Wind des Südens
Hafen anlaufen. Übrigens, wussten Sie, dass der Premierminister Blitzwahlen ausgerufen hat?«
»Wie bitte?«
»Ja. Nicht, dass das irgendjemanden hier interessiert. Unser Wahlbezirk hier heißt Cook, und Bill Murphy ist unser Repräsentant. Haben Sie den schon kennen gelernt?«
»Ja, ich habe ihn in Brisbane getroffen. Ich hatte keine Ahnung, dass er diesen Bezirk repräsentiert, aber Moment mal. Diese Wahl. Woher wissen Sie das?«
Gooding zog eine zusammengelegte Zeitung aus der Tasche. »Da haben Sie’s. Es steht im Brisbane Courier.« Er fing an zu lesen. »Premierminister Douglas hat zum 4. November Wahlen ausgerufen, um den Streiks ein Ende zu machen, die nicht nur die Wirtschaft und die Agrargemeinden bedrohen … Was heißt Agrargemeinden?«
»Landwirtschaft«, sagte Raymond geistesabwesend. »Zeigen Sie her.«
Gooding reichte ihm die Zeitung. »Die Sache ist die, Mr. Lewis. Ich schätze, wir haben jetzt hier eine Bevölkerung von fast zehntausend, einschließlich der Gegend um den Palmer, und was ist, wenn die wählen wollen? Was soll ich dann tun?«
Raymond starrte auf das Datum der Zeitung. »Die ist älter als drei Wochen! Diese Zeitung ist längst überholt.«
»Tja, Sie glauben doch wohl nicht, dass wir hier die Zeitung von gestern kriegen. Wir können froh sein, wenn überhaupt eine ankommt. Und haben Sie gelesen, dass die Gewerkschaften jetzt bei den Chinesen den Daumen draufhalten?«
Raymond hörte nicht zu. Er hielt die Taktik des Premierministers für halsbrecherisch. »Der Trottel«, sagte er leise. »Tom McIlwraiths Partei wird ihn in Grund und Boden stampfen.«
Das interessierte Gooding. »Sie glauben, McIlwraith wird der neue Premier?«
»Ja.«
»Sind Sie für ihn oder für Douglas?«
»Für keinen von beiden«, antwortete Raymond mit tonloser Stimme. »Ich habe die Nominierung versäumt. Ich hätte das Wahlbüro von meiner Absicht, mich wieder als Kandidaten aufstellen zu lassen, informieren müssen, schriftlich und unter Zeugen, und zwar bis letzten Donnerstag. Der Zeitpunkt ist verpasst.«
Gooding zuckte mit den Schultern. »Na ja. Schätze, es ist kein toller Job, ständig im Parlament zu sitzen und sich Reden anzuhören.«
»Es ist verdammt noch mal besser, als hier mit einem halb abgeschnittenen Bein herumzusitzen«, fuhr Raymond ihn an, als seine Enttäuschung in Wut überging.
»Mist, dabei fällt mir ein«, sagte Gooding. »Wo zum Teufel steckt Ihr Hilfspolizist, dieser Snowbridge?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Nun, er ist mit Ihnen hergekommen und stand unter Ihrer Befehlsgewalt. Die Jungs in Maytown sagen, er lässt sich Kost und Logis immer noch aus Polizeimitteln bezahlen, vertreibt sich aber die Zeit mit Goldschürfen. Wie soll ich mich da verhalten?«
»Erschießen Sie ihn, wenn Sie wollen«, sagte Raymond wild, und Gooding lachte über die krasse Veränderung im Benehmen des Parlamentariers.
»Oh ja, wie ich zu sagen pflege, dieser Treck durch Schlamm und Blut macht hart.«
Als er gegangen war, versuchte Raymond, die Situation einzuschätzen. Er nahm noch einmal die Zeitung zur Hand und entdeckte einen Leserbrief mit dem Titel: »Jenseits des Steinbocks. Die Wildnis im Norden.«
Der Schreiber, ein Reverend Buck Wiley, legte dar, dass der Wendekreis des Steinbocks das zivilisierte Queensland von der Barbarei des nördlichen Teils der Kolonie trennte:
»Tausende von Goldgräbern, Kriminellen, Prostituierten, Dieben und Spielern bilden die Bevölkerung der Palmer-Goldfelder, doch um dorthin zu gelangen, müssen sie ein Spießrutenlaufen angesichts der mörderischen Attacken schwarzer Horden auf sich nehmen. Letzte Woche fielen zweihundert Schwarze über Goldgräber in einer Gegend namens Höllentor her und wurden schließlich verscheucht, doch acht Goldgräber fanden den Tod. Und als wäre das noch nicht genug, erhöhen Kämpfe zwischen europäischen und chinesischen Goldgräbern auch noch die Zahl der Opfer, so dass es zum Alltag gehört, auf dem Treck über Leichen zu stolpern.
Es liegt an Bill Murphy, dem für diesen Schandfleck zuständigen Abgeordneten, in Cooktown und dem Palmer-Distrikt
Weitere Kostenlose Bücher