Wind des Südens
Goldfeldern.
Eine Frau verkaufte heiße, in Zeitungspapier gewickelte Klöße, und sie rochen gut. Hector erstand zwei und schob sich, die Klöße balancierend, durch die Menge in Richtung einer Reihe von rechteckigen Wäschekörben, von denen ihm einer als Sitzplatz dienen sollte, doch da stieß ihn jemand in den Rücken, heftig! Sein Körper bäumte sich auf, er taumelte umher, verstört, stolperte ein paar Schritte weiter, war plötzlich sehr müde … schwindlig …, schaffte es bis zu dem ersten Korb und ließ sich erleichtert darauf niedersinken. Er hob einen Kloß zum Mund und schaffte es fast bis zum Kinn, während die Soße tropfte, und dann spürte er etwas Nasses am Rücken, ein kaltes Rinnsal, und während er noch zu verstehen versuchte und glaubte, einer der Wäschereiarbeiter hätte Wasser über ihm ausgegossen, schlug der Schmerz zu. Er kam so unvermittelt und heftig, dass ihm keine Zeit zum Schreien blieb. Die Klöße rollten in den Staub. Hector rang in Todesangst nach Luft. Er spürte noch, wie er von dem Korb herabglitt, glaubte zu ertrinken, den Kopf hochhalten zu müssen, klammerte sich an das Rohrgeflecht und tat, über den Korb geneigt, seinen letzten Atemzug.
Er sah aus wie ein Schlafender. Leute blickten zu ihm hinüber und gingen weiter. Einige hielten ihn für betrunken. Ließen ihn in Ruhe, damit er seinen Rausch ausschlief. Er war niemandem im Wege. Schnüffelnd kam ein Hund vorbei, verschlang die Klöße, leckte das Zeitungspapier an, beschnupperte den Mann und stahl sich davon. Ein heimtückischer Dieb durchsuchte seine Taschen. Innerhalb von Sekunden hatte ein weiterer sich seiner Stiefel bemächtigt. Irgendwann kam eine Frau aus der Wäscherei, schrie den stinkenden Betrunkenen an, er solle abhauen, versetze ihm einen Stoß, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, und rannte dann ins Haus, um zu berichten, was sie gesehen hatte, was da vor ihrer Tür lag.
Rasch hoben sie ihn auf, trugen ihn ins Haus und packten ihn, ein kleines Polster unter seinem Kopf, auf eine Bank. Versuchten, ihn wiederzubeleben, legten ein Handtuch über die Messerwunde, doch sie alle wussten, dass es zu spät war. Und so riefen sie einen bedeutenden Mann, einen Chinesen von großem Einfluss, und fragten ihn, was sie tun sollten.
Die Verwaltung in den Burrows konnte sich derlei Vorkommnisse nicht leisten. Die Asiaten, insbesondere die Chinesen, die die Mehrheit ausmachten, hatten genug Ärger mit den Weißen und dachten nicht daran, noch mehr Zorn auf ihre Häupter zu laden, indem sie einen Mord anzeigten. Den Mord an einem weißen Mann mitten im Chinesenviertel! Wenn das bekannt wurde, würde es zu einem Aufstand kommen, würden die Feindseligkeiten noch mehr angestachelt. Es würde zahlreiche Asiaten das Leben kosten, und dann die übliche willkürliche Ausweisungswelle von Seiten der Einwanderungsbehörde!
Sie begruben Hector auf dem einsamen Friedhof außerhalb der Burrows und versahen das Grab mit einem Stein, der sich kaum von den anderen unterschied. Die Inschrift ließ die Welt wissen, dass hier ein Kaukasier im Alter von dreißig Jahren heimgegangen war zu seinem Schöpfer. Und diese Inschrift war, wie sämtliche Inschriften auf den übrigen Grabsteinen, in Chinesisch verfasst.
Bartie Lee saß auf einer verbeulten Teekiste am Eingang zur Mine, als Jake auftauchte.
»Scheinst ordentlich Glück zu haben, wie, Jake?«
»Ich heiße Rory. Rory Moore. Was willst du hier?«
»Dachte, wir sollten mal reden.«
»Tja, da hast du dich geirrt. Es gibt nichts, worüber wir reden müssten.« Jake wusch sich in einem Eimer Gesicht und Hände und trocknete sich mit einem grauen Handtuch ab, das an einem Nagel in einer der Holzstützen hing.
»Siehst gut aus ohne Bart«, bemerkte Bartie Lee. »Und hast dir den Kopf geschoren wie ich. Hatten wohl beide den gleichen Gedanken, was?«
Er fand sich selbst ausgesprochen witzig, doch Jake war nicht amüsiert. »Hau ab. Ich hab zu arbeiten.«
Barties dunkle Augen wurden schmal. »Ich sag, wir reden, Boss. Besser für dich, wir gehen in dein Zelt und plaudern.« Er streichelte seinen dünnen Bart.
»Was soll dieser dämliche Bart?«
»Ah. Bin jetzt Japaner. Dieser Bart hier wird lang. Wie findest du meine
Weitere Kostenlose Bücher