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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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es hinzufügen darf, mit bemerkenswerter Umsicht. Was brachte Euch dazu, diesen Brief zu schreiben? «
    » Duncan kam am nächsten Tag nicht zurück und am übernächsten auch nicht. Da wusste ich, dass etwas geschehen sein musste. Ich habe sofort einen berittenen Boten losgeschickt, mit der strengen Anweisung, Euch persönlich den Brief zu bringen. «
    » Was für ein Glück, dass ich zu Hause war. «
    » Glück gehört manchmal dazu « , bestätigte Anne. » Der Bote hatte jedoch auch die Anweisung, mit der Nachricht hilfsweise schnellstens bei Lord Montagu oder Lord Blake vorzusprechen, falls er Euch nicht angetroffen hätte. Duncan hatte vor seinem Aufbruch erwähnt, dass er sich von seiner Bekanntschaft mit diesen Herren die Wiederherstellung seiner Reputation versprach. «
    » Wie ich schon sagte– Ihr habt mit ungewöhnlicher Umsicht gehandelt. «
    Sie merkte, wie sie unter seinem Blick errötete, und sie schalt sich für diese alberne, mädchenhafte Verlegenheit.
    » Sir, das hängt weniger mit meiner Umsicht zusammen als mit meinem Hang zum Briefeschreiben. Wobei ich zuweilen auch ein wenig vorschnell bin. So habe ich beispielsweise, als ich hörte, wie übel Duncan mitgespielt wurde, sogleich eine Nachricht nach Barbados gesandt, um meinen Bruder von der Entwicklung zu informieren. «
    » Was soll daran vorschnell gewesen sein? «
    » Nun, ich schrieb ihm, Duncan sei schwer verletzt und ringe mit dem Tode « , bekannte sie.
    » Was zwei Tage lang voll und ganz den Tatsachen entsprach. Dass er sich wieder erholt hat, könnt Ihr Eurem Bruder in einem weiteren Brief mitteilen. «
    » Der ihn vermutlich erst Wochen nach dem ersten erreichen wird. « Anne seufzte. » Bis dahin hat William sich höchstwahrscheinlich längst nach Dominica eingeschifft, wie ich ihn kenne. «
    » Warum sollte er das tun? «
    » Um Duncans vermeintliche Witwe und die Kinder unter seine Fittiche zu nehmen. «
    » Vielleicht kann sie sehr wohl die Hilfe Eures Bruders brauchen. Wie ich unlängst hörte, steht die Lage dort nicht gerade zum Besten. Es kommen immer mehr Kariben und Schwarze von den übrigen Antilleninseln nach Dominica, und die meisten davon sollen kriegslüstern sein. Vor wenigen Tagen erst sprach ich mit dem Kapitän eines Kauffahrers, der auf dem Rückweg von Maracaibo dort Vorräte aufnahm. Er berichtete von einem selbst ernannten Festungskommandanten, der sich zum Bewacher der Insel aufgeschwungen haben soll. Es soll bereits zu bewaffneten Konflikten gekommen sein. «
    Anne hatte ihm mit wachsender Besorgnis zugehört. Gleichzeitig war sie erleichtert, dass sie William die Nachricht geschickt hatte. Sollte er doch die Lage aus eigener Anschauung beurteilen und dann entscheiden, was zu tun war.
    Das Dienstmädchen servierte Tee und Scones und warf Anne dabei verstohlene, aber erkennbar neugierige Seitenblicke zu. Sie war eine hübsche, dralle Person und höchstens zwanzig. Bevor sie den Raum wieder verließ, knickste sie und lächelte Ayscue voller Zuneigung an. Anne fühlte eine unbestimmte Enttäuschung, überspielte diese Anwandlung jedoch mit einem aufgeräumten Lächeln, während sie von dem Tee nippte.
    » Das war Catherine « , sagte Ayscue. » Meine Nichte. Sehr anstellig. «
    » Natürlich. «
    Ayscue durchschaute ihre Gedanken und lachte.
    » Sie ist wirklich meine Nichte– die älteste Tochter meiner Schwester. Und zugleich mein Mündel. Im Moment bemuttert sie mich ein bisschen. Sie hat es sich mit Erlaubnis ihrer Mutter zur Aufgabe erkoren, mir den Haushalt zu führen und mir über meine Trauer hinwegzuhelfen. Wobei ich den Verdacht hege, dass sie nur eine Gelegenheit gesucht hat, vom Lande wegzukommen und in der Stadt zu leben, um sich hier unter vielversprechenden Heiratskandidaten umzutun. «
    » Oh, Ihr habt einen Todesfall zu beklagen? « Anne ärgerte sich ein wenig über die unerklärliche Erleichterung, die sie bei seinen Worten verspürte.
    » Meine Frau ist vor Kurzem verstorben. «
    » Das tut mir leid « , sagte sie betroffen.
    » Wir standen uns nicht sehr nahe « , erklärte Ayscue freimütig. » Die Heirat wurde von unseren Eltern arrangiert, uns beide fragte niemand. Sie liebte einen anderen, ich liebte ebenfalls eine andere. Und so wurde unsere Ehe zu einem Geschäft, welches darauf basierte, dass wir uns gegenseitig in Ruhe ließen. «
    » Ich verstehe. Und jene andere Frau… «
    » Sie ist ebenfalls vor einigen Jahren gestorben. « Ein Hauch von Düsternis glitt über sein Gesicht,

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