Wind des Südens
Tochter war geschlagen und vergewaltigt worden. Sie war völlig verwirrt vor Angst. Ihre Nase und zwei Finger waren gebrochen, augenscheinlich, weil sie sich heftig gewehrt hatte, und zudem waren, wie die Frau meinte, mehrere Rippen angebrochen.
»Ich hole ihr einen Becher Gin zur Beruhigung«, sagte sie und lief davon.
Der Metzger nahm sein Gewehr vom Haken und lud es. Er tätschelte seiner Tochter den Kopf. »Hab keine Angst mehr. Dein Daddy lässt nicht zu, dass jemand dir was tut. Ich bleibe die ganze Nacht bei dir.«
Es war schon wieder hell, als er Cora genauer betrachtete, das schlimm zugerichtete Gesicht sah, die Haare …
Er musste schnellstens raus aus dem Zelt, um seine Wut in den Griff zu bekommen, sonst hätte er das arme Mädchen aufgeweckt.
»Wie geht es ihr?«, fragte sein Partner, doch der Metzger schüttelte den Kopf. »Das Schwein bring ich um.«
Die Vergewaltigung wurde angezeigt. Ein Polizist nahm die Ermittlungen auf. Der Metzger und die empörte Gemeinde bestanden darauf, dass zwei berittene Polizisten, die erst vor zwei Tagen nach Maytown beordert worden waren, den Vergewaltiger ausfindig machten. Aber seitdem war einige Zeit vergangen, eine Verhaftung hatte nicht stattgefunden, und der Metzger hielt die Männer für inkompetent.
Und dann übergab Cora, ein großes rotes Tuch um den Kopf gewickelt, ihrem Vater den besagten Zettel, denn sie selbst konnte nicht lesen.
»Was?«, brüllte er. »Was soll das?«
Er ließ seinen Spaten fallen und rief seinen Partner aus dem Stollen. Weitere Goldgräber kamen hinzu, und sie beratschlagten über diesen Glückstreffer. Immer mehr Leute kamen, auch Frauen und Kinder.
Und ein Ruf erscholl: »Packen wir ihn! Hängt das Schwein auf!«
Die Goldgräber kannten die Umgebung. Schon bald hatten sie den Claim des Vergewaltigers gefunden. Eine wütende Menge, angeführt von dem Metzger und seiner widerstrebenden, vor Angst erstarrten Tochter, brachen in Bartie Lees Stollen ein und zerrten alle fünf Asiaten heraus. Sie prügelten die protestierenden Männer zu einem Haufen zusammen und schoben Cora vor, damit sie sie identifizierte.
»Waren es diese Männer, Cora?«, riefen die Leute. »Waren sie’s?«
Sie schüttelte traurig den Kopf. »Nein, sie waren es nicht.«
Sie hörte ein allgemeines enttäuschtes Seufzen und blickte in Mushis Gesicht. Trotz der Dunkelheit und Gewalttätigkeit jener Nacht erkannte sie ihn; sie roch noch immer seinen Atem und spürte seine plumpen Finger. Seine Kopfform hatte sich ihrem Gedächtnis eingebrannt wie einer von diesen Scherenschnitten, die auf Jahrmärkten so beliebt waren.
»Der war’s!«, fauchte sie, hob die Hand und deutete auf Mushi, während sie gleichzeitig vor ihm zurückwich. Seine Nähe weckte von Neuem die Panik.
Ein Aufschrei! Bartie und seine Männer schrien, als man sie zu einem Baum zerrte und sie an den Stamm fesselte. Sein Lager wurde verwüstet, seine Ausrüstung zerstört. Rufe wurden laut: »Hängt die Schweine auf!«, und Bartie Lee, starr vor Entsetzen, verlangte schreiend ein »gerechtes Verfahren«, ein Begriff, den er von Jake aufgeschnappt hatte.
Einige Gemäßigte in der Menge hörten ihn und stimmten ihm zu. Der Mangel an passenden kräftigen Bäumen zum Hängen kam ihnen zugute. Das Gelände war nahezu frei von Bäumen, und von dem Baum, an den die Männer gefesselt waren, hatte man sämtliche Äste abgehackt, und so überlegte man, die Kerle in den Busch zu schleppen und es dort zu erledigen, bis schließlich ein junger Bursche vortrat.
»Sie hat nur auf einen von diesen Kerlen gezeigt, nicht auf alle. War es nur einer, oder waren es alle, Miss?«
»Einer«, flüsterte sie und wandte sich beschämt ab.
»Da hört ihr’s. Wir können die anderen vier nicht festhalten.«
»Ihr haltet überhaupt niemanden fest!« Ein berittener Polizist drängte sein Pferd durch die Menge. »Was geht hier vor?«
»Sie wollen uns umbringen«, heulte Bertie. »Der hat’s getan, dieser Mann hier, Mushi, er hat sie gefickt und ihr das Haar abgeschnitten. Wir haben gar nichts getan, wir nicht!«
Seine Kameraden beteuerten im Chor ihre Unschuld, und der
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