte gehen Sie jetzt. Wir wollen das nicht hören. Gehen Sie.»
    «Selbstverständlich.» Peter musste an Harriet vorbei, um das Foto wieder auf den Kamin zu stellen. Harriet fing einen flehentlichen Blick von Joan Quarley auf.
    «Wir wohnen im Creme Arms», sagte sie. «Wir bleiben noch bis morgen früh.»
    «Ich bringe Sie hinaus.» Joan Quarley begleitete sie zur Tür. Dort fragte sie Peter: «Gibt es vielleicht irgendeine Art von Beweis für das, was Sie gesagt haben? Ein Dokument, das belegt, was passiert ist?» «Ich weiß es nicht. Aber ich finde es für Sie heraus.»

Fünfzehn

    Mitternachts auf deinem Lager
Lass die Tür auf, spitz dein Ohr:
Burschen, sonst nächtliche Zager,
Zagen nicht mehr, preschen vor.
Kannst heut Nacht du widerstehen
Harsch des Liebeskranken Flehen?
Morgen muss ich fort.

    In dem Land, in das ich ziehe.
Weit von hier ist es genug.
Weiß ich, wenn im Grund ich liege,
Dass ein weich'res Bett mich trug.
Und die Brust, die dort vermodert,
War mit andrer aufgelodert.
Als ihr Herz noch schlug.
    A. E. Housman, A Shropshire Lad, 1896

    «Das ist doch alles schon sehr merkwürdig», sagte Peter, als sie zum Gasthof zurückschlenderten. «Fandest du nicht?»
    «Du meinst, dass Mrs. Quarley beim Anblick deiner Karte so erschrocken ist?»
    «Du hast es also auch bemerkt. Miss Quarley hingegen …»
    «Nicht anders, als man erwarten würde: sehr mitgenommen, um Fassung bemüht, aber nicht verängstigt.»
    «Eben doch anders, als ich erwartet hätte, Harriet. Was sollte dieses ‹Ich habe es dir doch gesagt›? Dieser leicht triumphierende Ton? Und würdest du nach Beweisen fragen, wenn jemand zu dir käme und dir sagte, ich bin tot?»
    «Ich könnte mir vorstellen», sagte Harriet, «aber das ist natürlich nur eine Vermutung, dass sie von allen Seiten überschüttet worden ist mit gut gemeintem Trost. Du kennst doch dieses Gerede, Peter, Geschichten von Piloten, die totgeglaubt waren und Wochen später quicklebendig wieder aufgetaucht sind. Damit sie als Verlobte die Hoffnung nicht verliert und nicht gleich das Schlimmste annimmt. Aber dabei hat sie sich gerade diesem Schlimmsten stellen wollen und deswegen immer wieder gesagt, natürlich ist er tot, hört doch auf, mich mit den albernen Geschichten durcheinander zu bringen. Und deshalb dann dieses ‹Ich hab's dir ja gesagt›.»
    «Wenn das stimmt, was du da sagst, ist es ja die furchtbarste Mitteilung, die man jemandem machen kann, dieses ‹vermisst, wahrscheinlich tot›. Noch furchtbarer in gewissem Sinne als ‹im Kampf gefallen›.»
    «Ist es auch», bestätigte sie. «Ich halte daran fest, Peter, ich finde es ausgesprochen grausam, dass man, als man die Fakten kannte, Brinklows Freunden nichts von seinem Tod gesagt hat.»
    «Hm», machte er. «Der Krieg lässt uns wohl abstumpfen.»
    «Aber das bringt andere in eine erbärmliche Situation, Peter – Menschen, die ihn liebten, wie diese arme junge Frau, die sich einerseits der Wahrheit stellen wollte und sie andererseits fürchtete. Du weißt doch, was Höhenangst ist. Kannst du dir vorstellen, wie einen der Rand des Abgrunds anzieht, wie man sich in die Tiefe stürzen will und gleichzeitig davor zurückschreckt? Das muss in etwa das Gefühl sein.» «So war es doch wohl nicht für dich, als ich weg war, oder?»
    «Doch ja, ganz genau so! Der

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