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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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so plötzlich wie beim ersten Mal, und die Worte wurden verständlich:
    »… aus meiner Tonne! Greimige Gören, müsst ihr denn immer mit den Vögeln aufstehen!«
    Wütend stapfte Pazel zur Kneipe zurück. Doch davor blieb er stehen. Es stimmte: Die Vögel begannen tatsächlich schon zu singen. Der Morgen graute.
    Er stieß die Tür auf. Der Wirt lag gleich hinter der Schwelle und wirkte ziemlich betrunken.
    »Pfui Teufel! Verschwinde, du Bettlerbalg! Das verdammte Fest ist zu Ende.«
    »Ich will nicht betteln«, sagte Pazel. »Mr. Nicklen ist hier, Sir, und ich sollte ihn besser wecken.«
    »Bist du taub? Wir haben das Haus leergesoffen! Hier ist niemand mehr.«
    »Mr. Nicklen schon.«
    »Nicklen? Die Teigfresse von der Eniel ?«
    »Äh … ganz recht, Sir, das ist er.«
    »Der ist schon vor Stunden gegangen.«
    »Was?«
    »Und ich wein’ ihm keine Träne nach. Dieses Gewinsel die ganze Nacht. ›Der Arzt! Der Arzt hat mich für eine Schlechtigkeit bezahlt!‹ War einfach nicht zum Schweigen zu bringen.«
    »Was für ein Arzt? Chadfallow? Was hat er da geredet? Wo ist er denn hin?«
    »Nicht so laut!«, stöhnte der Wirt. »Woher soll ich wissen, was für ein Arzt das war? Jedenfalls wollt’ er nach Etherhorde! Sie laufen vor Tagesanbruch aus, hat er gesagt. Den letzten Krug ist er mir schuldig geblieben – der Strauchdieb hat sich durch die Hintertür verdrückt. Pfui Teufel!«
    Pazel sprang über ihn hinweg. Die Kneipe war vollkommen leer. Reingefallen, ausgerechnet auf Nicklen! Und was hatte der Mann gehört: Auslaufen vor Tagesanbruch?
    Er rannte zurück auf die Straße. Der Regen prasselte noch immer auf Sorrophran nieder, aber im Osten färbte sich der schwarze Himmel allmählich grau. Pazel flog den Weg, den er mit Nicklen gekommen war, förmlich zurück, bog um eine Ecke, sprang brüchige Treppenstufen hinab, rannte vorbei an der roten Katze, die gerade seinen Lauchpuffer verspeiste, stieß noch ein paar Abfalltonnen um, bog wieder um eine Ecke und spurtete zum Kai, als ginge es um sein Leben.
    Die Fischer waren vom Nachtfang zurück. Sie pfiffen ihm nach und lachten: »Hast wohl ein Gespenst gesehen, Teerjunge?« Er preschte mitten durch ihre Fässer, die Tröge zum Ausnehmen der Fische und die aufgehäuften Netze. Da vorne erhob sich der mächtige Rumpf der Chathrand, unzählige Menschen krochen im Grau des Morgens darauf herum wie Ameisen auf einem Baumstamm. Doch dahinter im äußersten Winkel des Hafens wartete kein Schiff mit Namen Eniel auf ihn.
    Er rannte bis ans Ende der Fischermole und entdeckte sie noch in der Bucht. Ihre Segel füllten sich, sie nahm Fahrt auf. Er riss sich das Hemd vom Leib, schwenkte es und brüllte den Namen des Kapitäns. Aber der ablandige Wind und der Regen dämpften seine Stimme. Auf der Eniel hörte man ihn nicht. Oder man wollte ihn nicht hören. Pazel hatte keine Heimat mehr.

2
     
    D ER C LAN
     
     
    Vaqrin 941
    5.23 h
     
    Zwölf Fuß unter ihm ließ sich über dem Plätschern der ablaufenden Flut, dem feuchten Schmatzen der Seepocken und dem Ächzen der alten Balken ein mitfühlendes Zungenschnalzen vernehmen, und eine Frauenstimme klagte: »Ts, ts, ts, was für ein Jammer! Der Junge hat sein Schiff verpasst. Was soll jetzt aus ihm werden?«
    »Du und deine Fragen«, antwortete die Stimme eines jungen Mannes. »Mir ist viel wichtiger, was aus uns werden soll!«
    »Vielleicht könnte er es uns sagen?«
    »Was redest du für einen Unsinn, Diadrelu?«
    »Meine Sache«, sagte die Frau. »Reich uns das Brot herüber.«
    Eine Möwe auf dem Wasser hätte sie sehen können, wenn sie die Schatten unter der Mole genauer betrachtet hätte. Acht Gestalten saßen im Kreis auf einem langgestreckten x-förmigen Bretterkreuz dicht über der Wasseroberfläche; eine neunte stand Wache. Sie waren nur etwa so groß wie eine flache Männerhand. Kupferbraune Haut und kupferbraune Augen; das Haar der Frauen kurzgeschnitten, das der Männer zu festen Zöpfen geflochten. Innerhalb des Kreises ein Festmahl: dunkles Brot, gebratene Seetangscheiben, eine offene Pfahlmuschel mit feuchtem, noch zuckendem Fleisch, ein Weinschlauch, den unsereiner mit zwei Spritzern aus einer Pipette hätte füllen können. Neben jedem Knie ein Schwert, schmal und schwarz und nach hinten gebogen wie eine Augenwimper. Viele waren außerdem mit einem Bogen bewaffnet. Und eine Gestalt trug ein Gewand aus winzigen schwarzen Federchen, aus einem Schwalbenflügel gerupft, das bei jeder Bewegung schimmerte wie

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