Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
Hawthorne nicht erschießen. So etwas würde er nie im Leben tun. Er ist ein guter Junge, unser Jake.«
             
            Sie hüllten die Leiche in ein Betttuch und legten sie in die von Ted gemauerte Butterei, die aussah wie ein Bienenkorb. Und die niemals, so dachte Tessie, einem so entsetzlichen Zweck hatte dienen sollen. Während sie noch überlegten, wie sie am besten vorgehen sollten, schwor sie sich, dass die entweihte Butterei künftig nur noch als Holzschuppen dienen sollte.
            Obwohl es im Laufe des Tages warm geworden war, standen die Männer fröstelnd am Feuer, als Tessie Tee kochte.
            »Es geht nicht anders«, sagte Ted schließlich. »Ich muss in die Stadt zum Polizeivorsteher und ihm sagen, dass es einen Unfall gegeben hat.«
            »Du willst ihm sagen, dass Jake einen Polizisten erschossen hat?«, kreischte Tessie. »Sie werden uns nicht glauben, dass es ein Unfall war.«
            »Doch«, entgegnete Ted ruhig. »Denn es war ja ein Unfall.«
            »Ich traue denen nicht. Nein, das darfst du nicht tun. Sie werden unseren Jungen aufhängen.«
            Daraufhin fing Jake an zu schreien. »Ma hat Recht. Du kannst mich nicht den Hunden zum Fraß vorwerfen. Wir können ihn unten auf der Koppel begraben, und kein Mensch erfährt was davon.«
            »Einen Bullen? Das wäre Wahnsinn. Sie werden ihn suchen. Jeder einzelne Soldat, Bulle und Sträfling wird auf die Suche geschickt. Dann finden sie das Grab, und wir werden alle aufgeknüpft.«
            »Auch, wenn wir es gut verstecken?«, fragte Tessie.
            »Mutter, sie haben schwarze Spurenleser«, sagte er traurig. »Ich wollte, es wäre so einfach. Und was ist mit seinem Pferd? Mit dem Brandzeichen der Polizei? Was machen wir mit dem Pferd?«
            »Wir lassen es einfach laufen«, schlug sein Sohn vor. »Hat nichts mit uns zu tun.«
            Doch Ted versuchte, einige Fragen vorwegzunehmen.
            »Sie werden wissen wollen, warum er hier war. Er war vorher noch nie bei uns. Und warum er sein Pferd oben bei den Fichten zurückgelassen hat.«
            Jake wusste eine Antwort darauf. »Er ist eben vorbeigekommen. Wir können sagen, er kam zufällig vorbei.«
            »Ja? Und als er vom Pferd stieg, hast du ihn vor Schreck erschossen. Nein, gib mir meinen Hut, Mutter. Ich reite zur Stadt. Und bringe es hinter mich.«
            »Das darfst du nicht!«, schrie Jake. »Die stecken mich ins Gefängnis!«
             
            Zuerst waren sie schockiert auf der Polizeiwache von Goulburn, dann ungläubig. Und dann begannen sie zu reden.
            »Er denkt, sein Sohn hat den armen Roy Hawthorne versehentlich erschossen? Guter Witz. Was wollte Roy denn bei denen? Wie konnte es passieren, dass er sich von einem Kind erschießen ließ? Und warum? Das ist die eigentliche Frage. Ein Unfall war das nicht. Warum hat er Roy erschossen? Was war da draußen los? Was wusste Roy, dass man ihn erschießen musste? Viele von diesen Kerlen draußen auf den abgelegenen Farmen geben für ein paar Shilling hier und da Buschkleppern Unterschlupf. Wer war sonst noch da?«
            So tuschelten sie auf der Wache. Polizeivorsteher Carl Muller und vier Polizisten sowie zwei ihrer besten schwarzen Spurenleser begleiteten Ted zurück zu seiner Farm, und nicht weit hinter ihnen folgte der Leichenwagen.
            Muller ließ seine Leute als Wachen bei den Tussups zurück und ging selbst mit den Spurenlesern hinaus, um sie zu beobachten und ihnen zuzuhören. Der Verlust Hawthornes traf ihn tief, denn er war nicht nur ein äußerst zuverlässiger Polizeibeamter, sondern obendrein sein Schwager. Das Überbringen der traurigen Nachricht an seine jüngere Schwester wollte er aufschieben, bis er die Leiche identifiziert hatte.
            Die Aborigines untersuchten die Stelle, an der Roy umgekommen war. Das Blut war noch so frisch, dass es Fliegen anzog. Die Männer brauchten nicht lange, um Teds Geschichte zu widerlegen. Sie folgten Roys Fußspuren durchs weiche Gras bis zu den Fichten, wo, wie die Tussups sagten, sein Pferd angebunden gewesen war, wenngleich es jetzt vor dem Haus stand.
            Sie kamen zurück zu der Stelle, an der die Leiche gelegen hatte, deuteten und nickten zustimmend, bis ihr Sprecher, ein Mann namens Deadeye, anfing zu erklären, was sie herausgefunden

Weitere Kostenlose Bücher