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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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»Wer ist Herr Li?«
            Während der Befragung wühlte Chang in seiner Tasche nach den Papieren. Die Tasche enthielt zwei von Banknoten überquellende Geldbörsen, chinesische Dokumente, Lesestoff, das wertvolle Empfehlungsschreiben der Dame Xiu, Changs Arbeitstagebücher und die gelegentlichen Aufzeichnungen über seine Reisen, ordentliche Auflistungen seiner Finanzen und Außenstände, Schreibpapier und Pergament, Tinte, Pinsel und weiteren Kleinkram, einschließlich einiger Goldringe, die er verarmten Goldgräbern abgekauft hatte. Doch die Einreisepapiere – zwei Seiten auf Englisch und unterzeichnet von den Behörden, die ihm eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis für zwei Monate erteilt hatten – konnte er einfach nicht finden. Was war nur mit ihnen geschehen?
            »Haben Sie Gold bei sich?«, erkundigte sich der wartende Beamte.
            »Nein.«
            »Sieht aus, als hätten Sie ziemlich viel Geld. Woher haben Sie das?«
            »Mein Gehalt, Sir. Ich war Minenverwalter.«
            »Und was machen wir jetzt mit Ihrem Kumpel hier? Keine Papiere, keine Schiffsreise, verstanden?«
            Chang suchte weiter, breitete seine Habe auf dem Betonboden aus und überlegte, wo er die Papiere nur hingetan haben mochte.
            Vielleicht hatte er sie ja in der Tasche eines Kleidungsstücks vergessen. Seit er die Papiere bei seiner Ankunft in Cooktown zuletzt gesehen hatte, war eine Ewigkeit vergangen. Seitdem hatte er sie nicht mehr gebraucht. Er schrie Wu Tin an und beschuldigte ihn, sie verloren oder versehentlich weggeworfen zu haben, da sein Diener schließlich weder chinesisch noch englisch lesen und schreiben konnte.
            »Ich bedaure, Sir, aber ich kann sie nicht finden. Ist es möglich, dass ich mir neue kaufe?«, fragte er.
            Den Beamten schien das alles nicht anzufechten. Er seufzte nur auf. »Schon wieder zwei ohne Papiere. Passen Sie auf, Mr. Chang. Sie können keine neuen Papiere kaufen. Wir schreiben an die Einwanderungsbehörde in Cooktown, die Ihre Daten und sicher auch die Ihres Freundes im Archiv hat. Sobald wir Ihre Nummern bekommen haben, die beweisen, dass Sie sich nicht illegal im Land aufhalten, können Sie abreisen. Bis dahin …« Durch die Finger stieß er einen schrillen Pfiff aus, der zwei kräftig gebaute Wachmänner von der Einwanderungsbehörde herbeirief.
            Chang protestierte, jammerte und verlangte, Mr. Willoughby um Rat fragen zu dürfen.
            »Der kann Ihnen auch nicht helfen. Oder soll er Ihre Papiere herzaubern?«
            »Wohin bringen Sie uns?«, schrie Chang, als die Wachmänner begannen, sie nach Waffen zu durchsuchen.
            »Sie kommen zu den anderen in die Festung, bis wir wissen, was los ist. Ohne Papiere können Sie in Cooktown ohnehin nicht an Land gehen.«
            Wu Tin, der nun sicher war, ins Gefängnis zu müssen, fing an zu brüllen und beteuerte, nicht er, sondern Chang habe Tussup auf dem Gewissen. Doch Chang starrte ihn nur finster an, bis er den Mund hielt. Von den übrigen Anwesenden hatte sowieso niemand ein Wort verstanden.
            »Was ist mit unseren Pferden?«, erkundigte Chang sich höflich, überzeugt, dass er dank der Fürsprache seiner wichtigen Freunde – oder, wenn nötig, auch durch Bestechung – nicht lange in dieser Festung, oder was immer das auch sein mochte, würde bleiben müssen.
            »Wenn Sie das Land verlassen wollen, ist es ohnehin das Beste, wenn Sie die Pferde verkaufen«, sagte eine der Wachen zu Chang, als sie abgeführt wurden. »Ich heiße Wiley und könnte sie für ein Pfund Beteiligung losschlagen, wenn Sie möchten. Bis dahin werden sie im Polizeipferch untergestellt. Dort können sie immer ein paar Ersatzpferde gebrauchen.«
            Ihre Siebensachen auf dem Rücken, wurden die beiden Chinesen einige Straßen weit stadtauswärts eskortiert und von bewaffneten Wärtern in ein von einem hohen Zaun umgebenes Lager eingelassen, wo sich bereits Hunderte ihrer Landsleute befanden. Wu Tin verschwand sofort in der Menge, während Chang am Zaun entlangging und sich nach einer sicheren Ecke umsah. Er war unbewaffnet und hatte eine Menge Geld bei sich. Das war ziemlich gefährlich, und er sagte sich erbittert, dass er es mit einem echten Gefängnis wohl besser getroffen hätte. Er musste sich so schnell wie möglich mit Willoughby in Verbindung setzen.

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