Winslow, Don
lehnt an der
Wand, als Keller den Toilettenraum betritt. Keller will prüfen, ob die Abteile
leer sind, doch Adán sagt: »Ich hab schon nachgesehen. Und es kommt keiner rein. Lange nicht
gesehen, Arturo.«
»Was willst du von mir?«
»Wir wissen, dass du's bist.«
»Wovon redest du?«
»Spiel nicht den Ahnungslosen. Beantworte mir nur eine Frage - Kannst du
mir sagen, was das soll?«
»Ich mache nur meinen Job. Nimm's nicht persönlich.«
»Es ist aber sehr persönlich«,
sagt Adán. »Wenn ein Mann seine Freunde verrät, ist das verdammt
noch mal sehr persönlich !«
»Wir sind keine Freunde mehr.«
»Mein Onkel bedauert das sehr.« Keller zuckt die Schultern.
»Du hast ihn Tío genannt«, sagt Adán. »So wie ich auch.«
»Das war einmal«, sagt Keller. »Die Zeiten ändern sich.«
»So etwas nicht«, sagt Adán. »Das gilt für immer. Du hast seinen Schutz beansprucht,
seinen Rat, seine Hilfe. Er hat dich zu dem gemacht, was du bist.«
»Wir uns beide gegenseitig.«
Adán schüttelt den
Kopf. »Da erwartet man nun Loyalität. Oder Dankbarkeit.«
Er greift in seine Brusttasche, und Keller macht einen Schritt auf ihn zu,
um sicherzugehen, dass er nicht die Pistole zieht.
»Keine Sorge«, sagt Adán. Er holt einen Umschlag heraus und legt ihn auf den
Rand eines Waschbeckens. »Das sind hunderttausend US-Dollar, in bar. Aber wenn
du möchtest, können wir das Geld auf den Caymans deponieren. Oder in Costa Rica
...«
»Ich bin nicht käuflich.«
»Wirklich nicht? Das wäre neu.«
Keller packt zu, drückt ihn gegen die Wand und tastet ihn ab. »Bist du
verdrahtet, Adán? Willst du mich in die Falle locken? Wo sind die verdammten Kameras?«
Keller lässt ihn los und sieht sich um. Schaut in alle Ecken, in die
Kabinen, unter die Waschbecken. Nichts zu finden. Erschöpft gibt er die Suche
auf und lehnt sich an die Wand.
»Hunderttausend sofort, als vertrauensbildende Maßnahme«, sagt Adán. »Weitere hunderttausend
für den Namen deines Informanten. Dann zwanzigtausend pro Monat fürs Nichtstun.«
Keller schüttelt den Kopf.
»Ich hab Tío prophezeit, dass du ablehnst. Möchtest lieber mit anderer Münze bezahlt
werden. Okay. Wir schenken dir so viele Marihuana-Fahndungserfolge, dass du
wieder zum Star wirst. Das wäre Plan A.«
»Was ist Plan B?«
Adán geht auf Keller
zu, zieht ihn an sich, sagt ihm leise ins Ohr: »Arturo, du bist ein
undankbarer, sturer, Möchtegern-Yankee. Aber du bist immer noch mein Freund,
und ich liebe dich. Also nimm das Geld oder lass es, aber halt dich aus der Sache
raus. Du ahnst nicht, auf was du dich einlässt.«
Adán wendet ihm das
Gesicht zu, so dass sich ihre Nasen fast berühren, er blickt ihm tief in die
Augen und wiederholt: » DU ahnst nicht, auf was du dich einlässt.«
Darauf lässt er ihn los, nimmt den Umschlag und hält ihn in die Höhe.
»Nein?«
Keller schüttelt den Kopf. Schulterzuckend steckt Adán den Umschlag
ein. »Arturo?« sagt er. »Frag lieber nicht nach Plan B.«
Und damit geht er hinaus.
Keller dreht den Wasserhahn auf und spritzt sich kaltes Wasser ins
Gesicht. Dann trocknet er sich ab und geht seine Familie suchen.
Sie stehen am Rand einer spärlichen Zuschauermenge, die Kinder hüpfen auf
und ab vor Freude über die Kapriolen der beiden Darsteller, die als Erzengel
Gabriel und Luzifer verkleidet sind und sich gegenseitig mit Stöcken auf den
Kopf schlagen, weil sie um die Seele des Christkinds streiten.
Als sie das Parkhaus am Abend verlassen, setzt sich ein Ford Bronco in Bewegung und
folgt ihnen. Die Kinder merken es nicht, natürlich, sie schlafen fest, auch
Althea, Josefina und Guadelupe merken nichts. Aber Keller behält den Bronco im Auge. Er
spielt ein wenig mit seinem Verfolger, versucht ihn abzuschütteln, aber der Bronco bleibt an ihm
dran. Er macht keine Anstalten, sich zu verstecken, denkt Keller, also will er
was von mir.
Als Keller in die Einfahrt biegt, fährt der Bronco vorbei, wendet
und parkt auf der anderen Straßenseite, ein paar Häuser weiter.
Keller bringt die Familie hinein, dann sagt er, er habe etwas im Auto
vergessen, geht wieder hinaus, läuft hinüber zum Bronco und klopft an
die Scheibe.
Als sich die Scheibe senkt, beugt er sich hinein, drückt den Mann auf den
Sitz, greift in seine Brusttasche und schnappt sich die Brieftasche. Er klappt
die Brieftasche auf, sieht das Polizeiwappen von Jalisco und wirft sie
zurück, dem Polisten auf den Schoß.
»Das ist meine Familie da drinnen«, sagt
Weitere Kostenlose Bücher