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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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die Waffe zu entreißen. Selbst als Chang dabei in die Schusslinie geriet, feuerte er immer weiter. Chang stürzte zu Boden. Willoughby verschwand in der Dunkelheit.
            Wu Tin stieß einen Schrei aus und schubste Chang mit dem Fuß an. »Stehen Sie auf!« Doch dann sah er das Blut, das sich schwarz von dem hellblauen Hemd abhob. Der Fleck wurde größer. Wu Tin drehte sich um und feuerte ins Gebüsch; er wollte unbedingt Erfolg haben, wo Chang versagt hatte, um die Gunst von Herrn Li zu gewinnen und die Belohung einzustreichen.
            Die Trommel des kunstvoll gearbeiteten Revolvers mit den silbernen Verzierungen, die Wu Tin immer so bewundert hatte, war leer, weshalb er die Waffe in die Tasche steckte und losrannte. Nachdem er den ganzen Weg im Laufschritt zurückgelegt hatte, begab er sich schleppenden Schrittes an Bord, als wäre er müde. Was auch der Wahrheit entsprach.
            Einem japanischen Offizier, der ihn ansprach, antwortete Wu Tin höflich und ging sofort nach unten, um nach ihrer Habe zu sehen. Zu seiner Freude war der große Schrankkoffer noch verschlossen. Chang hatte zwar den Schlüssel bei sich, aber das war nicht weiter wichtig. Wu Tin wusste, was sich in dem Koffer befand, und konnte ihn jederzeit aufbrechen. Offenbar hatten sich die Dinge zum Guten gewendet. Er war nun dank Changs Geld ein reicher Mann, und niemand konnte ihm mehr Vorschriften machen. Ein Lächeln auf den Lippen, kuschelte er sich in seine Koje. Wenn die Japaner nach Chang fragten, würde er einfach antworten, sein Herr habe es sich anders überlegt und wollte nun nicht mehr mitfahren. Sie würden schon nicht nachhaken.
             
            Mal war alles andere als gleichgültig gestimmt. Er hatte beobachtet, wie Wu Tin nach der wilden Schießerei die Flucht ergriffen hatte. Als er anschließend zu Chang zurückgeeilt war, hatte er zu seinem Schrecken festgestellt, dass Blut aus der Brust des Chinesen quoll. Mal zog sein Hemd aus und presste es gegen die Wunde, um den Blutfluss zu stillen. Gleichzeitig rief er laut um Hilfe.
            »Zu spät«, flüsterte der Chinese. »Vielleicht bin ich doch Ihr wirklicher Freund.«
            »Das sind Sie. Halten Sie durch. Ich höre jemanden kommen.« Die Schüsse mussten doch irgendjemanden herbeigelockt haben, dachte er, während er Chang in die Arme nahm, um ihn zu wärmen, damit er wegen des Schocks nicht fror.
            Chang hustete. »Sie wissen, ich bin ein Gentleman«, murmelte er benommen.
            »Ja, und ich fühle mich geehrt«, erwiderte Mal auf Chinesisch. »Ich fühle mich sehr geehrt, einen Gentleman wie Sie zum Freund zu haben. Sehr geehrt …« Er wusste nicht, wie viel Chang noch verstanden hatte, denn sein Körper erschlaffte, und das Leben verschwand aus seinen Augen.
            Mal war verzweifelt. »Verdammt!«, rief er. »Hat denn das niemals ein Ende? Warum bist du nicht zu Hause geblieben, Chang?«
            »Was ist denn da los?«, rief ein Mann vom Tor her. »Sind Sie das, Jesse? Ist alles in Ordnung?«
            »Nein, ist es nicht«, erwiderte Mal.
             
            Noch in derselben Nacht wurde Wu Tin an Bord des japanischen Schiffes verhaftet und des Mordes angeklagt. Jesse war entsetzt, dass seine Einmischung Mal fast das Leben gekostet hatte. Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als seinem Freund ganz im Vertrauen zu erklären, er habe die beiden Chinesen außer Landes schaffen wollen, damit sie keine Bedrohung mehr für ihn darstellten.
            »Wie konntest du das tun, Jesse?«, empörte sich Mal. »Sie haben Tussup ermordet. Ich habe sie aus gutem Grund in der Festung gefangen halten lassen. Nachdem die Polizei jetzt die Leiche gefunden hat, hätte man sie zum Tode verurteilt – und nicht zu einer Vergnügungsreise nach China.«
            »Tut mir wirklich Leid. Aber ich hatte den Eindruck, dass sie dich in ziemliche Schwierigkeiten hätten bringen können. Tussup wäre dadurch auch nicht wieder lebendig geworden. Du hättest nichts daran ändern können. Und wenn die beiden auf ihrer Lügengeschichte bestanden hätten, sie hätten niemanden getötet …«
            »Hör auf, Jesse, bitte. Und tu mir in Zukunft nie wieder einen solchen Gefallen.«
            Irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt, dachte Jesse, würde er schon Gelegenheit bekommen, Mal zu erklären, dass es doch so etwas wie Gerechtigkeit gab.

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