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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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ihn im Salon an – auf einem Tisch vor ihm stand ein Teetablett mitsamt einem großen Stück von Mrs. Trapps Kuchen auf einem Royal-DerbyTeller. Er langte so tüchtig zu, als wäre er tatsächlich eingeladen gewesen, dachte Harriet. Aber warum war sie so streng mit ihm? Es war ungerecht, für die schlimme Botschaft den Überbringer verantwortlich zu machen. Sie reichte ihm das Stück Papier. Er sprang auf, riss es an sich und überflog es hastig. «Ah ja», sagte er. «Ist es sehr schlimm?», fragte sie.
    «Nun ja, sie kommen immerhin getrennt heim», antwortete er. «Äh, hören Sie, dürfte ich das noch mal durchgehen?»
    «Es handelt sich um etwas Persönliches.» Sie blieb stur. «Sie müssen mir schon vertrauen.» Das überzeugte ihn anscheinend nicht, und sie setzte nach: «Wenn Peter mir sein Leben anvertraut, wird das Ihnen sicher auch genügen.»
    Er steckte den Zettel in seine Brusttasche und sagte: «Dann sollte ich mich jetzt beeilen. Plan sechs und acht bedürfen eines gewissen Vorlaufs.»
    «Selbstverständlich. Brauchen Sie ein Taxi nach Paggleford zum Bahnhof?»
    «Mein Wagen wartet draußen. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten, soweit möglich. Wenn etwas sein sollte. Danke für den Tee. Ja, und machen Sie sich nicht zu viel Sorgen. Der gute Wimbles hat die Angewohnheit, immer durchzukommen.» Und schon war er verschwunden.
    Harriet stieg die Treppe langsam wieder hinauf, und wie in Trance lenkte sie ihre Schritte in das kleine Ankleidezimmer, wo Peters Sekretär stand. Es war ein stattliches, schön gearbeitetes Stück mit herunterklappbarer Schreibplatte und einer Vielzahl von Schubkästen und Geheimfächern. Sie hatte das Möbel noch nie geöffnet, hatte überhaupt noch nie etwas sehen wollen, was er unter Verschluss hielt. Mit dem Gefühl, eine Grenze zu übertreten, machte sie den Schrank jetzt auf. Er war nicht abgeschlossen. Wie von selbst bewegte sich ihre Hand auf die obere rechte Schublade zu. Ein Umschlag aus dickem Papier lag darin, zusammengehalten von seinem unverwechselbaren dunkelroten Siegellack und mit dem Abdruck vom Ring an seinem rechten Mittelfinger. Doch jetzt trug er den Siegelring nicht, er lag ebenfalls in der Lade. Harriet nahm den Brief heraus und setzte sich damit ein Weilchen still ans Fenster. Als sie ihn umdrehte, sah sie, an wen er adressiert war: Harriet, nach meinem Tode oder vermuteten Tod. Der Drang, den Umschlag zu öffnen, allzu menschliche Neugier, das schmerzhafte Verlangen, endlich von ihm zu hören, das hatte sie hierher geführt, darum hielt sie den Brief in Händen … und nun fiel alles mit einem Schlag und vollständig von ihr ab. «Ich weigere mich, so etwas zu vermuten.» Sie sprach es laut aus. «Und der Brief ist nicht an mich adressiert. Denn ich bin nicht, was ich nach seinem Tode wäre. Ich bin nicht seine Witwe, ich bin seine Frau.» Und dieser Gedanke löste ein leises Gefühl des Erstaunens in ihr aus. Da war sie nun Peters Frau, sie, die ihn so lange Zeit abgewehrt, ihn über Jahre zum Besten gehalten hatte – was gäbe sie jetzt nicht für eine, für zwei Stunden dieser ganzen vergeudeten Zeit, die sie doch an seiner Seite hätte verbringen können! Sie hätte damals nachgeben können, obwohl die Bedingungen die falschen gewesen waren. Und damit wanderten ihre Gedanken zum bedrohlichen Zustand der Welt: Dieses Land, in dem sie saß, spätabends beim Schein der einzigen Lampe im Zimmer, während draußen die Eule schrie, dies Bollwerk, das Natur für sich erbaut, der segensvolle Fleck, dies Reich, dies England – es konnte ebenso nachgeben, obwohl die Bedingungen falsch waren. Aha, an der Notwendigkeit der richtigen Bedingungen konnte also kein Zweifel bestehen, daher hatte auch sie keinen Anlass, sich Asche aufs Haupt zu streuen.
    Es war doch die reine Ironie, wie der Reichtum und die Stellung, die eine Eheschließung mit Peter nach sich zog, sie einst geschreckt hatten, wie starrsinnig ihr Widerstand gewesen war. Wie bedenkenlos hätte sie mit ihm gehen und ihrer beider Glück am Schopf packen können, wäre er nur arm oder ein Außenseiter der Gesellschaft gewesen. Und wie flüchtig war dann der Genuss von Reichtum und Wohlleben gewesen, wie schnell nivellierte der Krieg alle Unterschiede und beugte die Mächtigen nieder, sodass man auch mit einem Adelstitel nicht mehr als hun dert Gramm Butter pro Woche bekam. Und einen geräumigen Familiensitz im Grünen sein Eigen zu nennen bedeutete mit einem Mal, dass man Fremde bei sich

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