Winslow, Don
BEWEGUNG!«
»DEA!«
»HINLEGEN! HINLEGEN!«
»FBI!«
»WAFFEN FALLEN LASSEN!«
Gewehre scheppern auf Gitterroste und Betonfußböden. Fabián überlegt einen
Moment, ob es Sinn hat, zu schießen, sieht aber sofort ein, dass es zwecklos
ist, lässt die Macio fallen und hebt die Hände.
Keller hält Ausschau nach Nora. In dem Durcheinander ist kaum etwas zu sehen.
Männer versuchen zu fliehen, werden von Agenten zu Boden geworfen, er sucht
nach ihren blonden Haaren, sieht sie nicht und brüllt »Los!« in sein Mikro, in
der Hoffnung, dass Shag ihn hört, in der Hoffnung, dass es nicht zu spät ist.
Ein Chinese neben ihm brüllt auch - in sein Handy. Keller packt ihn beim
Kragen, wirft ihn zu Boden und kickt das Handy weg.
Lee hört seinen Boss brüllen.
Nora sieht, wie sich seine Augen vor Entsetzen weiten, dann hebt er die
Pistole, richtet sie auf ihre Stirn.
Sie schreit.
Ihr Schrei wird von einem dumpfen Knall übertönt.
Blut und Gewebereste spritzen an die Beifahrerscheibe.
Lee sackt zusammen, Nora dreht sich um und sieht den Scharfschützen im
Eingang stehen, neben dem Tor, das aus den Angeln geflogen ist.
Sie schreit immer noch, als Shag Wallace langsam auf das Auto zugeht, die
Tür öffnet und sie sanft am Ellbogen berührt.
»Alles in Ordnung«, sagt er. »Ihnen ist nichts passiert. Kommen Sie, wir
müssen hier weg.«
Er führt sie nach draußen, setzt sie in seinen Wagen. »Warten Sie hier
einen Moment.«
Shag geht zurück und nimmt dem toten Lee die 45er aus der Hand. Dann richtet er sie aus zehn Zentimetern Abstand auf seine
Stirn, zielt auf das Einschussloch und drückt ab.
Er wischt die Pistole ab und geht wieder hinaus.
Setzt sich neben Nora und sagt ihr, sie soll die Pistole einen Moment
halten, und nimmt sie ihr wieder ab. »Das ist Ihre Story: Die Sache lief völlig
schief, er wollte Sie erschießen. Sie haben sich gewehrt, ihm die Pistole
weggenommen und abgedrückt. Verstanden?«
Sie nickt.
Und glaubt, dass sie verstanden hat. Aber sie ist nicht sicher. Ihre Hände
hören nicht auf zu zittern.
»Kommen Sie zurecht?«, fragt Shag. »Hören Sie, wenn es nicht geht, ist es
nicht schlimm. Wir brechen sofort ab, wenn Sie wollen. Sie müssen nur Bescheid
sagen.«
»Haben sie Adán verhaftet?«, fragt sie.
»Noch nicht«, erwidert Shag.
Sie schüttelt den Kopf.
Keller hat das Knie in Fabians Nacken gestemmt und fesselt ihm die Hände
auf den Rücken.
»Die Schlampe hat's verraten, stimmt's?« fragt Fabián.
Keller drückt ein bisschen fester zu, während er Fabián über seine
Rechte aufklärt.
»Können Sie drauf wetten, dass ich einen Anwalt nehme«, sagt Fabián.
Keller stellt ihn auf die Füße, verfrachtet ihn in einen Mannschaftswagen
der DEA und geht zurück, um die zwei Frachtcontainer zu besichtigen. Zwanzig mal
acht mal acht Fuß, vollbeladen mit Kisten.
Seine Männer holen sie heraus und hebeln sie auf.
Chinesische Kalaschnikows - zweitausend Stück - kommen ihnen in ihren
Einzelteilen entgegen: Läufe, Magazine, Kolben. Andere Teile gehören zu den
zwei Dutzend chinesischen Granatwerfern, die bei Guerillas sehr begehrt sind,
weil sie von Hand abgeschossen werden können.
Zweitausend Gewehre, das sind zweitausend Kilo Kokain, kalkuliert Keller,
wer weiß, wie viel Kilo die Granatwerfer wert sind, mit denen man Hubschrauber
abschießen kann.
Als Nächstes finden sie sechs Lkw-Ladungen M2 -Gewehre, das sind umgebaute Mi-Armeekarabiner, die den Vorteil haben,
dass man sie mit einer einzigen Handbewegung auf Automatik umschalten kann.
Dann noch ein paar LAWs, die amerikanische Version des Granatwerfers, für den
Abschuss von Hubschraubern nicht geeignet, aber umso besser zum Knacken
gepanzerter Fahrzeuge. Und alles perfekt geeignet für den Guerillakrieg.
Tausende Kilo Kokain wert.
Der größte aufgeflogene Waffenschmuggel überhaupt. Aber Keller ist noch
nicht zufrieden.
All das ist wertlos, wenn ihm Adán
Barrera durch die Lappen geht.
Er muss ihn kriegen, koste es, was es wolle.
Wenn ihm Barrera entschlüpft, kann nur noch eine helfen - Nora. Er hat schon einen Plan,
aber Pläne können schiefgehen.
Sie wollte zu ihm zurück, sagt er sich. Du hast ihr den Ausstieg
angeboten, aber sie hat sich so entschieden. Sie ist erwachsen, sie weiß, was
sie will.
Klar, red dir das nur ein.
Nora fährt mit dem neuen Lexus bis zur ersten Ausfahrt, hält an einer
Tankstelle, geht auf die Damentoilette und erbricht sich. Als ihr Magen leer
ist, fährt
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