Wind des Südens
säumten Ruinen die Straßen. Einige Häuser waren jedoch weitgehend unzerstört, und andere wurden bereits wieder aufgebaut. Allerdings schienen die Menschen, die ihren Geschäften nachgingen, müde einherzuwanken, als hätten auch sie persönlich Schäden davongetragen.
Auf dem Weg in die Stadt fand Chang einen Ausdruck für die allgemeine Verheerung, die Jesse sehr amüsierte. Der Chinese meinte, Cairns sei »krank« und brauche einen »guten Arzt«.
»Das können Sie laut sagen«, erwiderte Jesse lachend. Doch gleichzeitig fiel ihm auf, dass die beiden Chinesen Mal argwöhnisch beäugten.
Als Wu Tin Chang etwas zurief, war sein Tonfall verängstigt.
»Was hat er gesagt?«, wollte Jesse von Mal wissen.
»Keine Ahnung.«
»Ich dachte, du sprichst Chinesisch.«
»Schon, aber diesen Dialekt kenne ich nicht.«
»Er fragt, ob Sie ihn jetzt ins Gefängnis bringen«, übersetzte Chang.
»Nein. Antworten Sie ihm, dass ich ihn auf kürzestem Weg dorthin begleite, wo Sie Fahrkarten kaufen können, um dieses Land zu verlassen.«
»Sehr gut.« Mit einem selbstzufriedenen Grinsen lehnte Chang sich zurück. Jesse, der nicht genug über die Situation informiert war, um sie beurteilen zu können, beobachtete alles schweigend.
Sie ritten zum Hafen, wo eines der Lagerhäuser wieder aufgebaut worden war. Ein langer Wellblechschuppen beherbergte nun den Zoll, die Einwanderungsbehörde und die Büros der Schifffahrtsgesellschaften.
Mal sah Jesse an. »Haben sie sich jetzt alle gemeinsam eingerichtet?«
»Ja. Die Pläne für größere und komfortablere Gebäude lagen schon lange auf dem Tisch, und dank des Sturms werden sie jetzt in die Tat umgesetzt. Sagt zumindest der Gouverneur.«
»Ausgezeichnet!« Mal nickte den Chinesen zu. »Wir sind da, Chang. Hier können Sie Ihre Fahrkarten kaufen. Haben Sie genug Geld?«
»Ja.« Der Chinese sprang aus dem Sattel und ging zu Wu Tin hinüber. »Entschuldige dich bei Mr. Willoughby. Du hattest Glück, dass er dich nicht angezeigt hat. Er ist ein gütiger Mann und hat Verständnis für deine Befürchtungen.«
Mit einem Stöhnen stieg Wu Tin ab, verbeugte sich zitternd vor Mal, band die Pferde an ein Geländer und eilte Chang nach, der eine kleine Ledertasche geschultert hatte und schon in das Gebäude ging.
»Hier, nimm das«, meinte Mal und schob Jesse einige Unterlagen zu.
»Was ist das?«
»Changs Papiere.«
»Aber er wird sie brauchen.«
Mal zwinkerte. »Ich weiß. Jetzt muss ich weg.«
»Wohin?«
»Ich reite zurück.«
»Was?«
»Ich muss noch mal zum Hodgkinson, um etwas zu überprüfen.«
»Jetzt?«
»Ja, jetzt. Es wäre klüger, wenn du dich auch aus dem Staub machst. Andererseits würdest du mir einen Gefallen tun, wenn du die beiden im Auge behältst, während ich unterwegs bin. Ich muss wissen, wo sie sich rumtreiben.«
»Ohne Papiere kommen sie nicht weit.«
»Los, verschwinden wir.«
Er ritt an der offenen Tür vorbei und rief Chang zu: »Wir sehen uns später.«
Chang winkte zurück. Mit einer majestätischen Geste, um den beiden Beamten an dem Brettertisch gegenüber der Tür zu zeigen, dass er sich in der Gesellschaft ortsansässiger Herren befand, von denen einer überdies ein Freund ihres Gouverneurs war.
»War das nicht Willoughby?«, fragte der eine Beamte den anderen. Doch Chang antwortete an seiner Stelle.
»Ja, das ist mein Freund, Mr. Willoughby.«
»Und wer sind Sie?«
»Ich bin Chang Soong, und das hier ist mein Diener Wu Tin. Wann fährt das nächste Schiff nach Cooktown?«
»Papiere bitte.«
»Ich möchte zwei Fahrkarten kaufen, Sir.«
»Ihre Papiere«, wiederholte der Beamte gleichmütig. »Die Büros der Schifffahrtsgesellschaften sind gleich dort drüben. Aber zuerst muss ich Ihre Papiere sehen.«
»Meine Papiere habe ich bei mir. Doch mein Diener Wu Tun besitzt leider keine Papiere. Er ist als Kuli von Herrn Li ins Land gekommen.«
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