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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Fechten versteht er sich wie kein Zweiter. « Duncan lockerte die Schulter ein wenig. An manchen Tagen tat die rechte Seite immer noch weh, vor allem, wenn er stundenlang im Fechtstand gewesen war. » Die Pistole, die ich noch zusätzlich in Auftrag gegeben hatte, ist eine Spezialanfertigung. Nicht größer als eine Hand und wesentlich leichter als die anderen. Sie ist für meine Frau. « Die Kehle wurde ihm eng, als er von ihr sprach, und rasch verließ er den Raum, bevor die anderen ihm anmerkten, wie ihm zumute war. In der letzten Zeit wurde es immer schlimmer, er vermisste Elizabeth mit solcher Intensität, dass er einmal sogar nachts aufgewacht war, weil er sie im Traum in seinen Armen gespürt hatte. Schwitzend und zitternd vor Erregung war er hochgefahren, nur um festzustellen, dass er allein war. Er wusste, dass andere Männer in seiner Situation nicht gezögert hätten, die Dienste einer Hure in Anspruch zu nehmen, doch das kam für ihn nicht infrage. Nicht nur, weil er Lizzie damit das Herz gebrochen hätte, sondern auch, weil es ihm schlichtweg falsch vorgekommen wäre. Dabei war es keineswegs so, dass er Treue gegenüber einer Frau als eines seiner angestammten Prinzipien betrachtet hätte. Vor seiner Ehe mit Elizabeth hatte er die eine oder andere länger andauernde Beziehung gepflegt und es darin recht gut ausgehalten. Einmal hatte es eine junge Witwe in Portsmouth gegeben, zu der er über zwei Jahre lang immer wieder zurückgekehrt war, wenn er aus der Karibik nach England kam. Sie hatte ihn jedes Mal sehnsüchtig erwartet, und er hatte sich sehr wohl bei ihr gefühlt, doch das hatte ihn nicht daran gehindert, sich auch mit anderen Frauen zu vergnügen, wenn es sich so ergab. Eines Tages hatte er nach einem halben Jahr wieder vor ihrer Tür gestanden, aber sie war in der Zwischenzeit an einem Fieber gestorben. Er hatte ein paar ziemlich niedergeschlagene Wochen durchlebt und dann weitergemacht wie immer.
    Mit Claire war es ähnlich gewesen. Für eine Weile hatten sie gut zusammengepasst. Er wusste wohl, dass sie ihn geliebt hatte, auf ihre kapriziöse und ganz und gar selbstsüchtige Art, aber er hatte stets so getan, als merkte er es nicht. Wann immer sie Anstalten machte, über tiefer gehende Gefühle oder gemeinsame Zukunftspläne zu reden, hatte er dringende anderweitige Pflichten vorgeschützt und war so schnell wie möglich wieder in See gestochen. Elizabeth allein zu lassen war dagegen eine Erfahrung gewesen, die er nicht mehr zu oft machen wollte. Die Trennung von ihr und den Kindern hatte ihm Kummer bereitet, der seitdem nicht nachgelassen hatte. Vom Augenblick des Abschieds an hatte er sich danach gesehnt, sie wieder in die Arme schließen zu können. Ihr war er, seit sie ihm angehörte, immer treu geblieben, und für den Rest seines Lebens wollte er es ebenso halten.
    Duncan schlug den Kragen seines Umhangs hoch und rückte sich den Hut zurecht. Es regnete heftig, aber das war für ihn kein Grund, für den kurzen Weg eine Kutsche zu nehmen. Er nutzte jede Gelegenheit, sich zu bewegen. Außerdem hatte er nichts gegen Regen– auf See und in der Karibik hatte er ganz andere Unwetter erlebt als hierzulande. In Gedanken versunken, legte er den Weg von Ayscues Haus zur Werkstatt des Waffenschmieds zurück. Es wurde höchste Zeit, dass er wieder Schiffsplanken unter den Füßen hatte. Nach allem, was ihm hier in London widerfahren war, erschien ihm ein baldiger Aufbruch erst recht erstrebenswert. Die Tage im Gefängnis, die Fahrt nach Tyburn Hill, die quälende Todesangst– bei Gott, diese Stadt würde niemals heimatliche Gefühle in ihm wachrufen.
    Ayscue hätte gern dafür gesorgt, dass ein Freispruch Duncans Ehre vollständig wiederherstellte, doch nachdem er wegen der verlorenen Seeschlacht in Ungnade gefallen war, galt sein Wort nichts mehr. Die meisten Rundköpfe in der Regierung hatten dem Admiral ohnedies schon lange misstraut, weil seine Gesinnung ihnen zu royalistisch war. Im Grunde hatten sie nur auf eine passende Gelegenheit gewartet, ihn auszubooten. Duncan musste sich folglich mit der Begnadigung zufriedengeben, auch wenn das zugleich bedeutete, dass er gegen Doyle und Winston nichts in der Hand hatte und sie wegen der gegen ihn angezettelten Verschwörung nicht offiziell zur Rechenschaft ziehen konnte.
    » Eines Tages ändern sich die politischen Verhältnisse « , hatte Ayscue ihm versichert. » Dann haben wir wieder einen König und ich ein neues Flottenkommando und Freunde an

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