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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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breiten sich immer weiter aus. In ein paar Monaten ist hier nichts mehr, wohinter du dich verstecken kannst. «
    » Ich kann in die Höhlen gehen. «
    Deirdre kannte die Höhlen, sie waren nicht weit entfernt, doch als Zuflucht eigneten sie sich nur bedingt.
    » Da unten ist es feucht und dunkel. Und ein gutes Versteck sind sie die längste Zeit gewesen, wenn hier erst Zuckerland ist. « Bittend sah sie ihn an. » Edmond, sieh doch ein, dass das kein Dasein mehr für dich ist! Gewiss, du meinst es nur gut und glaubst auch daran, dass du das Richtige tust, aber du bist hier nicht sicher! Die Gefahr rückt immer näher. Denkst du, sie werden dich schonen? Willst du dein Leben denn wirklich einfach so wegwerfen? Wem willst du damit einen Dienst erweisen? Bitte sag mir das, Edmond! «
    Er schwieg verstockt. Der Schreck, den sie ihm mit der Ankündigung ihrer Abreise eingejagt hatte, war wieder dem gewohnten Starrsinn gewichen, und wo dieser nicht reichte, taten die ehernen Prinzipien seines Glaubens das ihre dazu. Er war der festen Überzeugung, es sei der Wille des Allmächtigen, dass er hier im Urwald ausharrte, seine Tage mit Gebeten anfüllte und darauf wartete, dass sich aus Gottes Herde irgendwann wieder katholische Schäfchen von den umliegenden Plantagen hierher verirrten. Dann würde er wieder Messen halten und Beichten abnehmen und sich um die Mühseligen und Beladenen kümmern, so wie es seiner angestammten Pflicht entsprach.
    Deirdre stand von dem Baumstamm auf, drehte sich von ihm weg und fing an zu weinen. Schluchzend schlang sie beide Arme um sich und wiegte sich vor und zurück. Wie sollte sie es ertragen, ohne ihn zu sein?
    » Um Gottes willen, Deirdre! « Bestürzt legte Edmond ihr die Hände auf die Schultern. Er stand hinter ihr, sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken. » Hast du wirklich solche Angst um mich? «
    Nein, du Idiot, dachte sie. Ich liebe dich und habe Angst, dass mir der Kummer das Herz bricht, wenn du nicht mit mir kommst.
    Doch davon sagte sie kein Wort, sondern nickte nur stumm und weinte weiter, trostlos in ihrem Elend gefangen.
    » Vielleicht hast du recht « , hörte sie ihn plötzlich sagen. » Womöglich helfe ich wirklich niemandem damit, wenn ich hier herumsitze. Es kommt ja kaum noch jemand in der letzten Zeit. Nur du. Und wenn du Barbados verlässt, dann… « Er hielt inne und ließ ein Seufzen hören. Deirdres Tränen versiegten, sie drehte sich hoffnungsvoll zu ihm um.
    Er wich ihrem Blick aus, doch in seiner Miene offenbarten sich die Zweifel, mit denen er sich quälte.
    » Es wäre schlimm für mich, dich nie wiederzusehen, Deirdre. «
    » Dann komm doch mit! «
    » Ich will nicht zurück nach Dublin. Dort stünde ich nur wieder unter der Fuchtel meines Vaters. Mein Leben in Irland war alles andere als leicht. «
    » Aber wir müssen doch gar nicht zurück nach Dublin, wenn du es nicht willst. Mir hat es dort auch nicht gefallen. Es war die Hölle, um genau zu sein. Wir können auf Raleigh Manor bleiben, so heißt Lady Elizabeths Besitz in England. Das ist ein Gut mit großen Ländereien. Wir könnten ein Stück Land bebauen… «
    » Ich bin ein Mann Gottes, Deirdre. Ich kann keine Äcker bestellen. «
    » Du könntest… Pferde züchten. «
    » Ach Deirdre. « Er schüttelte den Kopf. » Es hat keinen Sinn. Ich wäre allen doch nur im Weg. Der Sinn meines Lebens liegt darin, Gottes Werk auf Erden zu verrichten. Nur darin kann ich meine Erfüllung finden. « In seinen Zügen spiegelte sich Resignation. Deirdre begriff, dass er lieber den Schmerz über ihre Trennung ertragen würde, als dieses vermeintliche Refugium zu verlassen.
    Er hat Angst, durchfuhr es sie. Angst vor der Nutzlosigkeit und dem Versagen! Solange er hier war, konnte er sich einreden, dass alles wieder so werden würde wie im letzten Jahr, als er den Menschen eine echte Zuflucht geboten hatte. Er konnte nicht damit umgehen, dass diese Zeiten vorbei waren.
    Dann kam ihr ein Gedanke, der von so jäher, leuchtender Klarheit war, dass sie sich in ihrem Bemühen verhaspelte, ihn so rasch wie möglich vorzutragen.
    » Edmond, ich weiß, was wir tun können! Lady Elizabeth und Master Duncan wollen nicht lange auf Raleigh Manor bleiben. Sie planen, nach der Geburt des Kindes in die Karibik zurückzukehren. Sie wollen sich eine Insel suchen, auf der sie in Frieden leben können. Master Duncan hat sich bereits auf den Antillen umgetan, ich habe sie beide darüber reden hören, wie es auf diesen Inseln aussieht.

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