Wind des Südens
das Wort »Meuterei«, das sie aufmerken ließ.
Meuterei. Ein seltsamer Ausdruck in diesem Zusammenhang. War er in Gedanken weiterhin bei der Meuterei auf der China Belle? Befand sich Sonny Willoughby noch hier?
Emilie begann zu weinen, doch der Regen auf ihrem Gesicht verbarg ihre Tränen. Sie wäre vor Scham im Erdboden versunken, hätte Sonny sie in diesem Moment getroffen und gesehen, wie sie ihr Leben verpfuscht hatte. Sie erinnerte sich an seine Worte, sie hätte es schlimmer treffen können … ein Scherz. Nur dass ihr inzwischen das Lachen vergangen war. Emilie war überzeugt davon, dass es viel schlimmer gar nicht mehr möglich war.
Das Haus befand sich zwei Straßen vom Ufer entfernt und bestand nur aus einem Schlafzimmer und einer Küche.
»Sieh doch, wohin du uns gebracht hast!«, brüllte Clive und stieß sie hinein. »Wenn du mir gleich mein Geld geschickt hättest, und zwar alles, hätte ich ein richtiges Haus bauen können.«
Während er den Großteil ihres Gepäcks ins Schlafzimmer warf, schlüpfte sie aus dem durchweichten Regenmantel, nahm den Hut ab und wollte in die Küche gehen. Aber Clive hielt sie zurück.
»Jetzt hör mir mal gut zu, Emilie …«
»Nein«, erwiderte sie und machte sich los. »Ich habe dir den ganzen Weg vom Schiff hierher zugehört, und jetzt muss endlich Schluss sein. Wir sind hier in einer neuen Stadt und können noch mal von vorn anfangen. Aber du musst dich beruhigen, Clive, und versuchen, dich ein wenig freundlicher zu verhalten. Ich dulde nicht, dass das wieder anfängt.«
Er versetzte ihr einen heftigen Schlag ins Gesicht, so dass sie zurücktaumelte und sich an einem Stuhl festhalten musste. Doch dieser kippte um, und sie stürzte zu Boden.
»Meinetwegen fangen wir von vorn an«, schrie er sie an. »Aber erst, wenn du begreifst, dass ich dich genauso gut auf die Straße hätte werfen können. Du hast hier gar nichts zu dulden! Du hast dich wohl etwas im Ton vergriffen. Und jetzt steh auf und lass das Theater.«
Als Emilie sich mühsam aufrappelte, tat er nichts, um ihr zu helfen.
»Mach Feuer«, befahl er. »Neben dem Ofen liegt trockenes Holz, und in der Ecke steht eine Kiste mit Proviant. Ein bisschen plötzlich, wenn ich bitten darf. Ich will nachsehen, wie die Bauarbeiten vorankommen.«
Sie war froh, ihn wenigstens eine Weile los zu sein. Ihr Gesicht brannte, und ein Zahn wackelte.
»So darf das nicht weitergehen«, schluchzte sie. »Nicht mit dem Baby. Ich muss ihm erzählen, dass ich ein Baby erwarte, wenn er zurückkommt. Dann wird er bestimmt nicht mehr so gewalttätig sein. Er hat doch so oft gesagt, wie sehr er sich einen Sohn wünscht.«
Nachdem sie ein Feuer angezündet hatte, hängte sie ihre nassen Kleider an die Haken an der Wand, wodurch die Luft im Raum noch dampfiger wurde. Dann ging sie zur Hintertür und betrachtete die trübe Umgebung. Durch den Nebel war nichts als dichtes graues Buschland zu sehen.
Am nächsten Tag nahm Clive Emilie mit zur Baustelle in der Abbot Street, einen Häuserblock von der Esplanade entfernt. Obwohl erst die äußere Fassade stand, war Emilie beeindruckt. Die beiden Läden – »Hilliers für Ihn« und »Hilliers für Sie« – waren durch einen offenen Torbogen verbunden. Ebenso wie bei dem Laden in Maryborough gab es im hinteren Teil des Gebäudes ein Zwischengeschoss für die Büros.
Während sie die Baustelle besichtigten, erschienen die Glaser, um die Fensterscheiben einzupassen, was bedeutete, dass man bei den restlichen Arbeiten keine Rücksicht mehr auf das Wetter würde nehmen müssen. Clive war begeistert. Er heftete sich an die Fersen der Handwerker, die die Scheiben ausluden, und warnte sie aufgeregt, bloß aufzupassen und nicht auf dem mit Sägemehl bedeckten Boden auszurutschen. Auf Schritt und Tritt redete er auf sie ein, bis sich einer der Glaser umwandte.
»Hören Sie zu, alter Junge, wir entbinden hier keine Babys. Es sind nur Glasscheiben. Und jetzt gehen Sie uns aus dem Weg.«
Erstaunlicherweise trat Clive den Rückzug an und trollte sich zu Emilie auf die Veranda.
»Die Läden sind viel größer und luftiger, als ich gedacht habe«, meinte sie zu ihm.
»Das liegt
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