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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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hatte.
    Duncan erzählte von den Soldaten, die in der Garnison Stellung beziehen wollten, worauf Miss Jane von weiteren Neuankömmlingen berichtete.
    » Sie kamen am Nachmittag kurz an Land, bevor sie weiter nach Norden ruderten. Drei Dutzend Männer in einem einzigen Kanu, so wahr ich hier sitze. Ein Einbaum, so lang, wie ich ihn selten sah. «
    » In der letzten Zeit sind häufiger Kariben von anderen Inseln hergekommen « , warf Deirdre ein. Sie saß auf der Bank vor dem Geländer, das die auf Pfählen ruhende Veranda umgab. Ihr Haar lockte sich in der feuchten Abendluft. Hin und wieder schlug sie nach einer der vielen Mücken, die es aus unerfindlichen Gründen mehr auf sie als auf die anderen abgesehen hatten. Neben ihr saß Elizabeth, deren Augen im Kerzenschein funkelten. Ihr Blick wanderte immer wieder zu Duncan hinüber, und obwohl sie sich bemühte, ihre Unruhe nicht allzu offen zu zeigen, schwante ihr, dass jeder in der Runde wusste, wie sehr sie sich danach sehnte, endlich mit Duncan allein zu sein. Er saß ihr direkt gegenüber, keine drei Schritte entfernt, auf einem der roh gezimmerten Stühle, die Miss Janes verstorbener Gatte eigenhändig gebaut hatte, und schaute Elizabeth auf eine Weise an, die ihren Herzschlag aus dem Takt brachte. Sein Blick war heiß und hungrig. Während die übrigen sich unterhielten, hörte Elizabeth kaum, worüber gesprochen wurde.
    » Diesmal waren es nicht nur Kariben « , sagte Miss Jane. Sie bewegte sich in ihrem Schaukelstuhl vor und zurück und wedelte sich mit einem großen Palmblatt Luft zu, bevor sie einen Schluck von dem Rotwein nahm. » Es waren auch Schwarze darunter. Geflohene Sklaven von den anderen Inseln. Anscheinend tun sie sich mit den Indianern zusammen. «
    » Mir scheint, dabei kann nicht viel Gutes herauskommen « , meinte Anne. Besorgnis klang aus ihrer Stimme. » Flüchtige Schwarze sind voller Hass auf die Weißen. Sie könnten die Indianer aufstacheln. «
    » Sie wollen sicher nur in Frieden leben « , widersprach Felicity. Sie wirkte ein wenig niedergeschlagen. Immer wieder betonte sie, dass sie die Abreise kaum erwarten könne, doch keinem konnte entgehen, wie sehr der bevorstehende Abschied von Elizabeth und den Kindern ihre Vorfreude auf ein Wiedersehen mit Niklas Vandemeer trübte. Beim nichtigsten Anlass brach sie in Tränen aus und konnte sich kaum wieder beruhigen.
    » Du hast nicht gesehen, was die Schwarzen letztes Jahr unserem Aufseher und seiner Familie angetan haben « , sagte Anne. Ihre Stimme zitterte leicht. Sie sprach so gut wie nie über das Massaker, das aufständische Sklaven auf Summer Hill verübt hatten, doch jetzt brach es aus ihr heraus. » Sie haben sogar seine schwangere Frau und seine Kinder abgeschlachtet! «
    » Das weiß ich doch! « Sofort wandte Felicity sich ihr zu und legte ihre Hand auf ihre. » Die Schwarzen haben in ihrem Zorn Menschen umgebracht. Aber die, die sich hier niederlassen, wollen bestimmt einfach nur ihre Freiheit. Die werden sie nicht aufs Spiel setzen, indem sie Weiße überfallen. Warum sollten sie das auch tun? Es ist genug Platz auf der Insel. Und es gibt keine Plantagen, auf denen Sklaven gebraucht werden. Außerdem– morgen sind wir doch sowieso fort. In England gibt es keine Schwarzen. « Beschwichtigend lächelte sie Anne an, doch die schüttelte nur den Kopf.
    » Glaubst du etwa, ich mache mir um mich selbst Sorgen? Ich denke dabei nur an Lizzie und die Kinder. «
    Elizabeth hörte ihren Namen und reagierte notgedrungen darauf. Widerwillig lenkte sie den Blick von Duncan weg und hin zu ihrer Freundin.
    » Anne, um mich und die Kinder musst du wirklich keine Angst haben. Oleg, Jerry und Sid werden schon auf uns aufpassen. « Duncan hatte schon vor Tagen bestimmt, dass die drei zu ihrem Schutz auf der Insel bleiben würden.
    » Ja, vor Oleg haben die Indianer Respekt. Sie fürchten sich vor ihm. Das konnte ich heute selbst beobachten. « Diese von Deirdre mit großer Entschiedenheit vorgebrachte Äußerung lenkte die Aufmerksamkeit aller auf die junge Irin. Verlegen senkte Deirdre die Lider und tat so, als müsste sie einen Moskito verscheuchen. Elizabeth sah es und verspürte einen Anflug von Mitleid. Deirdre saß abends gern mit ihnen zusammen, sie genoss diese entspannten Stunden zum Ausklang des Tages, aber es war noch ungewohnt für sie, sich ohne Rücksicht auf ihren Stand an der Unterhaltung zu beteiligen. Elizabeth hatte ihr schon längst angeboten, sie Lizzie zu nennen, so wie es

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