Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
Anblick einer Biene völlig den Verstand verloren hat.«
            »Ist das dokumentiert oder ein Gerücht?«
            »Ach, das steht sicher irgendwo.«
            »Und Sie halten Lady Horwood für eine Gewächshausblume?«
            Verunsichert durch seinen Tonfall, machte die Oberschwester einen Rückzieher. »Ach, du meine Güte, so würde ich das nun auch wieder nicht nennen, aber sie setzt gern ihren Willen durch. Allerdings sind die Behandlungen, die sie verweigert, nicht verpflichtend.«
            »Lady Horwood hat im Rahmen dieser Meuterei Schreckliches durchgemacht«, wandte er ein, und die Oberschwester stimmte zu.
            »Ich weiß. Das habe ich alles schriftlich. Doch ihr Mann sagt, ihre Erfahrungen seien nicht schlimmer gewesen als die der anderen beiden Frauen.« Sie schlug eine Akte auf, blätterte um und las die Namen. »Mrs. Caporn. Und sogar eine ältere Dame war dabei, eine Mrs. Plummer.«
            »Das ist nicht wahr. Ich fürchte, Sie kennen nur die Hälfte der Geschichte«, setzte Raymond gerade zu einer Erklärung an, als ein hoch gewachsener Mann mit grauem schütterem Haar und einem dünnen Bärtchen hereinkam. Er bedachte Oberschwester Bassani nur mit einem knappen Nicken und wandte sich dann sofort an den Besucher.
            »Sie sind Mr. Lewis?«
            »Ja.« Raymond erhob sich und streckte dem Mann zur Begrüßung die Hand entgegen. Doch der Arzt ging nicht darauf ein.
            »Ich bin Dr. Shakell, der Chefarzt. Sie, Sir, begehen Hausfriedensbruch. Ich fordere Sie auf, sich auf der Stelle zu entfernen.«
            »Aber, Herr Doktor, dieser Herr hat einen Termin mit mir«, wandte die Oberschwester ein.
            »Ihre privaten Verabredungen können Sie in Ihrer Freizeit treffen, aber nicht hier im Krankenhaus.«
            Während sie puterrot anlief, ergriff Raymond das Wort.
            »Mit Ihrer Unhöflichkeit dienen Sie der Sache nicht, Herr Doktor. Ich bin Anwalt und ein persönlicher Freund von Sir Lyle und Lady Horwood. Ich habe ein Recht, hier zu sein.«
            »Haben Sie nicht. Lady Horwood darf keine Besucher empfangen. Ihr Gatte und ich sind uns darin einig.«
            Nachdem sie eine Weile herumgestritten hatten, erklärte Raymond sich mit Shakells Forderungen einverstanden, allerdings nur, wenn er zuvor den Abschnitt von Constances Krankenakte einsehen könnte, den die Oberschwester gerade erwähnt hatte.
            Erwartungsgemäß lehnte Dr. Shakell rundheraus ab.
            »In diesem Fall werde ich die Gesundheitsbehörden in Kenntnis setzen, dass ich rechtliche Schritte gegen Sie einleite, Dr. Shakell. Nicht gegen diese Einrichtung, sondern gegen Sie ganz persönlich, und zwar wegen Pflichtverletzung.«
            »Wovon zum Teufel reden Sie?«
            »Sie haben mich sehr wohl verstanden. Ich verlange Einblick in diese Unterlagen.«
            »Was wollen Sie damit beweisen?«
            »Vielleicht, dass ich mich geirrt habe und dass man Ihnen keinerlei Versäumnisse nachweisen kann.«
            »Dazu brauche ich Ihre Belehrung nicht. Ich gestatte Ihnen nicht, die Unterlagen einzusehen. Bitte gehen Sie jetzt. Ihr Wunsch, mit Lady Horwood zu sprechen, ist abgelehnt. Sollten Sie die Dame zu einem anderen Zeitpunkt besuchen wollen, können Sie das mit schriftlicher Genehmigung ihres Ehemannes tun. Haben Sie mich verstanden?«
            »Ja, ich bedauere, falls ich Sie unabsichtlich verärgert haben sollte«, entgegnete Raymond rasch und änderte seine Taktik. »Allerdings mache ich mir Sorgen um meine liebe Freundin Lady Horwood. Als ich gestern mit ihr reden konnte und sie mir sagte, sie sei recht zufrieden hier, war ich sehr erleichtert.«
            Das Kompliment stimmte Shakell ein wenig versöhnlicher. »Hin und wieder wird unsere Arbeit auch geschätzt«, murmelte er.
            »Dann beantworten Sie mir bitte nur eine Frage. Ich weiß, wie Lady Horwood in den Händen der Bestien auf der China Belle leiden musste, denn ich war selbst dabei. Ein Teil dieser Geschichte ist in Ihren Unterlagen verzeichnet. Ich nehme an, der Rest steht anderswo. Damit meine ich die Schilderung ihrer Entführung.«
            Der Arzt schüttelte ungeduldig den Kopf. »Welcher Entführung?«
            »Lady Horwood wurde von der Mannschaft entführt und an Land verschleppt. Der kurze

Weitere Kostenlose Bücher