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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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in Übung, woran es nichts auszusetzen gab.
            Mal fiel die unangenehme Begegnung mit Clive Hillier ein, den er getroffen hatte, als er an Bord ging.
            »Ich höre, du willst nach Brisbane. Wohl hinter meiner Frau her, was?«
            Er hatte Hillier nur angesehen und leise »Nein« gesagt, obwohl er nicht übel Lust gehabt hätte, den Kerl ins Hafenbecken zu stoßen.
            Die kurze Schiffsreise verlief ereignislos und angenehm. Alle vermieden es sorgsam, das Thema China Belle anzuschneiden. Immer wieder überlegte Mal, ob er mit Eleanor ein ernstes Gespräch über Jake Tussup führen sollte, denn schließlich war sie eine kluge und weltgewandte Frau. Doch er verkniff es sich. Gewiss hätte Eleanor ihm die vernünftige Empfehlung gegeben, endlich loszulassen. Schließlich hatte sie schon öfter derartige Andeutungen gemacht. Allerdings war Mal noch nicht bereit gewesen, ihren Rat anzunehmen. Wozu also das Ganze?
            Und Esme? Konnte er mit ihr darüber reden? Vermutlich nicht. Sie war ohnehin unschlüssig. Einerseits hasste sie Tussup aus tiefster Seele, was nicht zu übersehen war, doch andererseits wollte sie nicht, dass Mal ihn sich vorknöpfte, und zwar aus einem offensichtlichen Grund: Es würde nur Ärger geben.
            Mal verbrachte viel Zeit allein in seiner Kabine und überlegte, was er tun sollte, falls er Tussup in Brisbane über den Weg lief. Changs Behauptung, er habe ihn erschossen, beschäftigte ihn immer noch. Allerdings begriff er inzwischen, dass er gegen die Blutrache der Chinesen machtlos war.
            Da Raymond Tussup verteidigte – eine für ihn unbegreifliche Entscheidung –, waren sie selbstverständlich davon ausgegangen, dass der Verbrecher hinter schwedischen Gardinen saß, auch wenn das nicht in Raymonds Brief stand. Es hieß darin nur, er sei in Brisbane, und Mal hoffte, dass damit das Gefängnis gemeint war. Dann würde er zumindest nicht in Versuchung geführt werden, den Mann ordentlich zu verprügeln. Oder ihm noch Schlimmeres anzutun.
            Die Frauen wurden von Aufregung ergriffen, als der Dampfer über die Moreton Bay auf die Hafeneinfahrt von Brisbane zusteuerte. Doch Mal runzelte finster die Stirn, als sie die berüchtigte Insel St. Helena passierten. Hier befand sich das Gefängnis, in dem er auf seinen Prozess gewartet hatte. Er musste sich abwenden, um die Erinnerungen an die dort erduldeten Schrecken zu verscheuchen.
            »Lass das«, sagte er sich. »Hör auf damit. Vergiss es. Du hast sie für die dort verbrachten Monate bluten lassen. Die verdammte Regierung hat ihr Gold nie zurückbekommen.«
            »Aber ich war noch so jung«, widersprach eine innere Stimme. »Und noch nie in Schwierigkeiten geraten. Vor kurzem erst hatte ich Emilie kennen gelernt und mich bis über beide Ohren in sie verliebt. Und dann stürzte plötzlich ein Gebirge über mir zusammen.«
            »Nein!«, rief er. Es war ein lautloser Schrei, als das blaue Meer an ihm vorbeirauschte und ihn an Jun Liens grausamen Tod erinnerte. Schmerz, Leid und Verzweiflung kehrten zurück, und am liebsten hätte Mal sich in die kühlen, kristallklaren Fluten geworfen, um genauso zu enden wie sie.
            Esme, die auf ihn zukam, bemerkte seinen Tränen, und wandte sich rasch ab.
             
            Ein heftiger Wind zerrte an ihren modischen breitkrempigen Hüten, als Eleanor und Esme auf die Wharf Street traten, um die Hauptstadt der Kolonie zu erkunden. Sie stellten fest, dass Brisbane um einiges kleiner und provinzieller war, als sie es sich ausgemalt hatten.
            »Nach den vielen Menschen in den Städten des Fernen Ostens gewöhnt man sich nur schwer daran, dass hier nur so wenige Leute auf der Straße sind«, meinte Esme. »Ich habe das Gefühl, dass wir auffallen wie zwei Truthähne.«
            Mal, der sie eingeholt hatte, hörte diese Bemerkung. »Truthähne. Ach, du meine Güte, nein. Sie sehen beide so reizend aus, dass die Leute allen Grund haben, Ihnen bewundernd nachzublicken. Das Gepäck habe ich ins Hotel Treasury bringen lassen. Das ist sehr elegant und nicht weit von hier gelegen.«
            »Kennen Sie die Stadt gut?«, erkundigte sich Eleanor.
            »Ja. Ich bin hier einmal einem berühmten Buschranger begegnet und war sehr beeindruckt.« Ständig sah Mal sich um, in der Hoffnung, mit ein wenig Glück Tussup zu erspähen.

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