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Windbruch

Windbruch

Titel: Windbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
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zu bitten, ihr ein
leichtes Beruhigungsmittel zu geben, damit sie nicht wieder von den
schrecklichen Alpträumen heimgesucht wurde, als sie einen Schatten vor der
Scheibe zum Gang bemerkte. In dem Glauben, es sei eine der Krankenschwestern,
hob sie den Arm und winkte. „Ich wollte nur fragen ...“, begann sie, als im
nächsten Moment die Tür aufging, hielt dann aber perplex inne. „Ach du bist
es“, lachte sie, als sie sah, wer da vor ihr stand, „ich dachte, es sei die
Krankenschwester und wollte sie nach einem Schlafmittel fragen. Find ich aber
nett von dir, dass du mal vorbeischaust, Georg. Maarten sagte schon, dass es
dir schon länger wieder besser geht.“
    Georg nickte und sah sie, wie sie
fand, ein wenig seltsam an. Vermutlich hatte er Hemmungen, sich mit ihr zu
unterhalten, weil er so mir nichts, dir nichts in ihr Zimmer getreten war. Aber
dazu gab es doch keinen Grund. Sie freute sich doch, wenn man sie nicht mit
ihren Grübeleien alleine ließ. „Komm und setz sich ein wenig zu mir, Georg“,
sagte sie freundlich und zeigte auf den Stuhl neben ihrem Bett.
    Georg sagte immer noch kein Wort,
tat aber, wie ihm geheißen. Kritischen Auges streifte er das Buch, das auf
Tomkes Nachttisch lag. Sie folgte seinem Blick und sagte munter: „Das sind die Fünf
Freunde im Nebel . Maarten hat sie mitgebracht und mir daraus vorgelesen.
Meine Mutter sagte, er habe mein Lieblingsbuch Fünf Freude auf
geheimnisvollen Spuren und auch Fünf Freund jagen die Entführer ganz
durchgelesen, während ich ... nun ja ... noch nicht wieder in dieser Welt war.
Ist das nicht lieb von ihm? Weißt du, es waren meine Lieblingsbücher, als ich
noch klein war, und Maarten hat sich daran erinnert.“
    Sie sah, wie Georg bei ihren
Worten schauderte und rot anlief, maß dem aber keinerlei Bedeutung zu.
Schließlich war auch er noch schwach auf den Beinen und musste sich erst daran
gewöhnen, wieder ein paar Schritte am Tag laufen zu dürfen. „Entschuldige,
Georg“, sagte sie lächelnd, „ich quassele und quassele und hab dich noch nicht
mal gefragt, wie es dir geht. Wie ich hörte, geht es aber stetig bergauf.“
    „Mir geht es gut“, erwiderte
Georg mit seltsam belegter Stimme, „sie haben mich auf die normale Station
verlegt. Aber ich wundere mich doch etwas, dass du hier so munter vor dich
hinbrabbelst.“ Er zog die Stirn in Falten und sah sie düster an. „Also, ich an
deiner Stelle würde mich lieber fragen, wie es jetzt weitergeht. Schließlich
haben wir es hier ja nicht mit einer Lappalie zu tun.“
    „Ach“, sagte Tomke gedehnt,
„natürlich ist das alles ganz furchtbar, was passiert ist. Aber vom Trübsal
blasen wird es doch auch nicht besser. Wir müssen nach vorne schauen. Sieh mal,
gerade in diesem Moment findet die Trauerfeier für unsere Kollegen statt, und
wenn ich daran denke, wird mir ganz übel. Da bin ich froh, wenn mich hier
jemand ein wenig ablenkt.“
    Georg räusperte sich. „Du kannst
dich an nichts von dem erinnern, was auf der Plattform passiert ist, oder?“,
fragte er lauernd.
    Tomke schüttelte leicht den Kopf.
„Nein, absolut an nichts. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht einmal daran
erinnern, überhaupt auf der Plattform gewesen zu sein. Wenn mir keiner was gesagt
hätte, dann wüsste ich heute noch nicht, warum ich hier an diesen Kabeln
hänge.“
    Sie stutzte. „Aber vermutlich ist
es auch besser so“, sagte sie dann, „alles andere wäre womöglich noch viel
belastender.“ Sie drehte ihr Gesicht zu ihm. „Weißt du denn noch, was passiert
ist?“
    „Allerdings“, sagte er kühl und
durchbohrte sie mit seinen Blicken. Unwillkürlich zuckte sie zusammen. „Ist
was?“, fragte sie leise.
    „Was würdest denn du sagen, wenn
ich einen Menschen umgebracht hätte?“
    „Du hast einen Menschen umgebracht?“,
rief Tomke und starrte ihn mit großen Augen entsetzt an.
    „Nein, Tomke, ich nicht“, stieß
Hufschmidt hervor und seine Stimme klang plötzlich ganz rau. „Aber den armen
Steffen Rautschek und die Polizei würde es sicherlich brennend interessieren,
dass du ihn auf dem Gewissen hast.“
    „Ich ... habe ihn a- auf dem
Gewissen?“, stammelte Tomke. „Aber ... er ist doch bei dem Unglück ums Leben
gekommen.“
    „Bei dem Unglück ja, aber nicht
durch das Unglück.“ Er räusperte sich. „Oder wie soll ihm sonst ein Messer in
den Rücken gekommen sein?“
    „M-Mess...“ Tomke spürte, wie ihr
das Blut aus dem Kopf wich und sich plötzlich alles um sie herum drehte.

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