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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Aber vergeblich. Bald hatten sie das Hotel erreicht, wo man ihnen ihre Zimmer zeigte.
            »Ich lasse Sie nun eine Weile allein, meine Damen. Ich muss einiges erledigen.«
            »Sie wollen Raymond besuchen«, erwiderte Eleanor vorwurfsvoll. »Aber vermutlich können wir nicht alle gleichzeitig bei ihm hereinplatzen. Er wohnt in Paddington. Ist das sehr weit außerhalb?«
            »Eigentlich nicht. Doch zu weit, um zu Fuß zu gehen. Ich werde sehen, ob ich ihn antreffe. Sicher wird er Sie unbedingt sehen wollen, wenn er erfährt, dass Sie in der Stadt sind.«
            »Bis dahin«, meinte Esme, »können wir ja auspacken und im Salon einen Nachmittagstee trinken. Das wäre sicher nett.«
            »Einverstanden. Aber lassen Sie sich nicht zu viel Zeit, Mal. Ich sterbe vor Neugier und muss unbedingt alles über Tussup und die arme Constance wissen.«
            Mal wollte schon die Rezeption passieren, hielt dann aber, einer plötzlichen Eingebung folgend, inne und erkundigte sich beim Empfangschef, ob ein Mr. Tussup im Hotel wohnte. Er war nicht überrascht, als der Empfangschef verneinte.
            Allerdings zuckte er zusammen, als er fortfuhr: »Aber er war vor einigen Wochen hier. Mr. Jake Tussup …«
            »Ja!« Mal stockte der Atem. »Tatsächlich? In diesem Hotel?«
            »Jawohl, Sir«, erwiderte der Empfangschef, ein wenig verdattert.
            Leise fluchend ging Mal davon. Warum hatte der Dreckskerl bloß immer ein paar Tage Vorsprung?
            Dann jedoch kam ihm der erfreuliche Gedanke, dass Tussup vermutlich vom Hotel direkt ins Gefängnis gebracht worden war. Ins Gefängnis von Brisbane, ein heruntergekommenes, elendes Drecksloch. Da konnte Mal aus eigener Erfahrung sprechen.
             
            Miss Lewis öffnete die Tür. »Gütiger Himmel! Es ist Mr. Willoughby, richtig? Ich erkenne Sie von den Fotos in der Zeitung. Kommen Sie herein. Raymond wird sich sehr freuen, Sie zu sehen. Ich bin seine Schwester.«
            Sie brachte ihn durch die verglaste Vorhalle in einen geräumigen Salon, der mit braunen Teppichen, soliden Ledermöbeln und den Porträts streng dreinblickender Vorfahren ausgestattet war. In einer Ecke standen Farne und kleine Palmen in Übertöpfen aus Messing, die sich kaum von der dunklen Wandvertäfelung abhoben. Die Pflanzen rangen nach Luft und sonderten, offenbar als Anzeichen ihres Unbehagens, einen muffigen Geruch ab.
            »Raymond ist hinten und gibt den Gärtnern Anweisungen. Ich hole ihn. Ich war sehr bestürzt, als ich vom Tod Ihrer lieben Frau erfuhr, und möchte Ihnen mein aufrichtiges Beileid aussprechen. Es war ein schrecklicher Schock. Wir haben von der Tragödie auf der China Belle durch ein Telegramm aus Cairns Kenntnis bekommen. Sie können sich vorstellen, welche Angst …«
            Als sie ihren Bruder hereinkommen hörte, rief sie: »Raymond. Sieh doch, wer da ist! Möchten Sie Tee, Mr. Willoughby? Oder etwas Stärkeres?«
            »Tee wäre wunderbar. Danke, Miss Lewis.«
            Lavinia sprang auf und läutete nach dem Hausmädchen. Offenbar hatte sie nicht die Absicht, das Zimmer zu verlassen und das höchst interessante Gespräch zu verpassen, das dieser Besuch verhieß.
            Raymond war weniger erfreut über den Gast als seine Schwester. Doch Mal musste zugeben, dass er sich das nicht anmerken ließ und ihn freundlich begrüßte.
            »Tee, Raymond?«, fragte Lavinia, als das Hausmädchen den Kopf zur Tür hereinsteckte.
            »Nein«, erwiderte er mürrisch. »Nein. Was führt Sie zu mir, Mal?«
            »Eleanors Brief. Wo ist Tussup? Ich hoffe doch, im Gefängnis.«
            »Aber nein. Er steht nicht unter Anklage.« Lewis nahm die Brille ab und polierte die Gläser mit einem großen Taschentuch.
            »Sie müssen wissen, dass Mr. Tussup unangemeldet vor unserer Tür stand«, erklärte Miss Lewis. »Ebenso wie Sie heute. Raymond hat nur das getan, was er für das Richtige hielt. Mr. Tussup wollte seinen Namen wieder reinwaschen.«
            »Dazu braucht er aber ziemlich viel Wasser und Seife«, spottete Mal.
            »Im Großen und Ganzen betrachtet, gewiss«, erwiderte Raymond. »Allerdings machte ihm hauptsächlich zu schaffen, dass man ihn als Mörder verfolgt hat.« Er beugte sich vor. »Der Mann war verzweifelt,

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