Wind des Südens
abstatten. Eleanor und Esme. Schließlich bist du doch ihr Liebling.«
»Ich? Seit wann das? Ich dachte, du gibst hier den Romeo?«
Jesse begleitete Mal zum Haupteingang der Cairns Post und blickte ihm nach, als er davonritt. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sein Freund außer Sichtweite war, eilte er die Straße hinunter, um mit seinem Freund Sergeant Connor ein ernstes Gespräch zu führen.
»Ich habe Neuigkeiten für dich. Unweit von Merthyr’s Ferry hat es einen Mord gegeben.«
»Wer behauptet das?«
»Der Buschtelegraf. Deine Leute haben die Leiche noch nicht identifiziert, doch ich finde, du solltest es wissen, bevor sie den Toten begraben und dann das Gedächtnis verlieren.«
»Wenn sie so etwas noch mal tun, dann gnade ihnen Gott«, murmelte Connor. »Ich schicke sofort jemanden hin.«
»Ja, wir müssen dem Anlass gerecht werden und dem Ermordeten zu einem christlichen Begräbnis verhelfen«, verkündete Jesse.
»Und dir zu Stoff für einen Artikel! Weißt du, wer es war?«
»Nein, ich hörte nur, er sei hinterrücks erschossen worden. Aber ich möchte dich um einen Gefallen bitten. In der Festung sitzt ein kleiner Chinese namens Wu Tin. Er ist nur ein Diener, den die Gebrüder Li ins Land gebracht haben. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gern an Sergeant Gooding in Cooktown telegrafieren und ihn bitten, sich das von den Lis bestätigen zu lassen und mir die Nummer seiner Einreisegenehmigung zu besorgen.«
»Klar, nur zu. So spare ich mir Arbeit, und die Telegrammgebühren übernimmt die Post.«
Jesse hastete zum Postamt, wo er ein sorgfältig formuliertes Telegramm abschickte. Für die Antwort bezahlte er im Voraus, um sich bei Gooding beliebt zu machen. Anschließend kehrte er an seinen Schreibtisch zurück, wo er Changs Einreisepapiere aus dem Schreibtisch holte, sich die Daten notierte und die Dokumente wieder in der Schublade verstaute.
Als er seine Bemühungen Revue passieren ließ, seufzte er zufrieden auf. »Du hast mich gebeten, auf seine Papiere zu achten, Mal«, murmelte er. »Und sie bleiben auch hier in meinem Gewahrsam. Allerdings hast du mir nicht verboten, sie abzuschreiben.«
Danach verließ er die Redaktion und ging zum Büro der Schifffahrsgesellschaft, wo er zwei Billetts dritter Klasse auf einem japanischen Schiff erwarb. Es war das einzige Schiff im Hafen, das nach Norden fuhr, und sollte am Samstagvormittag in See stechen und zuerst Cooktown und anschließend Singapur anlaufen.
Das wird Chang und seinen Kumpan freuen, dachte Jesse. Mal hingegen würde ziemlich verärgert sein, aber es war nur zu seinem Besten. »Tussup kann ich nicht wieder lebendig machen«, sagte er sich. »Doch wenn ich die beiden Chinesen außer Landes schaffe, haben sie nicht mehr die Möglichkeit, ihn des Mordes zu beschuldigen. Jetzt kann ich nur hoffen, dass Mal nicht schwach wird und sie anzeigt und dass das wachsame Auge des Gesetzes nicht in ihre Richtung blickt, bevor sie weg sind.«
Um Chang zu beruhigen, begab Jesse sich zur Festung und teilte dem Chinesen mit, dass er und Wu Tin mit ein wenig Glück am Freitag wieder auf freiem Fuß sein würden.
Chang war überglücklich und bedankte sich überschwänglich für Jesses Güte. »Ist Mr. Willoughby schon zurück?«, erkundigte er sich dann.
»Ja. Er hat mich gebeten, all das in die Wege zu leiten. Er ist zu Hause und fühlt sich nicht wohl. Er hat Fieber.«
»Ich dachte, Sie hätten gesagt, er lebe nicht in dieser Stadt.«
»Das ist richtig, Chang. Aber wenn er sich vorübergehend hier aufhält, wohnt er bei mir.«
»Aha. Ist es Ihr eigenes Haus? Kommt der Gouverneur zu Ihnen auf Besuch?«
»Nein, ich fürchte nicht. Ich bin nur ein einfacher Journalist.«
»Sie sind ein sehr guter Mensch, Sir.«
»Du weißt ja gar nicht, wie gut, du Dreckskerl«, knurrte Jesse unhörbar, als er davonging.
Gooding hatte ihm Wu Tins Daten geschickt, so dass nun alles in Ordnung war. Jesse beabsichtigte, die Chinesen am Freitagabend aus der Haft zu holen und aufs Schiff zu bringen. Da es erst Donnerstagnachmittag war, würde er sich noch über vierundzwanzig Stunden gedulden müssen.
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