Wind des Südens
französischen Namen, und voilà … «
Er lachte. »Ach, so ist das? Ich weiß jetzt schon, dass Ihr Rat mir unersetzlich sein wird, wenn ich hier mein Damengeschäft eröffne. Wenn und falls, sollte ich wohl sagen. Diese Verzögerungen treiben mich in den Wahnsinn. Tja, ich glaube, solche Plagen werden uns geschickt, um uns auf die Probe zu stellen.«
Esme erhob keine Einwände, als er ihr seine Begleitung anbot. Sie überquerten die Straße in Richtung Hafenkai und sahen zu, wie ein großes Schiff in die Bucht einlief.
»Oh«, sagte sie, »es kommt aus Hongkong!« So viel Freude schwang in ihrer Stimme mit, dass er sich zu ihr umwandte.
»Sie mögen diese Stadt wohl sehr?«
»Ja«, sagte sie, »ich mochte sie.«
Nach ihrer Rückkehr ins Hotel saß sie allein in der Lobby und grübelte über ihre derzeitige Situation nach. Sie sehnte sich tatsächlich nach Hongkong. Erst jetzt wurde ihr klar, wie sehr sie diese Stadt vermisste, die weltläufige Atmosphäre, die Hektik und Aufregung. »Im Vergleich dazu ist diese Stadt zu ruhig für Leute unseres Metiers«, flüsterte sie nervös.
Neville war überzeugt, dass die einfachen Einkünfte, die er hier entdeckte, nur die Spitze des Eisbergs darstellten.
»Diese Leute sind so naiv«, hatte er gesagt, »sie werfen mir das Geld geradezu in den Rachen. Wenn wir hier fertig sind, ziehen wir weiter in die Städte im Süden, da gibt es nur wenige. Fünf Jahre in diesem Land, Süße, dann kehren wir in den Osten zurück und sind reicher, als wir es uns je haben träumen lassen. Wir hätten schon vor Jahren hierher kommen sollen.«
Mag ja sein, dachte Esme und zupfte eine rosa Rosenknospe aus einer Blumenvase, aber ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen als fünf Jahre in diesem langweiligen Land. Ich will zurück nach Hongkong. Wir hätten gar nicht erst fortgehen sollen.
Clive hatte gehofft, dass sie mit ihm zu Mittag speisen würde, aber das war kaum möglich, solange ein Ehemann im Hintergrund dräute, und so begleitete er sie zurück zum Hotel und ging dann widerstrebend seiner Wege. Er verfiel wieder in den depressiven Zustand, aus dem ihre entzückende Gesellschaft ihn erlöst hatte. Vorübergehend.
Sie war ihm über den Weg gelaufen, als er aus dem Bankgebäude trat und wieder einmal eine Ablehnung von diesem Trottel Ted Pask hinsichtlich der Aufstockung seines Darlehens hatte hinnehmen müssen.
Das war freilich Emilies Schuld. Der Verkauf des Kaufhauses in Maryborough hätte doch nicht so viel Zeit in Anspruch nehmen dürfen. Das Geschäft blühte, es war eine gute Investition, und die Kaufwilligen hätten eigentlich Schlange stehen müssen.
Verärgert stapfte er hinunter zur Fischbude, setzte sich mit einer Zeitung an einen langen Tisch und bestellte sich eine Schüssel Fisch-Kedgeree.
Ted Pask bewies schon eine außerordentliche Frechheit, wenn er behauptete, das Kaufhaus in Maryborough sei zu teuer veranschlagt, er würde es sofort verkaufen können, wenn er mit dem Preis herunterging, und dann bräuchte er kein neues Darlehen für das neue Unternehmen aufzunehmen. Was wusste der denn schon? Wütend knallte er die Zeitung auf den Tisch, nur um zu lesen, dass die Wetterexperten einen äußerst nassen Sommer voraussagten.
»Denen fällt wohl nichts anderes ein«, schnaubte er. »Weiß doch jeder, dass die Sommer hier nass sind. Ist schließlich Regenzeit, verdammt noch mal.«
Sein Büro, das Büro Mr. Clive Hilliers, des Eigentümers, befand sich auf dem Zwischenstock des Kaufhauses in Maryborough, mit Blick auf die Kurzwarenabteilung. Es war ein sehr ordentliches Büro; alle nicht aktuellen Schriftstücke wurden stets in Ordner abgeheftet, so dass der Mahagonischreibtisch nichts anderes zu spiegeln hatte als den Füllfederhalter aus Messing und das Tintenfass, den Pfeifenständer und den Aschenbecher aus Messing.
Emilie huschte zur Tür herein, schloss sie hinter sich und ließ sich in Clives Drehstuhl sinken. Sie fühlte sich schwach. All ihre Pläne waren gerade einer Katastrophe zum Opfer gefallen.
Erst vor einer Woche hatte sie ihren Entschluss gefasst. Sie würde ihn verlassen. Maryborough verlassen. Fortziehen … nicht nach Cairns, sondern
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