Winslow, Don
gut.«
Also geht er am nächsten Morgen in McGuigans Loft in der 48th, Ecke Eleventh.
Sie waren zusammen in Sacred Heart und reden ein bisschen über die High
School, dann noch ein bisschen über Hockey, und dann fragt Callan, ob er bei ihm
arbeiten kann.
»Du willst mich verarschen, stimmt's?«, sagt McGuigan.
»Nein, ich meine es ernst.«
Und wie ernst er es meint. Callan schuftet wie ein Besengter, um das Handwerk zu
lernen.
Kommt jeden Morgen Punkt sieben mit dem Lunchpaket in der Hand und einem
eisernen Willen im Kopf. McGuigan wusste nicht, was ihn erwartete, aber dass
sich Callan als Arbeitspferd entpuppte, hätte er nicht für möglich gehalten. Eher
hatte er einen Saufbruder vermutet, einen Junkie, aber nicht diesen braven
Burschen, der jeden Morgen pünktlich zur Arbeit kam.
Nein, dieser Bursche kam, um zu arbeiten, und er kam, um was zu lernen.
Callan merkt, dass es
ihm Spaß macht, mit den Händen zu arbeiten.
Am Anfang stellt er sich an wie ein Idiot, aber dann fängt es an zu
flutschen. Und McGuigan hat mit ihm Geduld, als er sieht, dass es ihm ernst
ist. Nimmt sich die Zeit, ihm was beizubringen, gibt ihm kleine Sachen, die er
verpfuschen kann, bis er so weit ist, dass er sie nicht mehr verpfuscht.
Und wenn Callan abends nach Hause geht, ist er müde.
Am Ende des Tages ist er körperlich erschöpft - mit Blasen an den Händen
und Schmerzen in den Armen, aber innerlich fühlt er sich gut. Er ist entspannt,
macht sich um nichts mehr Sorgen. Den ganzen Tag hat er nichts gemacht, was ihm
in der Nacht Alpträume bescheren könnte.
Er hört auf, in die Pubs und Bars zu gehen, in denen er mit O-Bop rumhing.
Er geht nicht mehr ins Liffey und nicht mehr ins Landmark. Meistens kommt er
nach Hause, isst ein schnelles Abendbrot mit Siobhan, sie sehen ein bisschen
fern und gehen ins Bett.
Eines Tages taucht O-Bop in der Tischlerei auf. Er steht in der Tür und
guckt dumm aus der Wäsche, aber Callan beachtet ihn gar nicht, er konzentriert sich auf
seine Schleifarbeit, bis sich O-Bop wegdreht und geht, und McGuigan denkt,
vielleicht sollte er was sagen, aber offenbar gibt es nichts zu sagen. Sieht
aus, als hätte Callan die Dinge im Griff, und McGuigan muss sich nicht mehr sorgen, wenn ihm
die Westside-Boys einen Besuch abstatten.
Aber nach der Arbeit macht sich Callan auf die Suche nach O-Bop. Findet ihn 43th, Ecke Eleventh, und sie laufen zusammen rüber ans Wasser.
»Fick dich«, sagt O-Bop. »Was sollte das?«
»Das sollte dir sagen: Wenn ich arbeite, dann arbeite ich.«
»Was? Ich darf nicht mal vorbeikommen und Hallo sagen?«
»Nicht, wenn ich arbeite.«
»Willst du damit sagen, wir sind - wie sagt man? - keine Freunde mehr?«
»Wir sind immer noch Freunde.«
»Ich weiß nicht«, sagt O-Bop. »Du lässt dich nirgends mehr blicken. Ab und
zu ein Bier, das müsste doch drin sein.«
»In den Bars rumhängen, das mache ich nicht mehr.«
O-Bop lacht. »Dann geh doch lieber gleich zu den Pfadfindern !«
»Lach nur.«
»Ja, ich lache.«
Sie stehen und schauen auf den Hudson. Es ist ein kalter Abend. Das Wasser
sieht schwarz und hart aus.
»Na, meinetwegen musst du dir kein Bein ausreißen«, sagt O-Bop. »Macht
sowieso keinen Spaß mehr mit dir, seit du hier den Proleten mimst. Ist nur so,
dass die Leute schon nach dir fragen.«
»Wer fragt nach mir?«
»Die Leute.«
»Peaches?«
»Hör zu«, sagt O-Bop. »Im Moment brennt bei denen die Luft. Die stehen
mächtig unter Druck und mögen keine Leute, die vielleicht vor Gericht
quatschen.«
»Ich quatsche nicht. Mit niemandem.«
»Allerdings. Das sehe ich.«
Callan packt ihn an der Jacke.
»Willst du mir
dumm kommen, Stevie?«
»Nein.«
Eine leichte
Weinfahne.
»Mir kommst du nicht auf diese Tour, Stevie.«
»Ich sag doch
nur ... verstehst du?« Callan lässt ihn los. »Ja, ich verstehe.« Er hat
verstanden.
Aussteigen ist viel schwerer als einsteigen. Aber er will es, er geht
einfach raus, und mit jedem Tag wird der Abstand größer. Mit jedem Tag gewöhnt
er sich mehr an sein neues Leben, und ihm gefällt sein neues Leben. Aufstehen,
in die Werkstatt gehen, hart arbeiten und dann nach Hause kommen, zu Siobhan.
Abendessen, früh zu Bett und am nächsten Tag genau dasselbe.
Er und Siobhan, sie kommen wunderbar zurecht. Sie reden sogar von Heirat.
Doch dann
stirbt Neill Demonte.
»Ich muss aber zur Beerdigung«, sagt Callan. »Warum?«, fragt Siobhan. »Um meinen Respekt zu
erweisen.«
»Einem
Gangster?«
Sie ist
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