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Winter

Winter

Titel: Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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gekommen. Warum sonst sollte ich so vehement darum gekämpft haben, zurückzukehren und die Wahrheit über meine Eltern herauszufinden? Als hätte ich einen inneren Auftrag, mich auf die Suche zu machen. Bewusst war mir das natürlich nie gewesen, aber diese Kraft, die mich nach Warriewood getrieben hatte, war stärker gewesen als bloße Neugier. Etwas in mir hatte es seit jeher gewusst und mir eingeflüstert, geh zurück, da stimmt etwas nicht.
    Ich zitterte am ganzen Körper. Das Schlimmste war, dass ich in meiner momentanen, durch die Daten und die Todesursachen ausgelösten Verwirrung außerstande war, eine Nähe zu ihnen zu finden. Auf dem Weg hier herauf hatte ich mir eine Szene wie in einem Hollywoodfilm ausgemalt: Ich würde ihre Anwesenheit spüren und das Gefühl haben, dass sie wieder lebendig waren, nur für mich, und ich würde weinend auf ihr Grab sinken. Und dann wäre ich eine andere geworden. Ich würde als neuer Mensch vom Hügel zurückkehren.
    Doch jetzt war ich erst recht vollkommen durcheinander. Ich musste ein andermal wieder hierher kommen. Und Geräte mitbringen, um die Gräber freizulegen. Ich würde für sie sorgen, nach ihnen sehen, meinen Eltern zeigen, dass sie geliebt wurden. Aber zuerst musste ich Bescheid wissen. Wenn ich jetzt zum Rest der Welt hinunterging, dann, um die Wahrheit herauszufinden. Mein Leben würde warten müssen, bis ich dieses Rätsel gelöst hatte.
9
    Wieder auf dem Hof brachte ich auch weiterhin nicht den Mut für einen Besuch bei Mrs Harrison auf. Es fiel mir schon schwer genug, an sie als Tante Rita zu denken. Wie sagte man eigentlich zu einer Großtante? Alles, was ich über Großtanten wusste, stammte von einer Geschichte, die mir meine Schulfreundin Ailsa einmal erzählt hat: Als kleines Kind war sie mit ihrer Familie eines Tages nach Mount Isa gefahren, um eine Großtante zu besuchen. Ailsa war zu der fixen Idee gelangt, Großtante bedeute große Tante, also stellte sie sich ihre Tante als regelrechte Riesin vor. Auf der Fahrt nach Mount Isa war sie schrecklich aufgeregt und konnte es kaum erwarten, ihrer fünf Meter großen Tante zu begegnen. Entsprechend bitter war dann die Enttäuschung, als sie einer kleinen gebeugten und uralten Frau gegenüberstand.
    Irgendwie dürfte sich diese bescheuerte Geschichte in meinem Kopf festgesetzt haben, denn ich glaube, ab dem Moment, als ich von Bruce McGill von Mrs Harrison erfuhr, wurde sie in meiner Vorstellung immer größer. Und die Art, wie Mr McGill von ihr gesprochen hatte, und dann noch Sylvia… das klang doch so, als machte sie den Leuten Angst.
    Überhaupt hatte ich seit meinem Beschluss, nach Warriewood zurückzukehren, das Gefühl, alles aus eigener Kraft tun zu müssen und niemanden zu haben, dem ich vertrauen und auf dessen Hilfe ich mich verlassen konnte. In den letzten Tagen war ich auf meine Reserven gestoßen und weit und breit war nichts in Sicht, woraus ich neue Energie schöpfen konnte.
    Für einen Besuch bei Mrs Harrison war ich also vorläufig noch zu feige. Ich redete mich darauf aus, dass ich nach dem anstrengenden Fußmarsch zum Aussichtspunkt zu erschöpft und für den weiten Weg zu ihrem Grundstück zu müde war. Statt dessen würde ich Detektiv spielen, und zwar ernsthaft.
    Vorher rief ich aber noch die Sekretärin von Mr Carruthers an und fragte, ob er am nächsten Tag nach Warriewood kommen könne. Sie meinte, sie würde sich bei ihm erkundigen und mich zurückrufen.
    Dann bereitete ich alles für meine Recherchen vor. Ich hatte meinen Laptop dabei und loggte mich zum ersten Mal, seit das Telefon wieder angeschlossen war, bei meinem Internetprovider ein. Als die Meldung kam, ich hätte achtundvierzig neue Mails, traf mich fast der Schlag. Vielleicht war ich ja doch beliebter, als ich dachte. Andererseits, wer weiß, wie viel davon einfach nur Junkmail war. Das spielte jetzt keine Rolle. Ich lud die Mails herunter ohne sie zu öffnen, wechselte ins Internet und klickte auf die Suchmaschine.
    Wie fast immer bei solchem Suchen jagte ich erst einmal eine ganze Weile einer Reihe von Schimären nach. Ich arbeitete mich durch mehrere Zeitungsarchive und konzentrierte mich dabei auf den 9. Juli 1989. Zugegeben, das war ein Schuss ins Blaue. Wenn sie zum Beispiel bei einem Autounfall umgekommen war, wäre ihr Name einmal, höchstens zweimal erwähnt worden. Das konnte ich also gleich vergessen. Außerdem bestand die Möglichkeit, dass sie namentlich gar nicht genannt war, denn oft liest man in

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