Winslow, Don
verzierte Stöcke und stampfen den Takt zur Musik
einer kleinen Kapelle, die hinter der Prozession hermarschiert. Keller muss
die Taschen über die Köpfe der Kinder hinweg an den Taxifahrer übergeben.
»Aeropuerto«, sagt er.
» Yo se«, antwortet der Fahrer und lädt
das Gepäck ein.
Keller umarmt die Kinder noch einmal, gibt ihnen einen letzten Kuss und
behält das Lächeln im Gesicht, bis er sich von ihnen verabschiedet hat. Althea
steht wie verloren neben der Beifahrertür. Keller umarmt sie, will ihr auch
einen Kuss geben, aber sie hält ihm nur die Wange hin.
»Ich liebe dich«, sagt er. »Pass auf dich auf, Art.«
Keller schaut ihnen nach, bis die Rücklichter im Straßenverkehr
verschwunden sind. Dann bahnt er sich einen Weg durch die posada zurück zum Haus, hinter ihm wird gesungen.
Tretet ein ihr heiligen Pilger-
in diese bescheidene Hütte -
die Herberge ist ärmlich -
doch unsere Gabe kommt von Herzen
-
Ein Stück
weiter parkt immer noch der weiße Bronco. Keller will auf ihn zugehen und wirft fast einen
kleinen Jungen um, der ihm die rituelle Frage stellt: »Haben Sie Raum in Ihrer
Herberge, Se nor?«
» Was?«
»Einen Platz
zum Übernachten.«
»Nein, heute
nicht.«
Er drängt sich durch bis zum Bronco und klopft an die Scheibe. Als sich die Scheibe
gesenkt hat, packt er den Polizisten, zerrt ihn durchs Fenster heraus und
versetzt ihm drei harte Schläge mit der Rechten, bevor er ihn fallen lässt. Er
hält ihn am Kragen, schlägt immer weiter auf ihn ein und brüllt: »Ich hab
euch gesagt, ihr sollt meine Familie in Ruhe lassen! Ich hab euch gesagt, ihr
sollt meine Familie in Ruhe lassen!«
Zwei Männer aus der Nachbarschaft gehen dazwischen und halten ihn fest.
Er schüttelt sie ab und geht zurück zu seinem Haus. Im Gehen sieht er,
dass der Polizist, der noch am Boden liegt, die Pistole zieht.
»Na los«, sagt
Keller. »Schieß doch, du Arschloch.« Der Polizist senkt die Pistole.
Keller läuft durch die geschockte Menge und verschwindet in seinem Haus.
Er trinkt zwei gut gefüllte Gläser Scotch und geht ins Bett.
Den Feiertag verbringt Keller bei Ernie und Teresa Hidalgo, nachdem er
sich lange gegen die Einladung gesträubt hat. Er kommt zu spät, weil er nicht
dabei sein will, wenn Ernesto jr. und Hugo ihre Geschenke auspacken, aber er
kommt mit vollen Händen, und die Kinder, ohnehin schon völlig überdreht, toben
herum und schreien: »Tio Arturo! Tío Arturo!«
Er tut, als würde ihm das Essen schmecken. Teresa hat sich die größte Mühe
gegeben und einen traditionellen Truthahn zubereitet (traditionell für ihn,
nicht für Mexiko), also verdrückt er eine Menge Truthahn mit Kartoffelbrei,
worauf er wirklich keinen Appetit hat. Er besteht darauf, den Tisch
abzuräumen, und in der Küche sagt Ernie zu ihm: »Boss, ich hab ein Angebot. Ich
kann mich nach El Paso versetzen lassen.«
»Ach ja?«
»Ich will zusagen.«
»Okay.«
Ernie hat Tränen in den Augen. »Wegen Teresa. Sie hat Angst hier in
Guadalajara. Um mich, um die Jungs.«
»Du schuldest mir keine Erklärung.«
»Doch.«
»Ich nehm's dir nicht übel.«
Tío hat die Hunde
von der Leine gelassen, er schickt sie den DEA-Agenten auf den Hals. Seine
Hunde, die Federales, haben das Büro durchsucht, nach Waffen, nach illegalen
Abhörvorrichtungen, sogar nach Drogen. Unter den lächerlichsten Vorwänden
stoppen sie die Agenten in ihren Autos, und das mehrmals täglich. Und Tíos Sicarios fahren nachts
an ihren Häusern vorbei, parken auf der anderen Straßenseite, winken ihnen morgens
zu, wenn sie die Zeitung hereinholen.
Keller kann gut verstehen, dass Ernie die Flucht ergreift. Wenn ich auf
meine Familie verzichte, denkt er, heißt das nicht, dass auch er auf seine
Familie verzichten muss. »Ich glaube, es ist richtig, was du tust«, sagt er.
»Tut mir leid, Boss.«
»Lass gut sein.«
Es folgt eine unbeholfene Umarmung.
Dann sagt Ernie: »Mein neuer Job fängt erst in einem Monat an. Bis dahin
...«
»Klar. Bis dahin richten wir noch ein bisschen Schaden an.«
Kurz nach dem Dessert verabschiedet sich Keller. In sein leeres Haus
zurückzufahren, das hält er nicht aus. Er tourt ein bisschen durch die Gegend,
bis er eine Bar findet, die noch geöffnet hat. Er setzt sich an den Tresen und
bestellt zwei Drinks, danach hat er immer noch keine Lust, nach Hause zu
fahren. Also fährt er zum Flughafen.
Steht mit dem Auto auf der Anhöhe über dem Rollfeld und verfolgt die
Landung der SETCO-Maschine. Wie
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