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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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herausschreit (das ist neu, das war
vorher nicht), aber sie denkt an Fabián. Selbst den
Orgasmus stiehlt sie ihm.
    Ihre
Untreue ist komplett, nur ihr Körper gehört Gúero noch.
    Aus dem
Vorstellbaren werden Phantasien, aus den Phantasien werden Vorsätze, aus den
Vorsätzen werden Pläne. Es ist so befreiend, dieses neue Leben zu planen. Bis
ins kleinste Detail. Da sie beide modeverrückt sind, nutzen sie die wenigen
kostbaren Minuten, um zu bereden, was sie einpacken müssen, was sie später
dort kaufen können (»dort« heißt Paris, Rio, Rom - je nachdem).
    Oder
wichtigere Dinge: Wollen wir Gúero eine Nachricht hinterlassen? Wollen wir
zusammen fliehen oder getrennt und uns irgendwo treffen? Und wenn, wo? Wollen
wir separat reisen oder im selben Flugzeug? Uns über den Gang sehnsüchtige Blicke
zuwerfen - einen quälenden Nachtflug lang, in einem Pariser Hotel die Kinder
ins Bett stecken und uns ins andere Zimmer zurückziehen? Rabiar.
    Nein, so
lange kann ich nicht warten, sagt sie zu ihm. Ich gehe auf die
Flugzeugtoilette, und du kommst nach. Nein, sie treffen sich in einer Bar in
Rio. Als wären sie Fremde. Er folgt ihr hinaus auf den Hof, presst sie gegen
den Zaun.
    Rabiar.
    Wirst du
mir weh tun?
    Wenn du
willst.
    Ja.
    Dann tu ich dir weh.
    Er ist
alles, was Gúero nicht ist: intelligent, gutaussehend, gut angezogen, sexy. Und
charmant. Unglaublich charmant.
    Sie ist zu
allem bereit.
    Sie fragt
ihn, wann es losgeht.
    »Bald«,
sagt er. »Ich will mit dir weg, aber ...«
    Aber.
    Die
schreckliche Gegenmacht von Was wäre, wenn. Der Störfaktor Realität.
    »Wir
brauchen dafür Geld«, sagt er. »Ich habe Geld, aber nicht genug, damit wir so
lange abtauchen können, wie es nötig ist.«
    Er weiß,
das ist der heikle Punkt. Das könnte die Seifenblase zum Platzen bringen. Jetzt
schwebt sie noch schillernd dahin, aber die schnöden finanziellen Probleme
könnten ihr im Nu den Garaus machen. Er setzt eine bekümmerte Miene auf, fügt
ein bisschen Schüchternheit hinzu und sagt mit gesenktem Blick: »Wir müssen
noch warten, bis ich genug beisammen habe.«
    »Wie lange
denn noch?«, fragt sie. Sie klingt verletzt, enttäuscht, den Tränen nahe.
    Er muss
behutsam vorgehen. Äußerst behutsam. »Nicht lange«, sagt er. »Ein Jahr
vielleicht. Oder zwei.«
    »Das ist
zu lange!«
    »Tut mir leid. Was soll ich
machen?«
    Er lässt die Frage im Raum stehen.
Bis sie die Antwort liefert, die er erhofft hat. »Ich habe Geld.«
    »Nein«, sagt er. »Niemals.«
    »Aber zwei Jahre -«
    »Ganz und gar unmöglich.«
    So wie der Flirt zwischen ihnen
ganz und gar unmöglich war, dann die Küssereien, dann die Fluchtpläne ... »Wie
viel würden wir brauchen?«, fragt sie. »Mehrere Millionen. Genau deshalb
brauche ich ja -«
    »Die könnte ich von der Bank
holen.«
    »Ich aber nicht.«
    »Du denkst nur an dich«, sagt sie.
»Das ist dein männlicher Stolz. Du bist eben ein Macho. Wie kannst du nur so egoistisch sein!«
    Und das
ist der Trick, denkt Fabián. Jetzt kann
er den Spieß umdrehen, und es wird zu einem Akt der Großzügigkeit, ihr Geld
anzunehmen, ein Ausdruck seiner Selbstlosigkeit. Jetzt liebt er sie so sehr,
dass er sogar seinen männlichen Stolz dafür opfert, seinen machismo.
    »Du liebst mich nicht«, schmollt
sie.
    »Ich liebe dich mehr als mein
Leben.«
    »Aber nicht genug, um -«
    »Doch«,
sagt er. . Und sie umarmt ihn.
    Wieder in
Tijuana, geht er zu Raúl und gibt
ihm Bescheid, dass es losgehen kann.
    Es hat
Monate gedauert, aber jetzt bekommt der Hai seine Beute.
    Gutes Timing, denkt Raúl.
    Der Krieg gegen Gúero Méndez kann beginnen.
     
    Sorgfältig
faltet Pilar ein kurzes schwarzes Kleid zusammen und legt es in den Koffer.
    Zu den schwarzen BHs, Slips und
der anderen Wäsche.
    Fabián mag sie in
Schwarz.
    Sie will
ihm gefallen. Ihr erstes Mal mit ihm soll perfekt sein. Ihr Traum soll nicht
enttäuscht werden. Aber das ist nicht zu befürchten. Kein Mann redet so wie er,
zaubert so mit Worten wie er, hat solche Ideen wie er. Sie wird schon feucht,
wenn er mit ihr spricht - was soll das erst werden, wenn er sie wirklich in den
Armen hält?
    Er soll
alles mit mir machen, was er will, denkt sie.
    Wirst du mir weh tun?
    Wenn du willst.
    ]a.
    Dann tu ich dir weh.
    Sie hofft,
dass er es wahr macht, dass er sich nicht von ihrer Schönheit einschüchtern
lässt.
    Und nicht
die Nerven verliert. Denn sie will ein neues Leben anfangen, sie will weg aus
dieser toten Gegend, weg von ihrem Mann und seinen primitiven

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