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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Es dauerte nicht lange, und auch das Hemd war rot.
    Jörg bewegte sich schwach.
    Robert flüsterte ihm sanft zu: »Ganz ruhig, Geliebter. Es ist vorbei. Ich bin hier … ich bin bei dir.« Doch Jörg schien ihn nicht zu hören.
    Dann kam Macke herein, gefolgt von fünf Braunhemden. Er packte Robert am Arm und riss ihn hoch. »So!«, sagte er. »Jetzt weißt du, was wir von perversen Homos halten.«
    Lloyd deutete auf Jörg. »Der das hier getan hat, ist pervers.« Er legte seine ganze Wut und Abscheu in seine Stimme, als er den Namen nannte: »Kriminalinspektor Macke.«
    Macke nickte einem der SA -Männer zu. Mit einer täuschend beiläufigen Bewegung drehte der Mann sein Gewehr um und schmetterte Lloyd den Kolben gegen die Stirn.
    Lloyd fiel zu Boden und hielt sich den Kopf. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
    Er hörte Robert sagen: »Bitte, erlauben Sie mir, mich um Jörg zu kümmern.«
    »Vielleicht«, sagte Macke. »Aber zuerst komm mal her.«
    Trotz der Schmerzen öffnete Lloyd die Augen, um zu beobachten, was geschah.
    Macke zerrte Robert zu einem grob gezimmerten Holztisch. Dann holte er ein Dokument und einen Füller aus der Tasche. »Dein Restaurant ist jetzt nur noch halb so viel wert wie bei meinem ersten Gebot. Ich gebe dir zehntausend Mark.«
    »Ich unterschreibe alles, was Sie wollen«, schluchzte Robert. »Wenn Sie mich nur bei Jörg bleiben lassen …«
    »Hier«, sagte Macke. »Dann könnt ihr drei wieder nach Hause gehen.«
    Robert unterschrieb.
    »Dieser Herr kann den Vertrag bezeugen«, sagte Macke und gab den Füller an einen der Wärter weiter. Dann schweifte sein Blick durch den Raum und blieb auf Lloyd ruhen. »Vielleicht will unser dummdreister englischer Gast ja der zweite Zeuge sein.«
    »Tu, was er sagt, Lloyd«, bat Robert.
    Lloyd rappelte sich auf, rieb sich den wunden Kopf, nahm den Füller und unterschrieb.
    Triumphierend steckte Macke den Vertrag ein und ging hinaus.
    Robert und Lloyd kehrten zu Jörg zurück.
    Doch Jörg war tot.

    Walter und Maud kamen zum Lehrter Bahnhof unmittelbar nördlich des ausgebrannten Reichstagsgebäudes, um sich von Ethel und Lloyd zu verabschieden. Der Bahnhof war im Stil der französischen Neorenaissance gebaut und sah wie ein Palast aus. Sie waren früh dran, und so setzten sie sich noch kurz ins Bahnhofscafé, während sie auf den Zug warteten.
    Lloyd war froh, nach sechs Wochen endlich nach Hause zu fahren. Die schrecklichen Erlebnisse steckten ihm noch in den Knochen. Jetzt wollte er nur noch heim, um den Leuten zu erzählen, was er erlebt hatte, und sie zu warnen, damit ihnen nicht das Gleiche widerfuhr wie den Menschen in Deutschland.
    Dennoch hatte er ein schlechtes Gewissen. Er fuhr zurück in ein Land, in dem die Gesetze noch Gültigkeit hatten, in dem die Presse frei war und in dem es nicht als Verbrechen galt, Sozialdemokrat zu sein. Die von Ulrichs ließ er in einer grausamen Diktatur zurück, wo ein Unschuldiger von Hunden in Stücke gerissen werden konnte, ohne dass jemand sich dafür verantworten musste.
    Die von Ulrichs waren völlig verzweifelt, Walter mehr noch als Maud. Es erging ihnen wie Trauernden, die mit einem Todesfall in der Familie fertigwerden mussten. Sie schienen an nichts anderes denken zu können als an die Katastrophe, die über sie hereingebrochen war.
    Lloyd war mit der ausdrücklichen Entschuldigung des deutschen Außenministeriums aus der Haft entlassen worden. Dochin derselben Erklärung hatte man ihm auch unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er seiner eigenen Dummheit wegen in die Schlägerei verwickelt worden sei, die wiederum der Grund dafür war, dass man ihn aufgrund eines Verwaltungsfehlers so lange in Haft gehalten habe, was dem Außenministerium natürlich außerordentlich leidtue.
    Walter sagte: »Ich habe ein Telegramm von Robert erhalten. Er ist wohlbehalten in London angekommen.«
    Als österreichischer Staatsbürger hatte Robert von Ulrich Deutschland ohne größere Probleme verlassen können. Sein Geld mitzunehmen hatte sich allerdings als deutlich schwieriger erwiesen. Walter hatte verlangt, dass Macke das Geld auf ein Konto in der Schweiz einzahlte. Zuerst hatte Macke erklärt, das sei unmöglich, doch Walter hatte ihm gedroht, ihn notfalls vor Gericht zu bringen. Dort würde Lloyd aussagen, dass der Vertrag nur unter Druck zustande gekommen sei. Daraufhin hatte Macke eingelenkt und ein paar Hebel in Bewegung gesetzt.
    »Ich bin heilfroh, dass Robert rausgekommen ist«, sagte Lloyd. Auch er

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