Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
nach der Flasche und einem Zinnkrug. »Möchtest du einen Schluck?«
            »Danke, nein.«
            Während sie die Einzelheiten von Tussups Ermordung erörterten, stellte Jesse zu seiner Überraschung fest, dass Mal sich Vorwürfe machte. »Bei meiner Rückkehr aus China war ich so außer mir, dass ich alle Beteiligten für Mörder hielt. Ich habe Plakate drucken lassen, auf denen ich Bartie Lee und Jake Tussup als Mörder bezeichnete. Das waren sie in meinen Augen damals auch. Für mich trugen sie die Schuld an Jun Liens Tod.«
            »Verständlicherweise.« Jesse seufzte. »Aber die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen. Du kannst nichts mehr daran ändern.«
            »Du machst es dir zu einfach. Immerhin habe ich dem Mann die Meute auf den Hals gehetzt und bin im Grunde genommen für seinen Tod verantwortlich. Erinnerst du dich an Constance Horwoods Worte, Tussup habe sein Leben riskiert, indem er sie aus Bartie Lees Lager hinausgeschmuggelt, ihr Kleider besorgt und sie über den Fluss nach Cooktown gebracht hatte? Doch ich habe mich davon nicht beeindrucken lassen. So verhärtet war ich, dass es mir auch egal gewesen wäre, wenn er sie wohlbehalten in Cairns abgeliefert hätte.«
            »Du gehst zu streng mit dir ins Gericht. Meinetwegen bereue es, Mal, wenn es unbedingt sein muss. Schuldgefühle brauchst du jedoch keine zu haben. Tussup war auf der Flucht vor dem Gesetz, nicht vor dir. Oben im Norden sind die Leute nicht zimperlich. Genauso gut hätte ihn die Polizei erschießen können.«
            »Spar dir die Mühe, Jesse, ich kann die Tafel nicht einfach blank wischen. Ich werde Chang und Wu Tin der Polizei übergeben und eine Aussage machen, die ihnen mildernde Umstände zugesteht. Siehst du, ich habe im Gefängnis etwas gelernt.« Er lächelte. »Ich werde erklären, dass ich die Schuld an dieser Tragödie trage.«
            »Nein!«, rief Jesse, der vor Schreck beinahe vom Stuhl gefallen wäre, aus. »Nein, genau das erwartet Chang doch von dir! Mein Gott, Mal, willst du diesen ganzen Justizwahnsinn etwa noch einmal über dich ergehen lassen? Du wärst für die Polizisten der Hauptverdächtige. Die Chinesen würden bestenfalls wegen Mittäterschaft angeklagt werden. Schlimmstenfalls könnte es sogar heißen, du hättest sie angestiftet, dir die Drecksarbeit abzunehmen. Begreifst du nicht, was Chang dir mitteilen wollte? Es wird ihm nicht reichen, dir die Schuld zuzuschieben. Nein. Er droht dir, dass du mit ihnen zusammen untergehen wirst!«
            »Ich weiß.«
            »Dann lass dir eines gesagt sein, mein Freund: Wenn du wieder vor Gericht stehst, werden die Leute sich fragen, ob du damals wirklich nicht an dem Mord und dem Goldraub beteiligt gewesen bist. Mir ist klar, dass du es nicht warst und zu Recht freigesprochen wurdest, aber etwas bleibt immer hängen, Mal. Und wenn du dich jetzt zu weit aus dem Fenster lehnst, ist es endgültig vorbei mit dir.«
            Da Jesse trotz seiner überzeugenden Einwände befürchtete, in dieser Meinungsverschiedenheit zu unterliegen, versuchte er, Zeit zu gewinnen. »Ich möchte, dass du nichts unternimmst, bevor die Leiche eindeutig identifiziert wurde.«
            »Es ist Jake Tussup.«
            »Was ist, wenn das nicht stimmt? Die beiden könnten dich auch belogen haben.«
            »Haben sie nicht.«
            Jesse räusperte sich. »Du hast dich umgehört. Die Polizei hat erklärt, sie hätte eine Leiche gefunden. Hast du angeboten, sie zu identifizieren?«
            »Nein. Wie ich gerade sagte, habe ich es in einem Pub aufgeschnappt.«
            »Wer hat den Toten denn identifiziert?«
            »Niemand.«
            »Und woher wollen sie dann wissen, dass es Tussup ist?«
            »Sie wissen es nicht. Im Gegensatz zu mir. Sie haben keine Ahnung, wer der Mann ist … war.«
            »Also gut. Jetzt ist aber Schluss. Du kannst die beiden Vögel ja im Käfig lassen, bis ich herausgefunden habe, um wen es sich bei dem Toten wirklich handelt. Bis dahin, Sonny, unternimm um Himmels willen nichts. Mach dich nicht lächerlich, indem du behauptest, eine Leiche identifizieren zu können, die du nie gesehen hast.«
            Das Herumstreiten hatte Jesse ermüdet. »Ich muss noch arbeiten. Du gehst jetzt nach Hause und ruhst dich aus. Wir sehen uns später. Du könntest auch den Damen einen Besuch

Weitere Kostenlose Bücher