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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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der Leutnant sie für eine respektable deutsche Familie zu halten, die nur deshalb in Armut geraten war, weil sieden Ernährer verloren hatte – eine Situation, in der viele Frauen von Stand sich plötzlich wiederfanden.
    Es gab keinen Grund, weshalb Leutnant Koch in Carlas Tasche schauen sollte.
    Carla gab sich alle Mühe, freundlich zu sein. »Wie geht es mit dem Klavierspiel voran?«
    »Ich mache ganz gute Fortschritte.« Er schaute zu Maud. »Jedenfalls behauptet das meine Lehrerin.«
    »Sein Talent ist unverkennbar«, sagte Maud, »schon zu diesem frühen Zeitpunkt.« Das sagte sie zwar immer, um ihre Schüler zur Fortsetzung des Unterrichts zu bewegen, aber Carla hatte den Eindruck, dass sie in diesem Fall charmanter war als sonst. Natürlich durfte Maud flirten; schließlich war sie seit über einem Jahr Witwe. Aber konnte sie romantische Gefühle für einen Mann entwickeln, der nur halb so alt war wie sie?
    »Danke für das Kompliment«, sagte der Leutnant. »Ich habe beschlossen, meinen Freunden erst vom Unterricht zu erzählen, wenn ich das Instrument beherrsche. Hoffentlich kann ich sie dann mit meinem Können in Erstaunen versetzen.«
    »Davon bin ich überzeugt«, sagte Maud. »Setzen Sie sich doch, Herr Leutnant, wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben.« Sie deutete auf den Stuhl, auf dem Carlas Tasche stand.
    Carla streckte die Hand danach aus, doch Leutnant Koch war schneller. Er nahm die Tasche und sagte: »Wenn Sie gestatten …« Er schaute hinein und sah den Kohl. »Ihr Abendessen, nehme ich an?«
    »Ja«, antwortete Carla mit zittriger Stimme.
    Der Leutnant setzte sich auf den Stuhl und stellte die Tasche auf den Boden zu seinen Füßen. »Ich habe mich immer für musikalisch begabt gehalten«, sagte er. »Jetzt werde ich bald wissen, ob das stimmt.« Er schlug die Beine übereinander, nahm sie aber gleich wieder auseinander.
    Carla fragte sich, warum der Mann so zappelig war. Er hatte doch nichts zu befürchten. Ihr kam der Gedanke, dass seine Nervosität womöglich sexuelle Gründe hatte. Er war allein mit drei Frauen. Was mochte ihm gerade durch den Kopf gehen?
    Ada stellte ihm eine Tasse Kaffee hin, und er holte seine Zigaretten heraus, steckte sich eine an und rauchte wie ein Halbwüchsiger, der es zum ersten Mal probiert. Ada schob ihm einen Aschenbecher hin.
    »Leutnant Koch arbeitet im Bendlerblock«, sagte Maud.
    »Allerdings«, sagte Koch stolz. »Das ist ein großes Privileg.« Neben dem Allgemeinen Heeresamt war dort das Oberkommando des Ersatzheeres untergebracht. Einige der größten Geheimnisse des Dritten Reiches wurden in diesem Gebäude bewahrt.
    »Mein Sohn ist in Russland«, erzählte Maud. »Wir machen uns schreckliche Sorgen um ihn.«
    »Sie sind seine Mutter, da ist das nur verständlich«, sagte Koch. »Aber Sie sollten nicht so pessimistisch sein. Die letzte russische Gegenoffensive wurde massiv zurückgeschlagen.«
    Das war Unsinn. Die Propagandamaschine des Dritten Reiches konnte die Tatsache nicht verschleiern, dass die Russen in der Schlacht um Moskau gesiegt und die Deutschen mehrere hundert Kilometer nach Westen zurückgedrängt hatten.
    Koch fuhr fort: »Wir sind jetzt in der Lage, unseren Vorstoß fortzusetzen.«
    »Sind Sie sicher?« Maud blickte skeptisch drein. Carla dachte genauso. Beide waren krank vor Angst um Erik.
    Koch versuchte sich an einem überlegenen Lächeln. »Glauben Sie mir, Frau von Ulrich, ich bin sicher. Natürlich darf ich nicht alles preisgeben, was ich weiß, aber Sie können mir glauben, dass eine sehr aggressive neue Operation geplant ist.«
    »Ich bin sicher, unsere Truppen haben alles, was sie brauchen«, sagte Maud und legte Koch die Hand auf den Arm. »Genug zu essen, gute Kleidung und so weiter. Trotzdem mache ich mir Sorgen. Ich weiß, ich sollte das nicht sagen, aber ich habe das Gefühl, dass ich Ihnen vertrauen kann, Herr Leutnant.«
    »Das können Sie tatsächlich.«
    »Ich habe schon seit Monaten nichts mehr von meinem Sohn gehört. Ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt.«
    Koch griff in seine Tasche und holte einen Stift und einen kleinen Notizblock heraus. »Ich kann das bestimmt für Sie herausfinden«, sagte er.
    »Wirklich?«, fragte Maud.
    Carla kam der Gedanke, dass ihre Mutter nur deshalb mit dem Leutnant geflirtet hatte.
    Koch antwortete: »Oh ja. Ich bin im Stab, wissen Sie … wenn auch in niederer Funktion.« Er versuchte, sich bescheiden zu geben. »Ich kann aber Erkundigungen über …«
    »Erik.«
    »… über

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