Winslow, Don
Dass
dieser Knirps - wie hieß er gleich? - danach Matty Sheehan umlegte und einer
der Kings von Hell's Kitchen wurde. Dass er und sein Freund Frieden schlossen
mit dem Cimino-Clan und für Big Paule Calabrese als Killer arbeiteten. Und dass
er dann, wenn die Gerüchte stimmen, Big Paulie umlegte - vor Spark's Steak
House, genau zu Weihnachten.
Callan, fällt ihm jetzt
ein.
Sean Callan.
Klar, ich erkenne dich, Sean
Callan. Aber du mich nicht. Was sehr gut ist.
Mickey Haggerty trinkt aus, klettert vom Barhocker und schlüpft hinaus zur
Telefonzelle. Er kennt einen, der sich sehr dafür interessieren wird, dass Sean Callan hier in einer
Bar sitzt.
Delirium tremens.
Nun ist es so weit. Eine andere Erklärung gibt es nicht dafür, dass Big
Peaches und O-Bop an seinem Bett im Golden West stehen und ihre Pistolen auf
ihn richten. Er sieht die Kugeln in den Pistolenläufen, silbrig glänzend und
tödlich, weil das Zimmer von der Straßenlampe erhellt wird, einer falschen
Gaslaterne, deren Licht die kaputten Rollos nicht abschirmen können.
Das rote Neon vom Pornoshop auf der anderen Straßenseite blinkt wie ein
Alarmsignal. Zu spät.
Wenn das kein Deliriums tremens ist, bin ich schon tot, denkt Callan. Trotzdem greift
er vorsichtig nach der 22er unter seinem Kissen. Wenn schon, sollen die auch sterben.
»Lass das, du dummer Paddy«, hört er Big Peaches knurren.
Callans Hand erstarrt. Träumt er oder ist er wach? Stehen die beiden
wirklich in seinem Zimmer und richten die Pistolen auf ihn? Und warum schießen
sie nicht, wenn sie ihn erschießen wollen? Wer im Traum stirbt, stirbt auch im
Leben, sagt man, und manchmal sind tot und lebendig gar nicht so leicht zu
unterscheiden. Er weiß nur, dass er sich in der Bar volllaufen ließ. Jetzt
könnte er tot sein oder lebendig. Oder zurück in Hell's Kitchen - und die
letzten neun Jahre waren nur ein Traum.
Big Peaches lacht. »Was ist denn los mit dir? Bist du ein beschissener
Hippie geworden? Lange Haare und Bart?«
»Er ist auf dem Sauftrip«, sagt O-Bop. »Das irische Sabbatical.«
»Du hast doch sicher deine kleine 22er unterm Kissen, oder?«, fragt Peaches. »Ist mir egal, ob du besoffen bist,
aber pass bloß auf mit deiner Knarre. Wenn wir gekommen wären, um dich
kaltzumachen, wärst du gar nicht erst aufgewacht.«
»Was sollen dann die Kanonen?«, fragt Callan.
»Nimm's als übertriebene Vorsichtsmaßnahme«, sagt Peaches. »Du bist
schließlich Billy the Kid Callan. Wer weiß, was du hier treibst. Vielleicht bist du
auf mich angesetzt. Also rück sie raus. Schön langsam.«
Callan gehorcht.
Überlegt kurz, ob er sie beide wegputzen soll, aber wozu. Außerdem zittert
seine Hand.
O-Bop nimmt ihm sanft die Pistole aus der Hand und steckt sie hinter
seinen Gürtel. Dann setzt er sich zu ihm und umarmt ihn. »Wahnsinn! Dich noch
mal wiederzusehen!«
Peaches setzt sich ans Fußende. »Wo zum Teufel hast du gesteckt? In den
Süden sollst du gehen, haben wir gesagt, doch nicht bis zum Südpol, du alter
Sack!«
O-Bop sagt: »Du siehst echt Scheiße aus.«
»So fühl ich mich auch.«
»Stimmt, du siehst Scheiße aus«, bestätigt Peaches. »Aber was zum Teufel
machst du hier in diesem beschissenen Loch? Jesus! Callan !«
»Habt ihr einen Drink?«
»Klar doch.« O-Bop zieht einen Flachmann Seagram's aus der Tasche und
reicht ihn Callan.
Der nimmt einen langen Schluck. »Danke.«
»Ihr verdammten Iren!«, sagt Peaches. »Alles Säufer, durch die Bank!«
»Wie habt ihr mich gefunden?«, fragt Callan.
»Da wir schon von Säufern reden«, sagt Peaches. »Der kleine Mickey
Haggerty. Hat dich in diesem Dreckloch von Kneipe gesehen, kurz mal
telefoniert, wir kriegen raus, dass du im Golden West wohnst, und können es
nicht fassen. Was zum Teufel ist mit dir passiert?«
»'ne Menge.«
»Was du nicht sagst«, meint Peaches. »Was wollt ihr von mir?«
»Pack deine Sachen«, sagt Peaches. »Wir nehmen dich mit.«
»Nach New York?«
»Nein, du Idiot. Wir wohnen jetzt hier. Sun Diego, Baby. Ist wirklich
super, die Gegend.«
»Wir bauen eine Crew auf«, erklärt ihm O-Bop. »Ich, Peaches, Little
Peaches, Mickey. Und jetzt du.«
Callan schüttelt den
Kopf. »Ich bin mit dieser Scheiße fertig.«
»Klar«, sagt Peaches. »Wie man sieht, kommst du hier prima zurecht. Pass
auf, reden können wir später. Jetzt nüchtern wir dich erst mal aus, geben dir
was Gutes zu essen. Ein bisschen Obst - du glaubst nicht, was es hier an Obst
gibt. Nicht nur Pfirsiche. Ich
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