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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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schon über dieser dreckigen Stadt schweben. Um die Sterne kurven.
    »Du hast ein Mädchen, stimmt's?«
    Rumms.
    Wieder zurück auf dem Boden.
    »Ihr Name ist irgendwie komisch«, sagt Scachi. »Wird nicht geschrieben,
wie er gesprochen wird. Irgendwas Irisches, stimmt's? Nein, jetzt weiß ich's.
Wie so ein alter Kleiderstoff, den die Mädchen früher getragen haben. Chiffon?
Hieß sie so?«
    Zurück in dieser dreckigen Welt.
    »Glaubst du etwa«, sagt Scachi, »die lassen zu, dass sie zu Giuliani
rennt und euer Bettgeflüster ausplaudert, wenn dir was passiert?«
    »Sie weiß von nichts.«
    »Tja. Aber wer geht schon so ein Risiko ein?«
    Da kann man nichts machen, denkt Callan. Selbst wenn ich mir Sal schnappe, ihm
mit seiner eigenen Kanone in die Fresse schieße, was ich durchaus könnte.
Scachi ist Vollmitglied, und sie bringen mich um und Siobhan auch, so oder so.
    »Wer ist es?«, fragt Callan.
    Wen soll ich umlegen?
     
    Nora wird vom Telefon geweckt.
    Sie ist hundemüde, weil sie eine lange Nacht hinter sich hat.
    »Möchtest du auf eine Party?«, fragt Haley.
    »Ich glaube, eher nicht«, sagt Nora und wundert sich über die Frage. Dass
sie als Partygirl arbeiten musste, ist lange her.
    »Diese Party ist ein bisschen was anderes«, sagt Haley. »Sie wollen eine
ganze Fuhre Mädchen, aber immer nur eine für einen. Sie haben ausdrücklich
nach dir verlangt.«
    »Eine Firmenweihnachtsfeier?«
    »Könnte man sagen.«
    Nora schaut auf ihren Radiowecker. Zehn Uhr fünfunddreißig. Sie muss
aufstehen, ihren Kaffee trinken, Grapefruitsaft, dann ins Fitness-Studio.
    »Komm schon«, sagt Haley. »Das wird amüsant. Sogar ich komme mit.«
    »Wo ist es denn?«
    »Das ist das andere Amüsante«, sagt Haley. Die Party steigt in New York.
    »Ist ja Irrsinn, dieser Baum!«, staunt Nora.
    Sie stehen an der Eisbahn der Rockefeller Plaza und besichtigen den
riesigen Weihnachtsbaum. Die Plaza ist voll von Touristen. Weihnachtslieder
aus allen Lautsprechern. Heilsarmee-Santas klingeln mit ihren Glocken,
Straßenhändler bieten heiße Maronen an.
    »Siehst du?«, sagt Haley. »Ich hab dir versprochen, es wird amüsant.«
    Bis jetzt stimmt's, muss Nora zugeben.
    Zu sechst, fünf Mädchen und Haley, sind sie mit dem Nachtflug erster
Klasse in La Guardia gelandet und in zwei Limousinen zum Plaza Hotel befördert worden. Nora war
natürlich schon mal hier, aber nicht zur Weihnachtszeit, das ist schon was
Besonderes. Alles schön altmodisch dekoriert, und sie hat ein Zimmer mit Blick
auf den Central Park, wo sogar die Pferdekutschen mit Stechpalmen und
Weihnachtssternen geschmückt sind.
    Nach einem kurzen Schläfchen hat sie geduscht, sich zurechtgemacht und
ist mit Haley auf Shopping-Tour gegangen - Tiffany, Bergdorf und Saks -, auf
der Haley eifrig kaufte, Nora aber meist nur schaute.
    »Gib ein bisschen Geld aus«, hat Haley gesagt. »Du bist zu billig
angezogen.«
    »Nicht billig«, hat Nora erwidert, »nur zurückhaltend.«
    Weil tausend Dollar nicht einfach tausend Dollar für sie sind. Sie sind so
etwas wie die Zinsen für tausend Dollar, die sie, sagen wir, zwanzig Jahre
lang angelegt hat. Für ein Apartment in Montparnasse, mit allem, was man für
ein angenehmes Leben braucht. Sie hält ihr Geld zusammen, weil sie möchte, dass
es für sie arbeitet. Aber dann kauft sie doch zwei Kaschmirschals - einen für
sich, einen für Haley. Weil es so kalt ist und weil sie Haley ein Geschenk
machen möchte.
    »Hier«, sagt sie, als sie auf die Straße hinausgehen, und zieht einen
kreidefarbenen Schal aus der Tasche. »Wickel dich ein.«
    »Für mich?«
    »Sollst dich nicht erkälten.«
    »Das ist aber lieb von dir.«
    Nora wickelt sich ihren eigenen Schal um den Hals und rückt ihren
Kunstfellmantel und die Kunstfellmütze zurecht.
    Es ist einer dieser klaren, eisig kalten Wintertage in New York, wenn der
Wind durch die Canyons pfeift, die hier Avenues heißen, dass einem die Augen
tränen.
    Und Nora, als sie feuchte Augen bekommt, sich sagen kann, es liegt an der
Kälte.
    »Hast du schon den Baum gesehen?«, fragt Haley.
    »Welchen Baum?«
    »Den
Weihnachtsbaum im Rockefeller Center.«
    »Ich glaube
nicht.«
    »Dann komm.«
    Da stehen sie nun, bestaunen den riesigen Baum, und Nora muss zugeben,
dass New York sehr amüsant ist.
     
    Sein letztes Weihnachten.
    Genau das versucht Jimmy Peaches zu erklären. Aber Sal Scachi will es
nicht kapieren.
    »Das ist verdammt noch mal mein letztes Weihnachten, bevor ich in den Bau
gehe!«
    Sie

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