Wind des Südens
es stinkt auch«, fügte er peinlich berührt hinzu.
»Ja.« Der Arzt gab nichts preis. Er verschwand aus der Hintertür und kam wenig später mit einem Krug kochendem Wasser zurück. Er fing an, die Wunde zu betasten und zu reinigen, während Raymond die Zähne zusammenbiss, um nicht laut zu schreien, denn die Schmerzen waren jetzt so groß, dass er sie kaum mehr ertragen konnte.
»Es ist auch viel größer geworden, oder?«, brachte er unsicher hervor, als das Schlimmste vorüber war.
Der Arzt nickte. »Sie sind blass, Mr. Lewis. Möchten Sie einen Brandy?«
»Wie? Einen Brandy?« In Raymonds Bein pochte immer noch der Schmerz. »Guter Mann, ich hätte von Herzen gern einen Brandy.«
Der Schnaps beruhigte seine Nerven und belebte ihn ein wenig. »Nicht schlecht«, sagte er und gab das Glas zurück. »Nicht schlecht.«
»Und jetzt, Mr. Lewis, gehen Sie nach Hause, und legen Sie sich ins Bett. Das Bein müssen Sie hoch lagern. Hier haben Sie Tabletten gegen die Schmerzen, damit Sie schlafen können.«
Raymond nahm das Fläschchen an sich. »Was ist das?«
»Opium. Nehmen Sie drei Kügelchen. Das sollte reichen.«
»Opium? Sind Sie sicher, dass diese Pillen mir nicht schaden? Ich habe gehört, dass Opium Menschen schon in den Wahnsinn getrieben hat.«
»Nein. Die Pillen sind völlig ungefährlich. Etwas anderes kann ich Ihnen leider nicht anbieten. Beruhigungsmittel sind knapp …«
»Moment mal. Diese Wunde heilt nicht, oder?«
Der Arzt schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Lewis, sie heilt nicht und ist mittlerweile dicht an den Knochen vorgedrungen. Ich treffe Vorkehrungen für Ihren Transport nach Cooktown. Morgen. Sie werden in einem Wagen reisen müssen. Ich werde es Ihnen so angenehm wie möglich machen.«
»Nein, ausgeschlossen. Ich habe hier zu arbeiten. Meine Mission ist noch längst nicht erfüllt. Ich kann einfach noch nicht abreisen.«
»Sie haben keine andere Wahl.«
»O doch. Ich werde mein Bein pflegen, Ihre Pillen nehmen …«
»Mr. Lewis, ich wollte Ihnen keine Angst einjagen, aber Sie lassen mir keine Wahl. Diese Sache ist ernst, Sie könnten das Bein verlieren …«
»Großer Gott, nein! Es ist doch nur …«
»Es ist ein Tropengeschwür; es zehrt das Fleisch auf und dringt in den Knochen ein, wenn es nicht aufgehalten und entfernt wird.«
»Wie kann es entfernt werden?«
»Durch eine Operation. Auch dann bleibt Ihnen noch ein großes Loch im Bein. Habe ich jetzt Ihre Erlaubnis, die Überführung zu organisieren?«
Raymond war am Boden zerstört. »Ja, natürlich. Ich danke Ihnen.«
Der Polizeisergeant in Maytown war außer sich vor Freude. »Ich hab sie, Tim!«, jubelte er schon beim Eintritt in sein Büro. »Drei Chinesen von der China Belle! Hatte eine kleine Unterhaltung mit dem Großkotz, den sie ihren Meister nennen. Die hiesigen kennen ihn unter dem Namen Maxie. So was wie sein Zelt hast du noch nicht gesehen. Es ist riesig, innen dunkel und gespenstisch, aber wenn deine Augen sich daran gewöhnt haben, ist das verdammte Ding eingerichtet wie ein arabischer Harem. War eingerichtet, sollte ich sagen. Wir haben eine Razzia gemacht, Snowbridge und ich haben alles kurz und klein geschlagen, als der Diener sagte, sein Boss will mich nicht empfangen.«
»Diener hat er?«, flüsterte Tim mit aufgerissenen Augen.
»Natürlich hat er Diener, verdammt. Was glaubst denn du, wozu die Kulis da sind? Wie auch immer, er kam schon bald angerannt, als seine feinen Möbel durch die Gegend flogen. Ich hab ihn gefragt, von wo und auf welchem Schiff er hergekommen ist mit seinem ganzen Gefolge, und er hat’s mir gesagt, und ich sag, wieso sein Kuli, der, den ich in den Knast gesteckt hab, dann eine ganz andere Geschichte erzählt. Ich hab mir gedacht, Maxie lügt, dass sich die Balken biegen, hab die Handschellen vorgeführt und gesagt, ich müsste ihn verhaften, und da wurde er ganz grün im Gesicht. Kurz und gut, wir haben ihm ordentlich zugesetzt, und dann sagt er, er hätte diesen Kerl hier erst auf den Goldfeldern in seinen Dienst genommen. Ist ja nicht gegen das Gesetz. Nein, sag ich, aber du bist zu schlau,
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