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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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hatte sie jedoch aus ihrem Versteck zwischen den Felsen beobachtet, wie er am Strand Deirdres Haar berührt hatte, das die Farbe von Feuer hatte. Vielleicht hätte der Kazike Deirdre an jenem Tag bereits mitgenommen, doch der große Mann mit dem Zopf war dazwischengegangen. Zena wusste, dass Oleg Deirdre selbst begehrte. Er bemühte sich, es zu verbergen, doch sie hatte mehr als einmal gesehen, wie er Deirdre ansah, wenn er glaubte, dass keiner es mitbekam.
    Zena lauschte müßig in die nur vom Meeresrauschen untermalte Stille. Das Hämmern und Sägen, das den ganzen Morgen über ertönt war, hatte aufgehört. Das Baby strampelte und riss dann den kleinen Mund zu einem ausgedehnten Gähnen auf, das ansteckend wirkte. Am liebsten hätte Zena sich mit der Kleinen auf die Matte gelegt und ein wenig gedöst, doch Mylady Lizzie legte Wert darauf, dass das Kind in der Wiege schlief, unter dem Moskitoschleier. Zena hätte Faiths Haut mit dem Saft einer Pflanze einreiben können, die sie vor Mückenstichen bewahrte, doch dann hätte die Kleine hässlich gerochen, weshalb sie es lieber sein ließ. Sie selbst wurde kaum je von einer Mücke gestochen, ein Umstand, über den sie nie viel nachgedacht hatte, bis sie erfahren hatte, wie sehr manche der Weißen darunter litten. Deirdre beispielsweise schien auf Moskitos zu wirken wie ein Köder.
    Ob der Kazike sie schon auf sein Lager geholt hatte?
    Zena stemmte sich mit einer fließenden Bewegung hoch, das nun schlafende Kind in ihren Armen. Behutsam legte sie es in die Wiege, zog den Moskitoschleier zurecht und betrachtete das friedliche kleine Gesicht. Liebe durchströmte ihr Herz. Sie würde eigene Kinder bekommen, aber das Wissen, dieses eine hier irgendwann nicht mehr bei sich zu haben, verdunkelte ihre Stimmung, nachdem sie eben noch so glücklich gewesen war. Eine sorgenvolle Ahnung stieg in ihr auf, dass alle, die jetzt noch freundlich zu ihr waren, sie vielleicht hassen würden, wenn Deirdre und Edmond in dem Dorf ein Leid geschah.
    Als hätte sie durch ihre Gedanken die weitere Entwicklung heraufbeschworen, trat ihr der große Mann in den Weg, als sie die Hütte verließ, um sich im Küchenhaus ein Stück Räucherfisch zu holen. In seiner Begleitung befand sich der Mann mit den krausen roten Haaren, Jerry. Er hatte ihr ein paar Glasperlen geben wollen, die sie jedoch zurückgewiesen hatte, weil er offensichtlich bestimmte Erwartungen an das Geschenk geknüpft hatte, die sie nicht erfüllen wollte. Zum Glück hatte er es ihr nicht übel genommen, sondern hatte sie weiterhin freundlich behandelt. Jerry war ein lustiger Mensch, der viel lachte und immer gute Laune verbreitete.
    » Oleg will mit dir sprechen « , sagte er.
    Zena sah nicht ihn an, sondern Oleg. Wachsam schaute sie zu dem stummen großen Mann auf. Seine dunklen Augen waren von ähnlichem Schnitt wie die der Kariben, und auch seine Hautfarbe glich der ihren. Wäre er nicht so riesig gewesen, hätte man ihn leicht für einen Kariben halten können.
    Oleg erwiderte ihren Blick und machte einige schnelle Handbewegungen, die Jerry in Worte fasste.
    » Er will wissen, ob du aus dem Dorf stammst, zu dem Miss Deirdre gegangen ist. «
    Zena zuckte die Achseln, was sich als Fehler erwies, denn sie erkannte sofort, wie in den schwarzen Augen des großen Mannes Wut aufglomm. Er merkte ihr an, dass sie sich absichtlich dumm stellte. Widerwillig bejahte sie die Frage durch ein kurzes Nicken.
    Eine weitere schnelle Abfolge von Gesten, die Jerry übersetzte.
    » Er will wissen, ob auch der Indianer dort lebt, der neulich Miss Deirdre kaufen wollte. « Er besann sich kurz, dann setzte er drohend hinzu: » Versuch nicht, uns anzulügen, denn wir kriegen es sowieso raus, und dann würdest du eine Menge Ärger bekommen. Also, du stammst aus dem Dorf. Und dieser Indianer? Oleg meint, der Kerl wäre dort der Häuptling. «
    » Ich nicht weiß. « Sie gab sich unwissend, doch auch diesmal durchschaute Oleg sie. Er machte eine einzige harte Handbewegung, die sie sofort verstand, obwohl sie die Gebärdensprache der Weißen nicht kannte.
    » Du lügst « , stellte Jerry ärgerlich fest. Angespannt betrachtete er Mimik und Gestik des großen Mannes, bevor er sich wieder an Zena wandte. » Oleg weiß, dass du an jenem Tag am Strand warst. Er sagt, du hast dich versteckt, aber er hat dich gesehen. Also hast auch du den Indianer gesehen. Er hat Miss Deirdres Haar angefasst und Gold geboten, um sie zu kaufen. «
    » Er Kazike. « Sie

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