Wind der Traumzeit (German Edition)
oben durch das Fenster geklettert und runtergesprungen, aber ich hab mir den Fuß verletzt und konnte mich hier nicht mehr wegrühren.«
Tom beugte sich über ihr Fußgelenk, das blau angeschwollen war. Ehe er es berühren konnte, hielt Marie seine Hand zurück. »Nicht anfassen. Das tut so weh.«
»Ich schau nur mal nach, ja?« Er zog vorsichtig ihren Hosensaum höher und untersuchte den Fuß, während Marie einen Schmerzenslaut unterdrückte. Tom richtete sich auf und sah zum Himmel. »Hier kann ich nichts machen. Ich fürchte, der Fuß ist gebrochen, Marie. Aber wir müssen hier ohnehin weg, das Feuer ist schon verdammt nahe.« Er schob einen Arm unter ihre Knie und legte den anderen unter ihren Rücken. »Du musst jetzt tapfer sein. Wenn ich dich zum Auto trage, wird der Fuß wehtun.« Marie nickte und biss die Zähne zusammen. Im Auto schwiegen sie eine Weile. Schließlich sah Marie zu Tom. »Wie weit ist das Feuer denn jetzt gekommen?«
Er atmete hörbar aus und kratzte sich an der Schläfe. »Kennst du den Pfad zwischen den Mulligan-Weiden? Dort brennt es.«
Maries Augen wurden riesengroß. »Aber das ist ja schon direkt vor Cameron! Dann ist unser Haus wirklich in Gefahr.«
Tom wollte sie zwar nicht unnötig beunruhigen, aber es widerstrebte ihm auch zu lügen. Also nickte er nur.
»Was machen wir denn, wenn unser Haus abbrennt?« Tom seufzte und legte kurz seine Hand auf ihr Knie. »Dann finden wir ein neues Zuhause. Was bleibt uns denn übrig, Marie? Das Wichtigste ist, dass wir alle außer Gefahr sind.« Er sah sie kurz an. »Du hast uns einen fürchterlichen Schrecken eingejagt.« Marie wich seinem Blick aus und schaute auf die Straße, deren Ränder in gleichmäßigen Abständen von schmalen Bäumen bestanden waren. Dünne gelbgraue Rauchfahnen zogen durch ihre Kronen und an ihren Stämmen vorbei, schwebten über die Straße und verliehen ihr ein gespenstisches Aussehen. Marie drehte ihr Uhrenarmband hin und her. »Mama ist bestimmt stocksauer.«
»Sie hat sich große Sorgen gemacht.« Tom verkniff sich jeden weiteren Kommentar und fuhr so schnell es ging zum Krankenhaus, wo sich eine Schwester sofort um das Mädchen kümmerte.
Tom rief ihr nach: »Dein Fuß wird geröntgt, Marie. Ich sage nur deiner Mutter Bescheid, dass alles okay ist, ja?« Er ging zum Empfang und tippte die Nummer von Bill und Lisa ein. Es wurde sofort abgehoben. »Nora? Ich bin’s.«
»Tom? Wo bist du? Mir wurde gesagt, eure Maschine weicht nach Broken Hill aus.«
»Ich hab Phil bekniet, dass er mich vor Cameron absetzt. Pass auf: Marie geht es gut. Ich hab sie tatsächlich im Reitstall aufgelesen. Sie musste dort allerdings aus einem Fenster springen und hat sich dabei den Fuß gebrochen. Wenn sie verarztet ist, kommen wir zu euch.«
»Gott sei Dank!« Noras Erleichterung war so grenzenlos, dass sie schon wieder mit den Tränen kämpfen musste.
»Bis gleich, Darling.«
»Ja, bis gleich.« Tom legte auf und rieb sich müde über die Stirn. Dann wandte er sich an die stellvertretende Oberschwester, die gerade mit einem Stapel Akten herankam, und bat sie, dafür zu sorgen, dass jemand den Wagen zur Absperrung zurückbrachte.
Als ein Auto in der Auffahrt hielt, sah Nora bleich und abgespannt aus, war aber überglücklich, als sie Marie und Tom in die Arme schließen konnte. Selbst als ihre Tochter schon längst schlief, hallten in Nora noch der Schreck über ihr Verschwinden und die um sie ausgestandenen Ängste nach. Sie ertrug auch keine weiteren Fernsehberichte über die Feuer und ging früh ins Bett. Vielleicht würde ja der nächste Tag die Wende für Cameron Downs bringen.
Doch die Macht des Feuers war ungebrochen. Auch einen Tag später fraßen sich die Flammen mit unverminderter Kraft vorwärts. Unruhig verfolgten Bill, Tom und sie die Morgennachrichten. Alle drei schwiegen, als die Bilder des verheerenden Buschfeuers gezeigt wurden und man über die Schäden berichtete. Verschiedene Fachleute diskutierten das Warum und Wieso und vertraten unterschiedliche Meinungen. Die Umweltschützer waren dafür, alles der Natur zu überlassen, während die meisten Farmer die Ansicht vertraten, dass kontrollierte Brände das brennbare Material wie zum Beispiel lose Baumrinde und Laub, das sich unter den Bäumen sammelte, vernichten sollten und somit die gewaltigen Feuer der Superlative verhindern könnten.
Alle fuhren zusammen, als es an der Haustür läutete. Kim Michaels hatte ihren Dienst in der Klinik beendet und
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