Winslow, Don
geht
zurück.«
»Das wäre
kompliziert.«
»Was ist daran
kompliziert?«
Er will ihr nicht erklären, dass Handrigan den Schaden wahrscheinlich
schon gemeldet hat, den Verlust von drei oder vier Maschinen, die er zum halben
Preis verscherbelt - nur eine kleine Gaunerei nebenbei. Also sagt er: »Es ist
kompliziert, und fertig.«
»Ich bin nicht bescheuert, verstehst du?«
Keiner hat ihr was gesagt, aber sie merkt es einfach. Weil sie im Viertel
wohnt, einkaufen geht, zur Reinigung geht, mit dem Telefonmonteur verhandelt,
dem Klempner - und sie spürt die Unterwürfigkeit, mit der man ihr begegnet. Es
sind die kleinen Dinge - ein paar Birnen zusätzlich, die man ihr in den Korb
legt, die Kleider schon morgen fertig statt übermorgen, die seltsam höflichen
Taxifahrer, Zeitungsverkäufer, die Bauleute, die weder pfeifen noch johlen.
Nachts im Bett sagt sie: »Ich bin aus Belfast weg, weil ich die Gangster
satt hatte.«
Er weiß, was sie meint. Die Provos sind nicht mehr das, was sie mal waren.
Inzwischen kontrollieren sie in Belfast die meisten Dinge - etwa so wie Callan
und O-Bop in Hell's Kitchen. Er weiß, wovon sie redet. Er will sie bitten, bei
ihm zu bleiben, aber stattdessen sagt er: »Ich versuche, auszusteigen.«
»Dann steig doch einfach aus.«
»So einfach ist das nicht, Siobhan.«
»Es ist kompliziert.«
»Allerdings, das ist es.«
Das alte Märchen, dass man einfach nur aussteigen muss, ist genau das -
ein Märchen. Man kann da zwar rauskommen, aber es ist verdammt kompliziert. Du
kannst nicht einfach aufstehen und weggehen. Du musst dich da rauswinden, sonst
kommt es zu gefährlichen Verdächtigungen.
Und was soll ich dann tun?, denkt er.
Womit mein Geld verdienen?
Er hat nicht viel beiseitegelegt, fetzt die alte Leier der Geschäftsleute:
Es kommt viel Geld rein, aber es geht auch viel raus. Die Leute verstehen das
nicht - da ist Calabreses Anteil und der von Peaches, von allem, was reinkommt.
Dann die Schmiergelder - die Gewerkschafter, die Bullen. Und die Crew will
auch versorgt sein. Am Ende teilt er sich mit O-Bop, was übrig bleibt und immer
noch eine Menge ist, aber nicht so viel, wie man glauben möchte. Und jetzt
müssen sie auch noch in den Verteidigungsfonds von Big Peaches einzahlen ...
Jedenfalls ist nicht genug da, dass er sich zur Ruhe setzen kann, nicht genug,
um ein legales Geschäft aufzuziehen.
Und überhaupt, fragt er sich, welche Sorte Geschäft? Was zum Teufel habe
ich gelernt? Ich kann nur Erpressung, ich kann draufhauen und - sagen wir's nur
- andern Leuten das Licht ausknipsen.
»Was soll ich denn machen, Siobhan?«
»Egal.«
»Wie bitte? Etwa kellnern? Mit der Serviette überm Arm sehe ich mich
nicht.«
Es entsteht eine dieser Schweigeminuten im Dunklen, bis sie schließlich
sagt: »Dann sehe ich mich wohl nicht mehr mit dir.«
Als er am nächsten Morgen aufsteht, sitzt sie am Tisch, trinkt Tee und
raucht. (So ein Mädchen aus Irland rausholen, das kannst du, denkt er, aber
...) Er setzt sich ihr gegenüber und sagt: »Ich kann nicht einfach so
aussteigen. So läuft das nicht. Ich brauche ein bisschen mehr Zeit.«
Sie kommt direkt auf den Punkt - etwas, was er an ihr mag. »Wie lange?«
»Ein Jahr. Was weiß ich?«
»Das ist zu lange.«
»Aber es kann so lange dauern.«
Sie nickt etliche Male, dann sagt sie: »Solange du auf den Ausgang
zusteuerst.«
»Okay.«
»Ich meine, geradewegs auf den Ausgang zu.«
»Okay, ich hab verstanden.«
Und jetzt, ein paar Monate später, versucht er das O-Bop zu erklären. »Hör
zu, die ganze Sache ist total verfahren. Ich weiß nicht mal, wie ich da
reingeraten bin. Ich sitze in der Bar, dann kommt Eddie Friel reinmarschiert,
und alles läuft aus dem Ruder. Ich mach dir keine Vorwürfe, ich mache
niemandem Vorwürfe. Ich weiß nur, das Ganze muss ein Ende haben. Ich steige
aus.«
Wie um einen Schlussstrich zu ziehen, packt er seine ganze Hardware in
eine braune Einkaufstüte und überantwortet sie dem Hudson. Dann geht er nach
Hause, um mit Siobhan zu reden. »Ich denke ans Tischlern«, sagt er.
»Ladenausstattungen, Wohnungen und all das Zeug. Vielleicht bau ich dann irgendwann
Schränke, Schreibtische und so was. Ich glaube, ich werde mal mit Patrick
McGuigan reden, vielleicht nimmt er mich als unbezahlten Lehrling. Das Geld,
das ich beiseitegelegt habe, reicht, bis ich richtige Arbeit habe.
»Klingt nach einem Plan.«
»Wir werden arme Schlucker sein.«
»Ich war immer arm«, sagt sie. »Darin bin ich
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