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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Kriegshilfsdienste. Sie traten als Luftwaffenhelferinnen in die Women’s Auxiliary Air Force ein oder verrichteten bei der Women’s Land Army Feldarbeit. Andere arbeiteten ohne Bezahlung im Freiwilligen Weiblichen Luftschutzdienst. Doch weil es für die meisten dieser Frauen kaum etwas zu tun gab, veröffentlichte die Times Briefe an die Redaktion, in denen Leser sich beschwerten, die Luftschutzmaßnahmen seien Geldverschwendung.
    Der Krieg auf dem europäischen Festland schien zu Ende zu sein. Das Deutsche Reich hatte gesiegt. Europa war von Polen bis Sizilien, von Ungarn bis Portugal faschistisch. Nirgendwo wurde mehr gekämpft. Gerüchte verbreiteten sich, die britische Regierung habe bereits die Bedingungen eines Friedensschlusses diskutiert.
    Doch Churchill dachte nicht daran, Frieden mit Hitler zu schließen. Und so begann in diesem Sommer die Luftschlacht um England.
    Zuerst waren Zivilisten von den Kämpfen nicht allzu sehr betroffen. Die Kirchenglocken blieben stumm; sie sollten nur noch geläutet werden, um vor der erwarteten deutschen Invasion zu warnen. Daisy befolgte die Anweisungen der Behörden und ließ Eimer mit Sand und Wasser auf jeden Treppenabsatz des Hauses stellen, um Brände bekämpfen zu können, aber sie wurden nicht gebraucht. Die deutsche Luftwaffe bombardierte zuerst die Seehäfen, um Großbritannien von den Versorgungslinien abzuschneiden. Dann begannen die Angriffe auf Militärflughäfen, um die Jäger und Bomber der Royal Air Force am Boden zu vernichten.
    Boy flog ein Spitfire-Jagdflugzeug und bekämpfte feindliche Maschinen in atemberaubenden Luftschlachten, die Bauern in Kent und Sussex offenen Mundes von ihren Feldern aus beobachteten. In einem seiner seltenen Briefe an Daisy schrieb Boy stolz, er habe drei deutsche Flugzeuge vom Himmel geholt. Wochenlang bekam er keinen Tag Urlaub, und so saß Daisy allein in dem großen Haus, das sie für ihn mit Blumen geschmückt hatte.
    Endlich, am Morgen des 7. September, einem Samstag, kam Boy nach Hause, und gleich für das ganze Wochenende. Es war ein warmer, sonniger Tag, der einen letzten Hauch des heißen Altweibersommers brachte.
    Noch wussten beide nicht, dass die deutsche Luftwaffe an diesem Tag zum ersten Mal ihre neue Taktik benutzen sollte.
    Daisy küsste ihren Mann und sorgte dafür, dass er in seinem Ankleidezimmer saubere Oberhemden und frische Unterwäsche vorfand. Gesprächen mit anderen Frauen hatte Daisy entnommen, dass Männer, die von der Front kamen, Sex, Alkohol und ein gutes Essen wollten – in dieser Reihenfolge. Seit der Fehlgeburt hatten Boy und sie nicht mehr miteinander geschlafen. Heute wäre es das erste Mal. Daisy war sicher, dass Boy sie gleich nach seiner Ankunft ins Bett zerrte – eine Vorstellung, die sie abstieß, was ihr wiederum ein schlechtes Gewissen bereitete. Schließlich war Boy ihr Ehemann.
    Doch es sollte ganz anders kommen.
    Boy legte seine Uniform ab, badete, wusch sich das Haar und zog Zivilkleidung an. Daisy wies die Köchin an, nicht an Lebensmittelkarten zu sparen und das beste Mittagessen zuzubereiten, das die Küche hergab. Boy holte eine seiner ältesten Flaschen Claret aus dem Keller. Es schien ein harmonischer Tag zu werden.
    Umso verletzter war Daisy, als Boy nach dem Mittagessen verkündete: »Ich muss für ein paar Stunden fort, ja? Zum Abendessen bin ich wieder da.«
    Daisy wollte ihm eine gute Ehefrau sein, aber kein Heimchen am Herd. »Das ist dein erster Urlaub seit Monaten!«, wandte sie ein. »Wo willst du hin?«
    »Mir ein Pferd ansehen.«
    »Das ist ja großartig! Dann komme ich mit.«
    »Nein. Wenn ich mit einer Frau im Schlepptau auftauche, glauben sie, ich stehe unter dem Pantoffel, und gehen mit dem Preis hoch.«
    Daisy konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen. »Ich habe immer davon geträumt, dass wir gemeinsam ein Gestüt aufbauen, Rennpferde züchten …«
    »Tut mir leid, Daisy, aber in der Welt des Rennsports haben Frauen nichts zu suchen.«
    »Hör auf mit dem Unsinn!«, rief sie zornig. »Mit Pferden kenne ich mich genauso gut aus wie du.«
    Er blickte sie verärgert an. »Vielleicht. Aber ich möchte dich trotzdem nicht dabeihaben, wenn ich mit den Leuten verhandle. Das ist mein letztes Wort.«
    »Wie du willst.« Daisy verließ das Speisezimmer.
    Ihr Instinkt sagte ihr, dass Boy sie belog. Frontsoldaten auf Urlaub dachten nicht an Rennpferde. Na, sie würde schon noch herausbekommen, was er vorhatte. Auch Kriegshelden mussten ihren Frauen die Treue

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