Wind der Gezeiten - Roman
Anne und Felicity auch taten, doch das hatte Deirdre bisher nicht über sich bringen können. Beharrlich blieb sie bei dem förmlichen Mylady, und sobald Duncan den Raum betrat, knickste sie, so wie es sich für eine Magd geziemte, wenn der Herr des Hauses erschien.
» Nun, wenn immer mehr Kariben und Schwarze nach Dominica kommen, ist es vielleicht von Vorteil, dass dieser englische Colonel hier aufgetaucht ist, um die Disziplin aufrechtzuerhalten « , meinte Miss Jane. Ihre grauen Haarsträhnen flatterten, während sie unablässig mit dem Palmblatt vor ihrem Gesicht herumwedelte. » Wie hieß er gleich, Master Haynes? «
» Arthur Howard. « Duncan stand auf und streckte sich. » Ich gehe noch ein wenig hinunter zum Strand und vertrete mir die Füße. « An seine Frau gewandt, fügte er hinzu: » Willst du nicht mitkommen, Liebes? «
Elizabeth atmete tief durch. Glühende Wärme stieg ihr in die Wangen, und ein wenig schamhaft wandte sie das Gesicht zur Seite, während sie sich ebenfalls erhob. Sie sah nicht zurück, als sie mit ihm gemeinsam die Stufen von der Veranda hinabstieg. Er umfasste mit vollendeter Höflichkeit ihren Arm und führte sie vom Haus weg. Über den festgetretenen Lehmpfad gingen sie das kurze Stück hinunter zum Meer. Duncan hatte eines der Windlichter mitgenommen. Die unruhig brennende Kerze erhellte die Umgebung nur schwach, man sah höchstens ein paar Schritte weit. Im Hintergrund tönte das sirrende Singen der Zikaden. Irgendwo schrie ein Nachtvogel. Elizabeth lauschte dem durchdringenden Geräusch und sagte kein Wort.
» Du bist so still « , meinte Duncan nach einer Weile. » War es dir sehr peinlich vorhin? «
» Ziemlich « , gestand Elizabeth. » Dir nicht? «
» Nicht sehr. Andere Eheleute gehen zusammen ins Haus und teilen dort das Lager. Das ist uns derzeit verwehrt, weil wir keine gemeinsame Schlafkammer haben. Also bleibt uns nur die freie Natur. «
» Aber jetzt werden alle wissen, was wir gleich tun. «
» Na und? Du willst es doch genauso wie ich, oder? «
» Gewiss! Mehr als alles in der Welt! Es ist nur… « Elizabeth suchte nach Worten. » Sie haben da gesessen und uns nachgesehen, und… « Ihr fielen keine passenden Worte ein, die in ausreichendem Maße ihre Verlegenheit hätten beschreiben können.
Duncan sah es pragmatischer, seine Feinfühligkeit hielt sich in Grenzen.
» Du bist meine Frau. Und dies ist unsere erste gemeinsame Nacht nach sehr langer Zeit. Und eine der letzten für mindestens genauso lange. «
» Rede nicht darüber. Ich will nicht daran denken, dass du fortfährst. «
» Dann denk nicht dran. Küss mich lieber. « Sie hatten einen kleinen Palmenhain erreicht. Duncan stellte das Windlicht neben einem schief gewachsenen Stamm ab und zog Elizabeth in seine Arme. Ihr Herz klopfte stürmisch, es klang in ihren eigenen Ohren so laut, dass es sogar das Rauschen des Meeres übertönte. Sie sah, dass er ein Lager für sie beide vorbereitet hatte, eine Strohmatratze mit einer Decke. Während er sie fest mit beiden Armen umschlang, stellte sie sich vor, wie er vor Einbruch der Dunkelheit mit dem Strohsack und der Decke hierhergegangen war. Anders als vorhin war es ihr nicht im Mindesten peinlich, dass vielleicht der eine oder andere ihn dabei beobachtet haben könnte. Sie fühlte nichts außer ihrer Liebe, so überschäumend und schrankenlos, dass daneben nichts anderes mehr wichtig war. Duncan hatte recht. Sie war seine Frau, gehörte zu ihm mit Leib und Seele. Tränen stiegen in ihr auf, blindlings umklammerte sie ihn, in jäher Furcht, ihn zu verlieren. Tausende von Meilen würden bald zwischen ihnen liegen. Der Atlantik war nicht nur riesig, sondern barg auch tückische Gefahren. Unwetter und Riffe, Piraten, der Seekrieg. Und nicht zu vergessen das unselige Todesurteil, das auf ihm lastete wie ein böser Fluch. So viele Hindernisse und Gefahren, die seinen Weg säumten! Für einen Moment schloss sie die Augen und hielt die Luft an, weil sie es kaum ertragen konnte, daran auch nur zu denken. Wie sollte sie weiterleben, wenn er nicht zu ihr zurückkam?
Seine Hände fuhren über ihren Körper, zogen an ihrer Kleidung. Seine Lippen waren auf ihrem Hals, sie spürte die Wärme seines Körpers und die Härte seiner Erektion. Von einem Augenblick auf den nächsten wurde ihre Angst von anderen Gefühlen hinweggeschwemmt, verlor sich in der Begierde, die in ihr siedete und sich nun in ungezügelten Küssen und keuchenden Atemzügen entlud.
» Lizzie
Weitere Kostenlose Bücher