Wind - Das Bündnis der Elemente (German Edition)
Justin zu Gast gewesen. Wenn sie ausgegangen waren, dann immer woanders hin. In eine Bar, in die Disko oder ins Kino. Bei ihm, in seinem Zimmer war sie noch nie. Aufgeregt überlegte sie, was sie erwartete.
Wenn sie an Justin dachte, überkam sie meistens ein schlechtes Gewissen. Er war wirklich nett, gut aussehend und hilfsbereit. Er hatte mehrfach angeboten, El im Krankenhaus zu besuchen, doch sie hatte ihm glücklicherweise davon abraten können. Sie glaubte, sich langsam in ihn verlieben zu können.
Mit klopfendem Herzen klingelte sie. Justin riss die Tür auf, als hätte er dahinter gestanden und auf sie gewartet. „Hallo!“, begrüßte er sie atemlos und küsste sie auf den Mund. „Komm doch herein!“
Sie betrat Frau Horns Wohnung nicht zum ersten Mal. Als Vermieterin hatte sie manchmal kommen müssen, um nach dem rechten zu sehen. Und meistens hatte sie das alte Ehepaar dann stundenlang nicht wieder gehen lassen. Doch sie trat zum ersten Mal über diese Schwelle seit Justin hier wohnte.
Er führte sie in die kleine und enge Küche, in der es nach Kohlsuppe roch. Alte Schränke füllten den Großteil des Raumes aus, zusammen mit den klobigen Stühlen, auf denen Spitzensitzkissen lagen.
„Meine Tante ist nicht da.“, sagte er. Er roch verführerisch nach Erdbeeren. Sein Shirt mit der Knopfleiste war spitzbübisch halb geöffnet. „Ich habe Kuchen gekauft.“
„Nicht selbst gebacken?“, neckte sie ihn lachend und verteilte zwei Teller.
„Meine Künste sind nicht so gut.“, gab er zu. Er setzte sich neben sie und zusammen genossen sie den Kuchen. Er schmeckte so sehr nach Erdbeeren wie Justin. Schwatzend vergaßen sie die Zeit und Mar kam es spät vor, als ihr Gespräch versiegte. Sie blickte in den Flur. „Zeigst du mir dein Zimmer?“, fragte sie.
Er zuckte zusammen, als hätte sie ihn bei etwas ertappt. Er schien nervös heute.
„Natürlich.“, sagte er und nahm ihre Hand. Zögerlich führte er sie den Flur hinunter zu einem kleinen Zimmer, das er sein Reich nennen durfte.
Sie musste sagen, er hatte es gemütlich, wenn auch spärlich eingerichtet. Während sie sich umsah, versuchte er, herumliegende Socken in den Bettkasten zu stopfen. Sie lächelte und blickte die langen Bücherregale an, die alle voll standen. Dass er belesen war hatte sie schon früh bemerkt.
„Was ist dein Lieblingsbuch?“, fragte sie geradeheraus und las einige Buchtitel. Er zögerte schon wieder. „Mhm.“, machte er dann. „Ich denke, ich habe keines. Ich mag sie alle. Bücher erzählen Geschichten. Sie bringen den Leser in eine andere Welt. Und ich bin in der Wahl dieser Welt nicht wählerisch.“
Noch einmal lächelte sie. Ja, er war intelligent. Und hübsch. Und er war nicht El. Ihr Lächeln verschwand. Dann riss sie sich zusammen und wandte sich um. Er stand bei der Tür und blickte nervös zu Boden. Ihr Herz schlug bis zu ihrem Hals. Sie war schrecklich. Eine schreckliche Frau. Sie benutzte diesen jungen Mann, um an einen anderen zu kommen. Und der liebte sie nicht einmal.
Kurzerhand lief sie zu Justin, legte einen Arm um ihn und küsste ihn heiß und innig. Sie wollte ihn. Hier und jetzt. Sie wollte Elijah vergessen. Sie wollte vergessen, dass er zwei Stockwerke unter ihr hockte.
Sie drängte Justin zum Bett. Er ließ sich fallen und sie setzte sich auf ihn. Noch immer küsste sie ihn. Ihre Hände gruben sich in die Decke. Sie fanden einen Zipfel von etwas.
Mar zog ihn heraus und blickte ihn an. Es war... eine schwarze Maske.
„Was ist das denn?“, fragte sie.
Justin nahm ihr die Maske aus der Hand und warf sie fort. Dann nahm er ihr Gesicht in die Hand. „Ich war nur der Ersatz, nicht wahr, meine schöne Margarete? Du willst doch gar nicht mit mir zusammen sein.“
„Was redest du da?“, erwiderte sie und nahm seine Hand. „Was soll das?“
Sein Blick wurde mit einem Mal hart. „Das, was du seit jeher wolltest, ist Elijah. Nicht mich, ist es nicht so?“
Sie fühlte sich ertappt. Beschämt rutschte sie von ihm herunter. „Es tut mir leid.“, flüsterte sie. „Anfangs war das so. Aber jetzt... Justin, jetzt habe ich mich in dich verliebt. Und meine Gefühle für dich sind echt.“
Er lachte auf. „Dann habe ich jetzt Neuigkeiten für dich, Prinzessin. Meine Gefühle für dich sind es nicht.“
Margarete meinte, sich verhört zu haben. Sie sah ihn an. An seinen Lippen klebte noch etwas von ihrem Lippenstift. Nun verzog er sie zu einem hämischen Grinsen. „Schau mich nicht so an.
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