Winslow, Don
Unbekannten.
David Núñez und Ramón Mette Ballasteros.
Núñez ist Exilkubaner
mit Wohnsitz in Miami. Daran ist nichts Besonderes. Das Besondere liegt darin,
dass Núñez an Operation 40 beteiligt war,
einem CIA-Programm zur Ausbildung von Exilkubanern für die Machtübernahme nach
einer erfolgreichen Invasion. Nur war dann die Invasion in der Schweinebucht
nicht zum Erfolg geworden, sondern zu einem historischen Fiasko. Ein Teil der
Jungs von Operation 40 lag tot am Strand, ein anderer Teil endete vor dem Erschießungskommando,
und diejenigen, die Glück hatten, schafften es zurück nach Miami.
Núñez gehörte zu den
Glücklichen.
Die Akte von Ramón Mette Ballasteros muss Keller nicht allzu gründlich studieren. Er kennt
sie bereits. Mette hat in den goldenen Zeiten der Heroinproduktion für die gomeros als Chemiker gearbeitet. Kurz vor Operation Condor
ist er ausgestiegen, hat sich in seiner Heimat Honduras dem Kokain-Geschäft
zugewandt. Und es heißt, er hat den Putsch, der erst kürzlich zum Sturz des
honduranischen Präsidenten führte, aus eigener Tasche finanziert.
Okay, denkt Keller, die zwei Profile ergänzen sich hervorragend. Ein
großer Kokainhändler besitzt eine Fluggesellschaft, die er benutzt, um Kokain
nach Miami zu schmuggeln. Aber zumindest eins der SETCO-Flugzeuge fliegt
stattdessen Guadalajara an, und das wiederum passt nicht ins offizielle Bild.
Als nächster Schritt böte sich an, das DEA-Büro in Tegucigalpa zu
kontaktieren, aber das geht nicht, weil es im vergangenen Jahr geschlossen
wurde, »mangels Masse«, wie es heißt. Honduras und El Salvador werden jetzt
von Guatemala aus überwacht, also ruft Keller bei Warren Farrar an, dem DEA-Residenten
in Guatemala City.
»SETCO«, sagt Keller.
»Was ist damit?«, fragt Farrar.
»Ich hatte gehofft, das von dir zu hören.«
Es entsteht ein Schweigen, das Keller stutzig werden lässt, dann antwortet
Farrar: »In dieser Angelegenheit kann ich keine Spielchen mit dir machen,
Keller.«
Wirklich nicht? Da muss sich Keller aber wundern. Jedes Jahr sitzen sie
gemeinsam in zigtausend Konferenzen, da müsste ein Spielchen schon mal drin
sein, gerade in dieser Angelegenheit.
Also versucht er es aufs Geratewohl. »Warum wurde eigentlich das Büro in
Honduras geschlossen, Warren?«
»Worauf willst du verdammt noch mal hinaus?«
»Weiß ich nicht. Deshalb frage ich ja.«
Vielleicht hat Mette, als er den Putsch finanzierte, vom neuen Präsidenten
eine kleine Gegenleistung verlangt: die Schließung des DEA-Büros in
Tegucigalpa. Könnte ja sein.
Doch statt zu antworten, legt Farrar auf.
Na, besten Dank, Warren. Was macht dich eigentlich so nervös?
Der nächste Schritt: Keller ruft das Außenministerium an, Abteilung
»Drogen-Support«, eine Bezeichnung von so bitterer Ironie, dass Keller weinen
möchte, und deshalb erklären sie ihm auch im schönsten Bürokratenkauderwelsch,
dass er sich zum Teufel scheren soll.
Darauf ruft er das CIA-Verbindungsbüro an, gibt seine Frage durch und
bekommt noch am selben Nachmittag einen Rückruf. Dass allerdings John Hobbs am
Apparat ist, hat er nicht erwartet.
John Hobbs persönlich.
In den alten Zeiten hatte Hobbs das Kommando über Operation Phoenix.
Keller war ein paarmal zum Rapport bei ihm erschienen, und Hobbs hatte ihm
sogar einen Job für die Zeit nach Vietnam angeboten, aber als es so weit war,
hatte sich Keller doch lieber für die DEA entschieden.
Inzwischen ist Hobbs zum Regionalchef für Mittelamerika aufgerückt.
Logisch, denkt Keller. Ein kalter Krieger sucht sich seinen kalten Krieg.
Sie machen ein bisschen Small-Talk (Wie geht's Althea und den Kindern? Wie
gefällt es Ihnen in Guadalajara?), dann fragt Hobbs: »Was kann ich für Sie tun,
Arthur?«
»Vielleicht könnten Sie mich über eine Fluggesellschaft aufklären«, sagt
Keller. »Sie heißt SETCO. Eigentümer ist Ramón Mette.«
»Ja, meine Leute haben mir Ihre Frage weitergeleitet«, sagt Hobbs. »Aber
da muss ich passen, fürchte ich.«
»Sie können mir nichts sagen.«
»Die Antwort ist nein.«
Nein, wir haben keine Bananen, denkt Keller. Heute gibt es keine Bananen.
Hobbs redet weiter. »Über SETCO haben wir keine Erkenntnisse.«
»Na, dann vielen Dank für den Rückruf.« Jetzt fragt Hobbs: »Was haben Sie
denn da unten zu laufen, Arthur?«
»Ich hab nur ein paar Hinweise aufgegabelt«, lügt Keller. »Hinweise, dass
SETCO mit dem Transport von Marihuana zu tun haben könnte.«
»Marihuana.«
»Sicher«, sagt
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