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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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Adán, dass er hier
Befehle erteilt? Ich habe schon Leute umgelegt, da hat er noch Bluejeans an
Teenager verkauft. Und jetzt kommt er uns mit irgendeinem Deal, ohne Wissen und
Erlaubnis von M -i, und will diesen
Mann freilassen - im Austausch gegen was? Gegen die leeren Versprechungen eines
anderen Yankees? Und was wird der machen, wenn er seinen misshandelten,
gefolterten Landsmann sieht? Wen will Adán hier verarschen? Hidalgo kann froh sein, wenn er
den Transport überlebt. Und wenn er ihn überlebt, verliert er wahrscheinlich
beide Beine, vielleicht auch die Arme. Was für eine Art von Frieden glaubt sich Adán zu erkaufen mit diesem blutenden, stinkenden, faulenden Stück Fleisch?
    Er hockt sich neben Hidalgo. »Wir bringen dich nach Hause«, sagt er.
    »Nach Hause?«
    »Si. Du darfst nach Hause. Schlaf jetzt. Wenn
du aufwachst, bist du zu Hause.«
    Er stößt die
Nadel in Ernies Vene und drückt zu. Das Heroin braucht nur eine Sekunde, um zu
wirken. Ernie zuckt, seine Beine schlagen aus. Ein Schuss Heroin, sagt man, ist
wie ein Kuss Gottes.
     
    Keller schaut hinab auf Ernies Körper.
    Ernie liegt zusammengekrümmt in einer schwarzen Plastikplane am Rand
einer Straße in Badiraguato, nackt, mit verbundenen Augen. Getrocknetes Blut
klebt an der schwarzglänzenden Folie. Keller sieht die offenen Wunden, die der
Eispickel verursacht hat, die Verbrennungen durch die Elektroden, die Spuren
der analen Vergewaltigungen, die Einstiche an seinen Armen.
    Was habe ich getan?, denkt Keller. Warum muss ein anderer dafür büßen?
    Es tut mir
leid, Ernie. Es tut mir so unendlich leid.
    Und ich zahle
es ihnen heim. So wahr mir Gott helfe.
    Es wimmelt hier von Polizei. Als Erste kamen die Provinzpolizisten und
taten, was sie konnten, um alles niederzutrampeln, alle Spuren zu beseitigen -
Reifenprofile, Fußspuren, Fingerabdrücke, jeden Hinweis auf die Täter, die
diesen Mord begangen haben. Inzwischen haben die Federales den Fundort unter
ihre Kontrolle gebracht und suchen alles noch einmal ab, um sicherzugehen,
dass nicht die kleinste Spur übersehen wurde.
    Der Comandante wendet sich an Keller: »Keine Sorge, Señor, wir werden
nicht ruhen, bis wir herausgefunden haben, wer diese abscheuliche Tat begangen
hat.«
    »Wir wissen, wer es war«, sagt Keller. »Miguel Angel Barrera.«
    Shag Wallace rastet aus. »Verdammt noch mal! Drei Ihrer Leute haben ihn
entführt!«
    Keller zieht ihn weg. Er drückt ihn gegen das Auto, als ein jeep angerast kommt.
    Ramos springt aus dem
Jeep, geht zu Keller und sagt: »Wir haben ihn gefunden.«
    »Wen?«
    »Barrera«, sagt Ramos. »Wir müssen sofort los.«
    »Wo ist er?«
    »El Salvador.«
    »Woher -«
    »Offensichtlich hat die kleine Freundin von M-i Heimweh«, sagt Ramos. »Sie hat Mama
und Papa angerufen.«
     
    El Salvador
     
    Februar 1985
     
    El Salvador, »Der Erlöser«, ist ein Kleinstaat an der mittelamerikanischen
Pazifikküste. Keine Bananenrepublik wie sein östlicher Nachbar Honduras, denkt
Keller, sondern eine Kaffeerepublik, deren Plantagenarbeiter als so fleißig
gelten, dass man sie die »Deutschen Mittelamerikas« nennt.
    Viel hatten sie nie von ihrer harten Arbeit. Die sogenannten Vierzig
Familien, gerade mal zwei Prozent der Bevölkerung, besaßen so gut wie alle
Anbauflächen, meist in Gestalt großer Fincas. Je mehr Land für den Kaffeeanbau genutzt wurde,
umso weniger blieb für die Ernährung, und um die Mitte des 19. Jahrhunderts machte sich unter den Campesinos der Hunger breit.
    Keller schaut auf die grüne Landschaft hinab. Aus der Luft sieht alles so
friedlich aus, geradezu idyllisch, aber er weiß, dass dort unten gemordet wird.
Und das in großem Stil.
    Es begann in den frühen achtziger Jahren, als sich viele Campesinos den
Gewerkschaften anschlossen oder der FLMN, der Nationalen Befreiungsfront Marti,
die unter der Führung von Studenten und Geistlichen für Landreformen und
Bürgerrechte eintrat. Die Vierzig Familien reagierten mit der Bildung einer rechtsgerichteten
Miliz, genannt ORDEN - das Akronym ergibt das spanische Wort für »Ordnung« -,
doch die Ordnung, die sie meinten, war ihre alte Herrschaft.
    ORDEN, mehrheitlich aus aktiven salvadorianischen Armeeoffizieren
zusammengesetzt, machte sich sofort an die Arbeit. Campesinos, Arbeiter,
Schüler, Geistliche verschwanden, ihre Leichen fanden sich irgendwo an
Straßenrändern, ihre Köpfe auch auf Schulhöfen - zur Abschreckung für die
Bevölkerung.
    Die USA, der Doktrin des Kalten Kriegs folgend,

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