Winslow, Don
stocksauer. Sie ist wütend und hat Angst, dass er rückfällig
wird. Weil er wieder mit den alten Gespenstern kämpft, nachdem er sich solche
Mühe gegeben hat, da rauszukommen.
»Ich gehe hin, erweise meinen Respekt und komme zurück«, sagt er.
»Und wie war's, wenn du mir Respekt erweist?«, fragt sie. »Mir und unserer
Beziehung?«
»Das tue ich doch.« Sie wirft die Arme hoch.
Er könnte es ihr erklären, aber er will sie nicht ängstigen. Dass sie sein
Fehlen missdeuten würden. Dass Leute, die ihm sowieso schon misstrauen, noch
misstrauischer werden würden. Dass sie die Nerven verlieren und etwas gegen ihr
Misstrauen tun würden.
»Denkst du etwa, ich gehe aus Spaß?«
»Das musst du wohl, sonst könntest du ja hierbleiben.«
»Du verstehst das nicht.«
»Da hast du recht. Ich verstehe es nicht.«
Sie geht ins Schlafzimmer und knallt die Tür zu. Er hört, wie sich der
Schlüssel im Schloss dreht. Erst will er die Tür eintreten, dann besinnt er
sich, schlägt nur mit der Faust gegen die Wand und verlässt die Wohnung.
Es ist verdammt schwer, am Friedhof einen Parkplatz zu finden, weil so
ziemlich alle Gangster der Stadt gekommen sind, gar nicht zu reden von der
Polizei, die in Truppenstärke vertreten ist. Städtische Polizei, Staatspolizei,
Bundespolizei. Einer von denen fotografiert Callan, aber Callan ist es egal.
Im Moment können ihm alle den Buckel runterrutschen.
Und seine Hand tut weh.
»Na, Aufruhr im Paradies?«, fragt O-Bop, als er die Hand sieht.
»Fick dich ins Knie.«
»Also, den Orden für vorbildliche Begräbnis-Etikette hast du dir schon
verscherzt«, sagt O-Bop.
Dann hält er die Klappe, weil er merkt, dass Callan nicht zu Spaßen
aufgelegt ist.
Sieht aus, als wären wirklich alle Gangster vertreten, die Giuliani noch
nicht aus dem Verkehr gezogen hat. Da sind die Cozzo-Brüder, mit
Messerformschnitt und Maßanzügen, dort die Piccones, dort Sammy Grillo und Frankie Lorenzo, Little Nick
Corotti, Leonard DiMarsa und Sal Scachi. Dann der gesamte Cimino-Clan, dazu ein paar
Genovese-Capos - Barney Bellomo und Dom Cirillo. Und ein paar Luccese-Leute -
Tony Ducks und Little Al D'Arco. Und was vom Colombo-Clan noch übrig ist, seit Pérsico seine hundert
Jahre absitzt, hat sich auch eingefunden, sogar ein paar alte Knaben vom
Bonnano-Clan - Sonny Black und Lefty Ruggiero.
Alle, um Aniello Demonte ihren Respekt zu erweisen. Alle, um zu erschnüffeln,
wie es nach Demontes Abgang weitergeht. Sie wissen, das hängt davon ab, wen Big Paulie
Calabrese zum neuen Unterboss macht, denn mit derselben Wahrscheinlichkeit, mit
der Paulie in den Bau gehen muss, wird der neue Unterboss der neue Boss. Wenn sich
Paulie für Cozzo entscheidet, ist Ruhe im Karton. Doch wenn er sich anders
entscheidet... warten wir's ab. Die Gangster sind also gekommen, um zu
erfahren, wie der Wind weht. Alle sind sie da.
Mit einer gewichtigen Ausnahme. Big Paulie Calabrese.
Peaches kann es nicht glauben. Alles wartet, dass die große schwarze
Limousine vorfährt, damit die Trauerfeier losgehen kann, aber er kommt nicht.
Die Witwe ist außer sich, sie weiß nicht, was sie tun soll, und schließlich
tritt Johnny Boy Cozzo vor und sagt: »Fangen wir an.«
»Die Beerdigung vom eigenen Unterboss schwänzen?«, erregt sich Peaches
nach der Feier. »Das ist übel. Das ist einfach übel.«
Er dreht sich zu Callan um. »Aber schön, dich zu sehen. Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?«
»Ich war immer da.«
»Aber nicht bei mir.«
Callan hat keine Lust
auf die Nummer.
»Ihr Spaghettis könnt mich mal.«
»Du halt dein dreckiges Maul!«
»Komm schon, Jimmy«, sagt O-Bop. »Callan ist okay.«
»Also«, wendet sich Peaches wieder an Callan. »Was höre ich da? Du bist
unter die Zimmerleute gegangen?«
»Stimmt.«
Peaches sagt: »Ich kenne einen, den haben sie ans Kreuz genagelt.«
»Wenn du was von mir willst, Jimmy«, sagt Callan. »Dann bring einen
Leichenwagen mit. Mit dem fährst du nämlich weg.«
Cozzo geht dazwischen.
»Was soll der Scheiß?«, sagt er. »Wollt ihr den Bullen noch mehr Tonbänder
liefern? >Jimmy Peaches Live-Album< oder was? Ihr Arschlöcher müsst jetzt
zusammenhalten, verstanden? Gebt euch die Hand!«
Peaches streckt die Hand aus.
Callan nimmt sie, und Peaches legt seine andere Hand auf Callans
Handrücken und zieht ihn näher heran. »Scheiße, Kleiner. Tut mir leid. Das
muss die Anspannung sein, die Trauer.«
»Ich weiß. Geht mir genauso.«
»Ich liebe dich doch, du dummer
Weitere Kostenlose Bücher